Vereinsrecht zu Zeiten der Corona-Pandemie

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Liebe Ratsuchende,

gerne zeigen wir Ihnen auf, unter welchen Bedingungen für Vereine Jahreshauptversammlungen und Mitgliederversammlungen und die damit verbundenen Abstimmungen und Wahlen zu Zeiten der Beschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie dennoch möglich sind.


Wo?

In den meisten Satzungen ist ein Veranstaltungsort nicht vorgeschrieben. Nun kann man überlegen, die Versammlung an einem Ort stattfinden zu lassen, für den keine Beschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie bestehen.

Solche Orte sind derzeit rar gesät und die Bereitschaft der Mitglieder, sich Risiken auszusetzen, ist gering.

Die Teilnehmerzahl könnte zudem durch Verordnungen beschränkt sein, was dann ein Problem ist, wenn nicht allen Mitgliedern der Zugang gewährt werden könnte.

 

Eine mögliche Lösung ist, vorher die Mitglieder verbindlich abzufragen, ob sie an einer Präsenzveranstaltung teilnehmen werden. Anhand dieser verbindlichen Ab- und Zusagen kann nun eine Präsenzveranstaltung geplant oder verworfen werden.

 

Wie?

Zulässig ist derzeit eine Mischung aus Präsenz- und Distanzveranstaltung.

Zunächst die Grundsätze:

Eine digitale Mitgliederversammlung ist nur dann möglich, wenn die Satzung des Vereins dies ausdrücklich zulässt. Zu beachten ist, dass, wenn eine solche in der Vereinssatzung ausdrücklich geregelt ist, diese nicht den Anforderungen des § 32 Abs. 2 BGB unterliegt und somit die Zustimmung der Mitglieder nicht erforderlich ist, ebenso wenig wie die Schriftform.

Die Abhaltung einer Mitgliederversammlung über das Internet ohne Satzungsgrundlage und ohne die Zustimmung aller stimmberechtigter Mitglieder ist grundsätzlich unzulässig.

Ausnahmen:

Es gibt also zwei denkbare Ausnahmen. Man ändert die Satzung, oder man erzielt gem. § 32 Abs. 2 BGB ohne Versammlung Einstimmigkeit:

"(2) Auch ohne Versammlung der Mitglieder ist ein Beschluss gültig, wenn alle Mitglieder ihre Zustimmung zu dem Beschluss schriftlich erklären."


Ausnahmen bis zum 31.12.2021

Nun haben wir aber das Glück, dass die Bundesregierung die derzeit bestehenden Erleichterungen für Vereine über das Ablaufdatum vom 31.12.2020 hinaus verlängert hat.

Das „Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz-, und Strafverfahrensrecht“ (Corona-Abmilderungsgesetz) hat der Bundestag am 25.03.2020 beschlossen. Zwei Tage später wurde es vom Bundesrat bestätigt und ist nun seit dem 28. März 2020 gültig. Der Artikel 2 dieses Gesetzes umfasst das „Gesetz über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohneigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie“.

 

Art. 2 § 5 Abs. 1

"Der Vorstand bleibt auch dann im Amt, wenn keine Wahlversammlung durchgeführt werden kann und die Satzung nicht die sog. Übergangsklausel enthält, wonach der Vorstand solange weiter amtieren kann, bis ein neuer gewählt wurde."

Art. 2 § 5 Abs. 2

"Bei stattfindenden Mitgliederversammlungen müssen die Mitglieder nicht mehr zwingend anwesend sein. Stattdessen kann der Vereinsvorstand – abweichend von § 32 Absatz 1 Satz 1 BGB – den Mitgliedern ermöglichen

1. an der Mitgliederversammlung ohne Anwesenheit am Versammlungsort teilzunehmen und Mitgliederrechte (Stimmrecht, Teilnahme an Diskussionen, Antragsrecht usw.) im Wege der elektronischen Kommunikation auszuüben

oder

2. ohne Teilnahme an der Mitgliederversammlung ihre Stimmen vor der Durchführung der Mitgliederversammlung schriftlich abzugeben.

 

Die Sonderregelungen für Vereine sind durch die „Verordnung zur Verlängerung von Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins- und Stiftungsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der Covid-19-Pandemie (GesRGenRCOVMVV)“ vom 20.10.2020 bis zum 31.12.2021 verlängert worden.

