Unterlassene Hilfeleistung – Wann Nichtstun strafbar ist

  • 5 Minuten Lesezeit

In diesem Rechtstipp erklären wir:


  • Was Unterlassene Hilfeleistung laut Gesetz ist

  • Wann man sich wegen Unterlassener Hilfeleistung strafbar machen kann

  • Wann man sich NICHT wegen Unterlassener Hilfeleistung strafbar macht

  • Welche Hilfe man leisten muss

  • Welche Strafen drohen

  • Ob die Strafe höher ausfällt, wenn jemand stirbt

  • Was Sie tun sollten, wenn Sie der Unterlassenen Hilfeleistung beschuldigt werden

Wenn Sie noch weitere Fragen haben, beantworten wir Ihnen diese gerne über WhatsApp!


Was ist Unterlassene Hilfeleistung laut Gesetz?

Im Strafgesetzbuch (StGB) werden Handlungen definiert, für die man in Deutschland bestraft werden kann – sogenannte „Straftaten“.

Da mag es zunächst irritieren, dass man sich auch strafbar machen kann, indem man eben gerade nichts tut. Bei genauerer Betrachtung leuchtet dies jedoch ziemlich schnell ein: Wenn man durch Handeln ein Übel (z.B. eine Straftat), hätte verhindern können, macht man sich schuldig, wenn man stattdessen nichts tut. Juristen sprechen dann von einem „Unterlassungsdelikt“ (§ 13 StGB).

Hierunter fällt auch die Unterlassene Hilfeleistung, die gemäß § 323c StGB darin besteht, Menschen in einer Notlage nicht zu helfen.


Wann kann man sich wegen Unterlassener Hilfeleistung strafbar machen?

Für eine strafbare Unterlassene Hilfeleistung bedarf es einiger Voraussetzungen:

1. Eine Gefahren- oder Notsituation

Es sind die verschiedensten Situationen denkbar, durch die eine Person in Not oder Gefahr geraten kann wie z.B. Verkehrsunfälle, Gewalttaten, plötzliche gesundheitliche Notlagen wie etwa ein Herzinfarkt, etc. Entscheidend ist, dass Gesundheit, Freiheit, Eigentum oder gar das Leben einer Person plötzlich unmittelbar und plötzlich bedroht sind. Hierunter fallen auch Selbstmordversuche.

Dasselbe gilt natürlich für Ereignisse, durch die eine allgemeine Gefahr für mehrere Personen entsteht, wie etwa größere Verkehrsunfälle, Brände, oder Naturkatastrophen wie Erdbeben oder Überschwemmungen, etc.

2. Unterlassung möglicher Hilfe

Als Hilfe ist hier alles erdenkliche zu verstehen, was dazu geeignet erscheint, ein drohendes Unheil zu verhindern, oder die vorliegende Not irgendwie zu lindern, sowie Schlimmeres zu verhüten. Welche Maßnahmen in diesem Moment geeignet sind, kann das Gesetz nicht vorschreiben. Diese Entscheidung muss der Einzelne im Moment eines Unglücks selbst treffen.

Strafbar macht sich, wer nicht alles versucht, was ihm sinnvoll erscheint, und für ihn selbst machbar ist.

3. Vorsatz und Schuld

Unterlassene Hilfeleistung ist nur strafbar, wenn diese mit Vorsatz passiert, sich also der Betreffende bewusst dagegen entscheidet, eine Hilfe zu leisten, die er hätte leisten können. Dies ist der Fall, sobald jemand die Not- oder Gefahrensituation als solche erkannt hat, und dementsprechend die möglichen Folgen überblicken kann. Ob die Hilfe am Ende den gewünschten Erfolg hat, ist irrelevant, sofern man alles versucht hat.


Wann macht man sich NICHT wegen Unterlassener Hilfeleistung strafbar?

Nicht in jeder denkbaren Situation, in der sich ein Mensch in Not oder Gefahr befindet, ist jeder, der ihn nicht aus dieser Not rettet, der Unterlassenen Hilfeleistung schuldig.

Wer ohne Vorsatz handelt, weil er beispielsweise die Notsituation eines Anderen nicht erkennt, macht sich nicht strafbar.

Wer nach besten Kräften Hilfe leistet, die sich aber im Nachhinein als unzureichend herausstellt, macht sich nicht strafbar.

Wer helfen möchte, aber von Dritten oder der gefährdeten Person selbst daran gehindert wird, macht sich nicht strafbar.

