Verdienstschaden: Spart das Unfallopfer Geld?

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Bei einem Erwerbsschaden nach einem Unfall gemäß der §§ 249, 842, 843 BGB, 10 Abs. 2 StVG muss sich der Verletzte immer wieder mit dem Einwand der ersparten Aufwendungen durch die Nichtausübung seiner Arbeit auseinandersetzen. Das heißt: Grundsätzlich muss sich ein Unfallopfer die finanziellen Vorteile anrechnen lassen, die dadurch entstehen, dass es Geld spart, weil es nicht arbeitet. Das gilt z. B. für Fahrtkosten zur Arbeit (OLG Hamm r + s 1999, 372), Arbeitskleidung, nicht anfallende Kosten für eine doppelte Haushaltsführung oder Verwertbarkeit der restlichen Arbeitskraft im Haushalt (BGH VersR 1979, 622).

Zwar ist anerkannt, dass sich das Unfallopfer alle konkreten Vorteile anrechnen lassen muss, die in einem sachlichen Zusammenhang mit seinem Erwerbsschaden stehen. Die Haftpflichtversicherer versuchen jedoch regelmäßig, außergerichtlich und im Prozess pauschale Beträge vom errechneten Nettoschaden abzuziehen.

Je höher der Versicherer die Vorteils-Pauschale durchsetzen kann, umso geringer ist der Verdienstschaden. Schlecht für das Unfallopfer sind die Urteile des OLG Naumburg (SP 1999, 90), des Landgerichts Tübingen (ZfS 1992, 82) und des Landgerichts Münster (NZV 2012, 78). Diese Gerichte gehen pauschal bei der Berechnung des Verdienstschadens von berufsbedingten Mehraufwendungen in Höhe von etwa 10 % des Nettoeinkommens aus. Andere Gerichte halten einen Abzug von 5 % des Nettoeinkommens für ausreichend (KG KGR 2006, 194; OLG Celle OLG-Report 2006, 196; OLG Schleswig OLG-Report 2009, 509).

Der Anwalt des Geschädigten muss also darauf hinweisen, dass eine pauschale prozentuale Schätzung nicht zulässig ist, sondern auf den konkreten Einzelfall abgestellt werden muss. Dies bestätigt auch der Senat des Oberlandesgerichts Düsseldorf (OLG Düsseldorf ZfS 2000, 531). Bei der Ermittlung des Verdienstschadens müssten vielmehr die möglicherweise ersparten berufsbedingten Aufwendungen konkret berechnet oder aber aufgrund hinreichender Tatsachengrundlage geschätzt werden. Sollten die Entfernung von der Wohnung zur Arbeitsstelle des Geschädigten und die Höhe der Benzinkosten nicht bekannt sein, wäre eine Schätzung aufgrund eines pauschalen Prozentsatzes des Nettoeinkommens objektiv willkürlich (OLG Düsseldorf, Urteil vom 13.03.2000, AZ.: 1 U 152/99, juris).

Das OLG München hat aber ausgeführt: Der Senat pauschaliere in ständiger Rechtsprechung die Höhe der ersparten Aufwendungen beim mangelnden konkreten Vortrag im Rahmen des Schätzungsermessens nach § 287 ZPO und schätze diese deshalb im konkreten Fall mit 5 % des Nettoeinkommens. Die Klägerin wäre mindestens verpflichtet gewesen, substantiiert darzulegen (vgl. OLG Schleswig-Holstein OLGR 2009, 509), warum in ihrem Fall auch keine sonstigen ersparten Mehraufwendungen entstanden sind. Die Beweislast trage zwar grundsätzlich der Schädiger. Es bestehe aber eine Erleichterung nach § 287 ZPO, dass sich der Schädiger auf die Behauptung eines pauschalen Abzugs beschränken könne und der Geschädigte einen etwaigen geringeren Mehraufwand darlegen und beweisen müsse. Teilweise werde vertreten, der Geschädigte habe für einen geringeren Mehraufwand die volle Darlegungs- und Beweislast.

Dem stehe auch nicht die Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf, ZfS 2000, 531, entgegen. Im dortigen Rechtsstreit sei das Nettoeinkommen eines Arbeitnehmers ein brauchbarer Maßstab für die Schätzung berufsbedingter Mehraufwendungen. Mangels konkreter Anhaltspunkte und eines nicht substantiierten Sachvortrags könne der Senat in Übereinstimmung mit der Mehrheit der Oberlandesgerichte den erlangten Vermögensvorteil im Rahmen seines Schätzungsermessens nach § 287 ZPO pauschal mit 5 % des Nettoeinkommens bewerten. Hierbei werde berücksichtigt, dass in der Rechtsprechung pauschale Abzüge von 5 – 10 % des Nettoeinkommens vorgenommen würden (vgl. OLG München, Urteil vom 21.05.2010, AZ.: 10 U 2853/06).

Um also einen pauschalen Abzug angeblich ersparter berufsbedingter Mehraufwendungen beim Verdienstschaden zu vermeiden, sollten Sie genauestens vortragen, ob Sie tatsächlich Kosten für Arbeitskleidung, eine doppelte Haushaltsführung, Fahrtkosten, Steuern, oder sonstige Positionen einsparen, weil Sie aufgrund des Körperschadens nicht arbeiten können. Dann können Sie nach der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Düsseldorf und des Senats des Oberlandesgerichts in München eine pauschale prozentuale Schätzung vermeiden.

Christian Koch

Fachanwalt für Verkehrsrecht



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