Teilverkauf der eigenen Immobilie!?

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Geschäftskonzepte von Wertfaktor, Engel&Völker, Deutsche Teilkauf und Heimkapital unter der juristischen Lupe

Der in Hamburg ansässige Anbieter Wertfaktor“Ihre Immobilie zahlt sich aus“ wirbt auf seiner Homepage wie folgt:


„Immobilien-Teilverkauf beim Pionier & Marktführer: Mit festem Nutzungsentgelt für 10 Jahre“.


  • Sie sind beim Service-Testsieger und profitieren von einem persönlichen Ansprechpartner mit Empathie, Fachkompetenz und klaren Aussagen.
  • Mit einem Teilverkauf lassen Sie sich Ihren Wunschbetrag auszahlen und nutzen Ihre Immobilie – dank Ihres lebenslangen Nießbrauchrechts – wie bisher.
  • Sie sparen jedes Jahr mehrere hundert Euro durch das für 10 Jahre fixe Nutzungsentgelt – ohne eine versteckte Preis-Dynamik.


In letzter Zeit treten an uns vermehrt Anfragen heran, derartige Angebote juristisch zu prüfen und die Interessenten beim Notartermin zu begleiten. Uns liegen daher etwa Musterverträge von Wertfaktor vor, so wie sie etwa bei Berliner Notaren beurkundet werden.

Vorab ist aus anwaltlicher Sicht darauf hinzuweisen, dass derartige Verträge gut vorbereitet werden müssen, mindestens genauso sorgfältig wie der Erwerb der Immobilie selbst. Oftmals ist die Beratung weitaus umfangreicher, weil die Muster eine Vielzahl von Verträgen enthalten, die durch einen Rahmenvertrag ergänzt werden. Es kommt hinzu, dass die Interessenten in der Regel älter sind, keine einschlägigen Erfahrungen in diesem Bereich haben und sich so in die Hände von sogenannten Experten begeben. Der geübte Jurist sieht in dieser Ausgangssituation eine typisches Wissens- und Informationsassymetrie, die vielfältigen Risiken für die Interessenten mit sich bringt.

Das hinter dem Angebot stehende Konzept und die daraus resultierenden Risiken werden im Folgenden aus anwaltlicher Sicht erläutert.

  1. Was ist das Konzept?

Wer Geld braucht und eine Immobilie besitzt, der konnte sie schon immer als Sicherheit einsetzen, um bessere Konditionen (etwa günstigere Zinsen) zu erhalten. Solche Darlehen werden Hypothekendarlehen bezeichnet, weil sie durch eine Hypothek/Grundschuld abgesichert werden. In letzter Zeit können wir feststellen, dass Unternehmen mit neuen Ideen, vermeintlich einfacheren Angeboten an ihre Kunden herantreten. So bieten etwa Wertfaktor, Engel & Völkers, Heimkapital oder auch die Deutsche Teilkauf an, einen Teil der Immobilie zu kaufen und dafür schnell und unkompliziert größere Geldbeträge zu zahlen. Dieses Konzept wird als Immobilien-Teilverkauf bezeichnet. Interessenten können online den Wert ihrer Immobilie bestimmen lassen und bekommen so schnell konkrete Summe zu sehen, die sie sich auszahlen lassen können. Die Unternehmen wollen dafür Miteigentümer werden, sich sonst aber nicht groß in die Immobilie einmischen.

In diesem Zusammenhang ist auf die erste Besonderheit des Teilverkaufs hinzuweisen: wer einen Teil seiner Immobilie verkauft, der soll dafür an das Unternehmen ein monatliches Entgelt zahlen. Je größer der Anteil, der verkauft wird, je wertvoller der Immobilienbesitz ausfällt, desto höher ist auch das monatliche Entgelt. Die Höhe des Entgelts ist unterschiedlich, in der Regel bewegt es sie sich zwischen 5-7% des vom Unternehmen ausgezahlten Betrages


  1. Auf was muss geachtet werden?


Modernisierung, Reparaturen?

Berücksichtigen müssen Sie auf jeden Fall, dass keine Immobilie auf Dauer ohne Instandhaltungen und dafür notwendige Investitionen auskommt. Ob es um Reparaturen geht oder etwa darum, umfassende Modernisierungen vorzunehmen, die Unternehmen wollen sich an solchen Kosten meist nicht beteiligen. Haben Sie also beispielsweise 40% Ihrer Immobilie verkauft, müssten Sie für eine neue Heizung, Wärmedämmung oder andere Reparaturen dennoch die volle Summe selbst zahlen. Ob sich das lohnt oder nicht, kann nicht pauschal beantwortet werden.

Interessenten sollten dabei unbedingt berücksichtigen, dass Sie mit solchen Maßnahmen auch für Ihren Vertragspartner den Wert der Immobilie steigern. Wer große Summen in die Modernisierung oder energetische Sanierung steckt oder stecken muss oder die Immobilie verkauft, profitiert nicht allein von der Wertsteigerungen, sondern gibt auch von den höheren Erlösen Anteile an die Unternehmen ab.

Normales Bankdarlehen?

Alternativ sollte daher immer ein herkömmliches Bankdarlehen in Erwägung gezogen werden. Auch wenn die Zinsen langsam steigen, erhalten Sie bei einer Beleihung von 50% Ihrer Immobilie zumeist Top-Konditionen. Aktuell liegt der Zinssatz hier für eine zehnjährige Zinsfestschreibung bei rund 3 Prozent. Gegenüber einem Nutzungsentgelt von 5-7% pro Jahr kann dies ein sehr viel preiswerteres Geschäft sein. Bei einem Darlehen behalten Sie zudem das volle Eigentum, mit der vollen Chance auf Wertsteigerungen.

Vertragsergänzungen?

Da die Angebote für einen Teilverkauf am Markt recht unterschiedlich sind, sollte darauf geachtet werden, dass man individuelle Vertragsergänzungen in Betracht zieht.
Denkbar ist, dass man ein lebenslanges Nießbrauchrecht vereinbart. Das bedeutet, dass Sie alleine das Nutzungsrecht haben und nicht auf Wohlwollen oder Zustimmung des Anbieters angewiesen sind.

Oder möchten Sie oder Ihre Erben sich die Möglichkeit offenhalten, den verkauften Teil zurückzukaufen?

Wie soll in diesem Fall der geltende Rückkaufpreis berechnet werden, durch einen Gutachter und wenn ja, ist dann dessen Unabhängigkeit gewährleistet?

Alternativen zum Teilverkauf?

Die eigene Immobilie verkaufen oder beleihen – und dennoch selbst weiter darin wohnen können? Dafür kommt auch eine sog. Umkehrhypothek oder eine Leibrente in Betracht.

In jedem Fall ist eine vorherige anwaltliche Beratung über die Konsequenzen der jeweiligen Vorgehensweise dringend geraten. Nach unserer Erfahrung haben einige Berliner Notare die Beurkundung derartiger Verträge bereits abgelehnt, weil sie bestimmte Klauseln für unwirksam halten.







Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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