Außerdem besteht keine gesetzliche Verpflichtung zur Hilfeleistung, wenn diese Hilfeleistung mit einer unmittelbaren Gefahr für Leib und Leben des Helfenden verbunden wäre, anderweitige verhältnismäßig wichtige Pflichten des Helfenden verletzen würde, oder wenn eine Hilfeleistung offensichtlich aussichtslos ist.

Um in einer solchen Situation jedenfalls guten Willen zu zeigen, sollte man allerdings irgendetwas versuchen, um zu helfen, und sei es nur, Rettungskräfte zu verständigen.


Welche Hilfe muss man leisten?

Es existieren keine gesetzlichen Vorschriften, die ein erforderliches Mindestmaß an Hilfe eingrenzen würden. Unabhängig von der moralischen Verpflichtung, die jeder Einzelne mit sich selbst ausmachen muss, gilt:

Alles, was man angesichts der vorliegenden Situation tun kann, ohne sich selbst zu gefährden, muss man auch tun, wenn man strafrechtlich auf der sicheren Seite sein will.


Welche Strafen drohen bei Unterlassener Hilfeleistung?

Gemäß § 323c StGB wird Unterlassene Hilfeleistung mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr bestraft.

Das Strafmaß richtet sich nach den konkreten Umständen des Einzelfalles.

In den meisten Fällen wird mit Geldstrafen zu rechnen sein.


Fällt die Strafe höher aus, wenn jemand stirbt?

In Unglücksfällen können Personen entweder zu Tode kommen, weil eine geleistete Hilfe leider unzureichend, oder gar keine Hilfe mehr möglich war. In diesen Fällen greift der Tatbestand der Unterlassenen Hilfeleistung, wie oben erklärt, nicht.

Ein Tatbestand der „Unterlassenen Hilfeleistung mit Todesfolge“ existiert nicht.

Wenn der Tod eines Menschen im Rahmen eines Unglücks mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu verhindern gewesen wäre, und nur eingetreten ist, weil keine Hilfe geleistet wurde, handelt es sich nicht um Unterlassene Hilfeleistung, sondern um Fahrlässige Tötung (§ 222 StGB) oder eventuell Fahrlässige Körperverletzung mit Todesfolge (§ 227 StGB) durch Unterlassen (also als Unterlassungsdelikt gemäß § 13 StGB). Diese Delikte werden mit hohen Geldstrafen und mitunter mehrjährigen Freiheitsstrafen geahndet.


Was soll ich tun, wenn ich der Unterlassenen Hilfeleistung beschuldigt werde?

Völlig abgesehen von moralischen Fragen, die jeder mit sich selbst klären muss, ist die Beschuldigung der Unterlassenen Hilfeleistung eine schwierige und sehr ernste Angelegenheit, an der, je nach den Umständen des Einzelfalles, sehr viel hängen kann.

Auch - bzw. gerade – wenn Sie sich unschuldig fühlen, und der Überzeugung sind, nichts falsch gemacht zu haben, ist es keine gute Idee, zu versuchen, sich zu erklären. Mit jedem unbedachten Wort, dass ein Vernehmungsbeamter Ihnen womöglich entlockt, können Sie sich unabsichtlich selbst belasten, und sich Ihre eigenen Verteidigungsmöglichkeiten ruinieren.

Beachten Sie daher die beiden goldenen Regeln des Strafrechts:

1. Schweigen ist Gold.

Die Aussage zu verweigern ist Ihr gutes Recht und darf nicht zu Ihren Ungunsten ausgelegt werden.

Nutzen Sie daher Ihr Schweigerecht und äußern Sie sich nicht zur Sache.

2. Ab zum Anwalt.

Wenden Sie sich umgehend an einen erfahrenen Fachanwalt für Strafrecht, der die Ermittlungsakte anfordern, und die gegen Sie erhobenen Vorwürfe erst einmal prüfen kann. Im besten Falle lässt sich das Verfahren einstellen, bevor es zu einer Anklage kommt.

Falls dies nicht möglich ist, können wir basierend auf der Beweislage Ihre Verteidigungsstrategie ausarbeiten.

Dr. Brauer Rechtsanwälte sind auf Strafrecht spezialisiert, und vertreten Sie bundesweit.

Melden Sie sich einfach per Telefon, E-mail oder Kontaktformular bei uns und schildern Sie uns im Rahmen einer kostenlosen, unverbindlichen Erstberatung Ihren Fall.

Kontaktieren Sie uns!








Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Dr. Matthias Brauer LL.M.

Beiträge zum Thema