Update: Corona im Arbeitsrecht – was Sie wissen müssen

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Mir wurde wegen der Corona-Pandemie gekündigt. Was kann ich tun?

Zunächst gilt wie bei jeder Kündigung: Sie muss schriftlich ausgesprochen worden sein; die Kündigung in elektronischer Form, beispielsweise per E-Mail, ist nicht wirksam. Nach Erhalt müssen Sie unbedingt innerhalb von drei Wochen Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht einreichen, sonst wird auch eine unwirksame oder inhaltlich unberechtigte und damit angreifbare Kündigung rechtskräftig. 

Allgemein ändert sich durch die Corona-Epidemie an diesen wichtigen Fristen nichts; auch vertragliche oder tarifvertragliche Verfallsfristen müssen unbedingt eingehalten werden! Unser Fachanwalt für Arbeitsrecht ist aber in diesen schwierigen Zeiten für Sie da und telefonisch erreichbar, damit Sie Ihre Rechte wahren können.

Die Corona-Krise als solche stellt keinen Kündigungsgrund dar. Sie kann aber mittelbare Ursache sein, wenn zum Beispiel der Arbeitgeber keine Aufträge mehr erhält, seinen Betrieb schließen muss oder zahlungsunfähig zu werden droht. Dann liegt für ihn unter Umständen ein berechtigter Grund zur betriebsbedingten Kündigung einzelner oder zahlreicher Mitarbeiter vor. 

Trotzdem sollte der Arbeitnehmer gerade in diesem Fall gut überlegen, ob die Kündigung nicht trotzdem im Rahmen einer Kündigungsschutzklage überprüft werden soll. Denn wie bei jeder Kündigung müssen die strengen Formalitäten, beispielsweise von der Anhörung des Betriebsrates bis zur Einschaltung der Integrationsbehörde bei schwerbehinderten Menschen, eingehalten werden. Auch darf die Kündigung für den Arbeitgeber erst das letzte Mittel der Wahl sein (sog. „ultima ratio“). 

Sind mildere Eingriffsmöglichkeiten, wie zum Beispiel die Beantragung von Kurzarbeitergeld, möglich, ist eine Kündigung noch nicht zulässig. Da die Kündigung im Kündigungsschreiben nicht begründet werden muss, mag sich im Einzelfall hinter einer Kündigung in Corona-Zeiten auch ein ganz anderer Grund verstecken, sodass Aufmerksamkeit geboten ist und Sie auch in diesen Zeiten im Falle einer Kündigung fachanwaltlichen Rat einholen sollten. 

Von daher gilt der dringende Rat des Fachanwaltes für Arbeitsrecht, gerade zu Zeiten von Corona eine erhaltene Kündigung unbedingt überprüfen zu lassen.

Kann ich allein aufgrund der Ansteckungsgefahr dem Arbeitsplatz fernbleiben?

Allein die Furcht vor Ansteckung begründet kein Recht zur Arbeitsverweigerung. Bleibt der Arbeitnehmer zu Hause, hat er keinen Vergütungsanspruch und fehlt unentschuldigt. Eine Kündigung durch den Arbeitgeber wäre möglich. 

Ein allgemeines Leistungsverweigerungsrecht besteht auch bei einer Pandemie nicht. Allerdings muss der Arbeitgeber für einen ausreichenden Schutz am Arbeitsplatz Sorge tragen, abgestimmt auf die erkennbaren Gefahren am konkreten Arbeitsplatz.

Dienstreisen

Gleiches gilt für die vom Arbeitgeber angeordneten Dienstreisen. Hier gilt zunächst der Inhalt des Arbeitsvertrages. Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes muss der Arbeitgeber beachten und den Mitarbeiter für solche Dienstreisen entpflichten. Das gilt auch für Verordnungen der Länder oder der Gesundheitsämter. Der Arbeitgeber hat aber auch selbst Fürsorgepflichten für seine Mitarbeiter zu beachten und muss die Gefährdungslage sorgfältig einschätzen.

