Streik ver.di ./. AWO - Übertreibt die Gewerkschaft maßlos?

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Vorab:

Die Gewerkschaft ver.di ruft seine Mitglieder zum Warnstreik gegen die Arbeiterwohlfahrt Landesverband Berlin (AWO) auf. Dazu hat ver.di grundsätzlich auch das Recht, wenn es einen vernünftigen Anlass dafür gibt.

Das Recht zu streiken ist grundrechtlich verankert. Es ergibt sich aus dem Grundgesetz (GG, Art. 9 Abs. 3), dem Grundrecht der Koalitionsfreiheit. Der Streik ist das gleichzeitige Niederlegen der Arbeit durch mehrere in der Regel gewerkschaftlich organisierte Arbeitnehmende, die dadurch versuchen, ein bestimmtes Handeln des Arbeitgebers oder des Arbeitgeberverbandes zu erzielen.

Der Grund für den Streik, wie von ver.di in einer offiziellen Pressemitteilung angegeben, ist der überraschende Abbruch der Tarifverhandlungen durch die AWO Berlin und die Weigerung neue Verhandlungstermine zu vereinbaren. Wenn die Verhandlungen gescheitert sind, ist es legitim und angebracht, zu streiken. Aber war die Situation hier wirklich so?

Angesessenheit der Forderungen

Die Forderungen von ver.di nach einer Gehaltserhöhung von 13,5% bei einer Laufzeit von 12 Monaten erscheinen mir persönlich übertrieben und unrealistisch. Natürlich wünsche ich jedem Arbeitnehmer zusätzliches Einkommen. Allerdings muss jemand dafür aufkommen und das sind letztendlich wir alle, die Allgemeinheit.

Klar kann man mehr fordern, um mehr zu bekommen. Aber diese überzogenen Forderungen legen nahe, dass der Arbeitgeber keine weiteren Verhandlungen auf dieser Basis fortsetzt. Vor allem die kurze Laufzeit von nur 12 Monaten würde bedeuten, dass bereits nach einem Jahr erneut verhandelt werden müsste, was ver.di wahrscheinlich zu weiteren Lohnerhöhungen veranlassen würde. Auf dieser Grundlage kann kein vernünftiger Arbeitgeber Verhandlungen führen.

Persönliche Meinung

Aus meiner Sicht ist das Streikrecht ein wichtiger Bestandteil der Demokratie. Ohne Streiks wären Tarifverhandlungen nur ein kollektives Betteln. Streiks sichern den Arbeitnehmern Respekt und Erfolg im Verteilungskampf.

Jedoch riskiert die Gewerkschaften mit vollkommen überzogene Forderungen ihre Glaubwürdigkeit. ver.di weckt falsche Erwartungen bei den Arbeitnehmern.

Angesichts dessen, dass die Warnstreik-Demonstration zur Senatsverwaltung für Arbeit und Soziales führt, stellt sich die außerdem die Frage, wer die eigentliche Zielgruppe dieser Botschaft ist. Laut Pressemitteilung: "Der Berliner Senat (...) muss das Geld zur Verfügung stellen, um die Lohnerhöhungen zu finanzieren."

Realistische Forderungen bezüglich Gehaltserhöhung und Laufzeit des Tarifvertrages wären ein pragmatischer Ansatz. Im Verteilungskampf hat Erfolg, wer klug handelt und nicht nur laut auftritt, um dann klein beizugeben.



RA Croset

Fachanwalt für Arbeitsrecht

Südwestkorso 1

12161 Berlin

www.ra-croset.de

Pascal Croset ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht mit Kanzleisitz in Berlin. Er ist ideologisch nicht festgelegt und vertritt daher Arbeitgeber (kleine, mittelständische und große Unternehmen mit bis zu 1.500 Mitarbeitern) und Arbeitnehmer (Angestellte aller Einkommensklassen, Führungskräfte, leitende Angestellte und Geschäftsführer) – deutschlandweit.

Pascal Croset ist Experte für arbeitsrechtliche Abmahnungen und hat das Werk „Die rechtssichere Abmahnung: Ein Leitfaden für Personalabteilung und Geschäftsführung" im Gabler-Verlag veröffentlicht.

Foto(s): Kanzlei@croset.de

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