Die Verordnung ist am 28.10.2020 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden (BGBl I 2020, 2258). Sie ist somit zum 29.10.2020 in Kraft getreten.

 

Voraussetzungen:

Voraussetzung für eine Versammlung gem. Art. 2 § 5 Abs. 2 Nr. 1 ist, dass Sie einen virtuellen Raum anbieten, der mit einem Passwort geschützt ist. Dieses kommunizieren Sie am besten mit dem Einladungsschreiben. Außerdem müssen die Mitglieder mit ihrem Klarnamen als Username teilnehmen und identifizierbar sein.

Sie können auch die Mitglieder auffordern, vor der Versammlung die Stimmen schriftlich abzugeben, vgl. Nr. 2. Eine Verlängerung der Amtszeit wird ebenfalls von der oben genannten Verordnung aufgefangen, vgl. Art. 2 Abs. 5 Nr. 1.

 

Probleme bei digitaler Abhaltung:

Neben den Vorgaben aus der Satzung muss die DS-GVO eingehalten werden.

 

Datenschutz

Die genutzte Software muss benannt werden und DS-GVO-konform sein.

Bitte beachten Sie dazu die Rechtsprechung des EUGH „Schrems“ II (https://www.bfdi.bund.de/DE/Europa_International/International/Artikel/Auswirkungen-Schrems-II-Urteil.html), mit der klargestellt wurde, dass ein internationaler Datenaustausch nur zulässig ist, wenn in dem jeweiligen Drittland die Daten einen im Wesentlichen gleichwertigen Schutz genießen wie in der EU.

Es hängt also von den verwendeten Programmen und Tools ab, ob die Ergebnisse der Versammlung nichtig sein würden, angefochten werden könnten oder rechtssicher sind.

Den Mitgliedern gegenüber müssen Sie die Hinweise zur Datenverarbeitung machen:

 

„Zur Durchführung des Online-Meetings verwenden wir „(Nennung des Programms)". Hinweise zur Datenverarbeitung finden Sie insoweit unter [Link auf die Datenschutzerklärung auf der eigenen Webseite ODER direkt beifügen]."

Abschließend müssen Sie die Betroffenen noch über ihre Rechte aufgeklärt werden.

 

Satzung

Des Weiteren müssen Sie die Einhaltung der Abstimmungsmodalitäten aus der Satzung gewährleisten.

Sie müssen eine „Abstimmungssoftware“ oder ein entsprechendes Online-Tool für geheime Abstimmungen und Live-Online-Voting anbieten, damit jedes wahlberechtigte Mitglied das jeweilige Wahl- und Abstimmungsrecht während der Versammlung auch ausüben kann.

Gleichzeitig müssen Sie ausschließen, dass nicht stimmberechtigte Mitglieder oder Gäste diese Abstimmungsfunktion nutzen können.

 

Im Ergebnis ist alles bereitzustellen, um eine sichere, DSGVO-konforme, für jedes Mitglied zugängliche und stabil laufende Versammlung zu ermöglichen. D.h. Sie haben sicherzustellen, dass die Versammlung frei von Bild- und/oder Tonunterbrechungen abläuft und der Empfang während der gesamten Versammlung uneingeschränkt möglich ist. Für Probleme auf Seiten des Mitglieds sind Sie grundsätzlich nicht verantwortlich.

 

grundsätzliche Empfehlung:

Entscheiden Sie sich für eine digitale Veranstaltung, dann empfehlen wir Ihnen, den Mitgliedern mit der Einladung die digitale

Teilnahmemöglichkeit (Adresse, Passwort, Klarname) samt Rechtsgrundlage mitzuteilen, die vorherige schriftliche Stimmabgabe anzubieten und dann eine digitale Versammlung abzuhalten.

 

 

Lassen Sie sich gerne bei uns zu allen Details beraten. Jede Satzung und jeder Verein bringen eigene Besonderheiten mit, die in einer allgemeinen Beratung nicht aufgefangen werden können.




Ihr 

Marc Michelske

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Verkehrsrecht

ADAC Vertragsanwalt

0221 252123

michelske@michelske.de

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Foto(s): Lesegesellschaft zu Köln von 1872

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