Arbeitsunfähigkeit

Ist der Arbeitnehmer mit dem neuartigen Corona-Virus infiziert, hat der Arbeitnehmer wie bei jeder unverschuldeten Erkrankung einen Entgeltfortzahlungsanspruch für sechs Wochen. Ob allerdings eine Erkrankung nach der Teilnahme an einer „Corona-Party“ noch unverschuldet wäre, erscheint sehr fraglich. Ein solches, auch die Belegschaft gefährdendes Verhalten, könnte im Falle einer Infizierung sogar einen Kündigungsgrund darstellen.

Quarantäne

Von einer Quarantäne betroffene, nicht selbst infizierte Arbeitnehmer erhalten aufgrund ihres Fernbleibens ohne eigenes Verschulden ihre Vergütung nach § 616 Abs. 1 BGB i. V. m. § 30 Infektionsschutzgesetz (IfSG). Der Arbeitgeber zahlt an die Mitarbeiter aus und erhält selbst seine Entschädigung nach § 56 IfSG.

Vergütung für Freiberufler und Selbstständige

Hier gibt es keine Entgeltfortzahlung, da die Arbeitnehmereigenschaft fehlt. Bei Anordnung eines behördlichen Beschäftigungsverbotes kann eine Entschädigung gem. § 56 IfSG bei der zuständigen Behörde beantragt werden, und zwar binnen drei Monaten nach der behördlichen Anordnung der Quarantäne bzw. des Tätigkeitsverbotes.

Betriebsschließung

Schließt der Arbeitgeber den Betrieb aus eigenem Entschluss, so trägt er – so wie im Falle unzureichender Auftragseingänge – das Betriebsrisiko und damit auch das Vergütungsrisiko. Dies gilt auch dann, wenn diese Störung nicht vom Arbeitgeber beeinflussbar ist. 

Gleiches gilt auch, wenn der Arbeitgeber lediglich bestimmte Arbeitnehmergruppen, zum Beispiel Grenzgänger, vom Betrieb fernhalten will. Auch dann trägt er die Lohnkosten. Die Bundesregierung hat jedoch ein Maßnahmepaket beschlossen, das auch in einem solchen Fall unter Umständen Zuschüsse oder die Möglichkeit zur Aufnahme vergünstigter Darlehen vorsieht.

Schließt jedoch die zuständige Gesundheitsbehörde den Betrieb, so verliert der Arbeitnehmer den Vergütungsanspruch und wird von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung frei. Soweit nicht vertraglich ausgeschlossen, erhält der Arbeitnehmer seine Vergütung nach § 616 BGB, ansonsten nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG).

Vergütung bei Kinderbetreuung

Bei der Betreuung eines erkrankten Kindes gilt § 45 SGB V. Es besteht ein Anspruch auf Freistellung von der Arbeitsleistung, nach überwiegender Auffassung für circa fünf Arbeitstage, erhöht bei Alleinerziehenden. Der Anspruch besteht nur, wenn keine andere im Haushalt lebende Person das Kind beaufsichtigen kann. Ob die Vergütung in diesem Zeitraum weiterbezahlt wird, richtet sich nach § 616 BGB, der jedoch durch Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag ausgeschlossen sein kann.

Anordnung von Kurzarbeit

Der Arbeitgeber kann Kurzarbeit nur anordnen, wenn dies mit dem Betriebsrat (soweit vorhanden) vereinbart wird, oder eine Regelung bereits im Arbeitsvertrag enthalten ist. Sonst ist der Arbeitgeber auf die Zustimmung des Arbeitnehmers angewiesen. Verweigert der die Zustimmung, muss der Arbeitgeber eine Änderungskündigung aussprechen. Auch der Arbeitnehmer ist in Zeiten einer Pandemie allerdings gehalten, im Sinne der Erhaltung seines Arbeitsplatzes zuzustimmen. Andernfalls könnte auch eine Beendigungskündigung drohen.

In der gegenwärtigen Krise kann – befristet vorläufig bis 31. Dezember 2020 – der Arbeitgeber Kurzarbeit mit dem Anspruch auf Kurzarbeitergeld bereits beantragen, wenn mindestens zehn Prozent der Belegschaft mehr als zehn Prozent ihres bisherigen Netto-Lohnes einbüßen. 

Bei der Anordnung von Kurzarbeit muss die Arbeitszeit nicht für alle Beschäftigen in gleicher Weise reduziert werden. Ein betriebswichtiger Bereich könnte also im bisherigen Umfang weiterarbeiten, während vielleicht ein anderer Betriebsteil vorübergehend überhaupt nicht beschäftigt werden kann („Kurzarbeit Null“).

Die fehlende Vergütung wird durch das Kurzarbeitergeld (wenigstens teilweise) ausgeglichen. Die Differenz zwischen bisherigem und jetzigem Arbeitslohn wird zu 60 %, mit Kind zu 67 %, durch das Kurzarbeitergeld ersetzt. Beispiel: Der Mitarbeiter arbeitet nur noch mit 50 % seiner bisherigen Arbeitszeit. 

Diese Tätigkeit vergütet der Arbeitgeber wie bisher mit einem der Reduzierung angepassten Gehalt. Den zum bisherigen Nettogehalt fehlenden Gehaltsanteil gleicht das Kurzarbeitergeld zu 60 % aus. Der Arbeitgeber kann zusätzlich freiwillige Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld leisten. Diese Aufstockung ist sozialversicherungsfrei, sofern sie 80 % des bisherigen Nettolohns nicht übersteigt.

Kein Kurzarbeitergeld gibt es für Minijobs, die nicht sozialversicherungspflichtig sind.

Urlaub wegen Corona

Der Arbeitgeber kann nicht gegen den Willen des Mitarbeiters Urlaub anordnen, mit Ausnahme eines Betriebsurlaubes, sofern eine ausreichend lange Ankündigungszeit vorausgeht und der Arbeitnehmer noch ausreichend freien Resturlaub zur Verfügung hat. Steht nicht genügend Arbeit zur Verfügung, trägt der Arbeitgeber das Betriebsrisiko. Steht allerdings die Existenz des Betriebes auf dem Spiel, kann der Arbeitgeber im Einzelfall von der Pflicht zur Lohnzahlung befreit sein. 

Homeoffice in der Corona-Krise

Auch unter den gegenwärtigen Umständen gibt es kein allgemeines Recht, im Homeoffice arbeiten zu dürfen. Sofern in der Firma bisher keine Richtlinien bestehen, sollte baldmöglichst durch eine Betriebsvereinbarung oder Ergänzungen im Arbeitsvertrag Abhilfe geschaffen werden. Ist die Arbeit im Homeoffice für einen Mitarbeiter möglich, darf der Arbeitgeber an eine Kündigung nicht denken.

Sind viele Mitarbeiter im Homeoffice tätig, ist es naturgemäß wichtig, dass die innerbetrieblichen Kommunikationswege funktionieren. Die Teilnahme an einem solchen Netzwerk und die Herausgabe der privaten Mobilfunknummer ist aber nach wie vor freiwillig. Das haben verschiedene Landesbehörden, zum Beispiel auch in Baden-Württemberg, klargestellt. 

Wenn Mitarbeiter also ihre privaten Telefonnummern oder E-Mail-Adressen zur Verfügung stellen, muss dies freiwillig geschehen und auf die Dauer der Pandemiesituation beschränkt sein. Selbstverständlich gilt auch hier der Diskriminierungsschutz. Die Weigerung eines einzelnen Mitarbeiters muss möglich sein, ohne dass berufliche Nachteile drohen.

Auch die Tätigkeit im Homeoffice ist durch die gesetzliche Unfallversicherung abgedeckt, ebenso der Weg vom Homeoffice in den Betrieb. Nicht gedeckt ist aber die private Tätigkeit im Homeoffice, zum Beispiel der Gang zur Toilette oder in die Küche. Das hat das Bundessozialgericht mit Urteil vom 5. Juli 2016, B 2 U 5/15 ausdrücklich entschieden.

Einerseits hat der Arbeitgeber auch bei einer Tätigkeit im Homeoffice die Arbeitssicherheit und den Schutz am Arbeitsplatz sicherzustellen. Andererseits ist der Mitarbeiter in seinen privaten Räumlichkeiten geschützt (Unverletzlichkeit der Wohnung) und muss dem Arbeitgeber kein unbeschränktes Zutrittsrecht einräumen.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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