Vermeintlicher Schmuggel im Reiseverkehr

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Reisen in Drittländer und insbesondere die Rückreise in die Europäische Union sind aus zollstrafrechtlicher Sicht risikobehaftet. So hat Gesetzgeber schon bei der Schaffung des sogenannten Schmuggelprivilegs im Jahre 1961 festgestellt: Der Reisende „gerät mehr oder weniger ungewollt, vor allem aber außerhalb seiner normalen Lebens- und Berufsverhältnisse in die Rolle des Steuerpflichtigen, den besondere Pflichten treffen.“

Verletzt er diese besonderen Pflichten, etwa indem er nach der Gepäckausgabe den „grünen Ausgang“ benutzt, obgleich er einfuhrabgabenpflichtige Waren bei sich führt, macht er sich unter Umständen wegen Steuerhinterziehung strafbar. 

Denn Einfuhrabgaben bzw. Zölle gelten als Steuern im Sinne der Abgabenordnung, in deren § 370 die Strafbarkeit der Steuerhinterziehung normiert ist. Und wer gegenüber der Finanzbehörde unrichtige Angaben macht - das Benutzen des grünen Ausgangs steht der Erklärung „Nichts zu verzollen“ gleich - und dadurch Steuern verkürzt, begeht eine Steuerhinterziehung.

Den „grünen Ausgang“ am Flughafen Hamburg benutzte auch ein frisch vermähltes Ehepaar nach seiner Rückkehr aus den in Dubai verbrachten Flitterwochen. Im Ausgang von den Zollbeamten angesprochen, begab man sich gemeinsam zur Durchsicht des Gepäcks in den Kontrollbereich. Das Interesse der Zöllner weckte dann allerdings die vom Ehemann getragene Rolex-Uhr. 

Da der Steuerpflichtige nicht ad hoc den Nachweis dafür erbringen konnte, dass er die Uhr innerhalb des Zollgebiets der Union erworben hatte - dass es sich also um eine sogenannte Unionsware handelte -, wurden kurzerhand 1.300 Euro Einfuhrabgaben festgesetzt. Dem überraschten Reisenden wurde ferner die Einleitung des Strafverfahrens wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung bekannt gegeben. 

Mit der Uhr am Handgelenk, aber 1.300 Euro ärmer und als Beschuldigter im Zollstrafverfahren, durfte er seine Heimreise fortsetzen. 

Tatsächlich hatte er die Uhr nicht im Zollgebiet der Union erworben, aber - von seinem Trauzeugen - als Hochzeitsgeschenk erhalten. Eine Rechnung eines Rolex-Händlers oder gar einen Einfuhrabgabenbescheid für die in der Schweiz gefertigte Uhr war dem Geschenk nicht beigefügt und der Beschenkte wollte den Schenker auch nicht diesbezüglich behelligen. Der Trauzeuge sollte nicht erfahren, dass sein großzügiges Geschenk dem Bräutigam derartige Scherereien eingebracht hatte.

Im Rahmen der Verteidigung wurde nun Art. 153 Absatz 1 des Unionszollkodexes (UZK) ins Feld geführt. Nach dieser Vorschrift gilt für alle im Zollgebiet der Union befindlichen Waren die Vermutung, dass es sich um Unionswaren handelt, sofern nicht festgestellt wird, dass sie nicht Unionswaren sind. 

Zeugen konnten bestätigen, dass der Beschuldigte die Uhr vor Antritt der Flitterwochen in Deutschland als Geschenk erhalten hatte. Damit galt für sie die Vermutung, dass sie eine Unionsware und somit bereits in der Vergangenheit ordnungsgemäß verzollt worden war.

Die dem vermeintlich entgegenstehende Rechtsprechung der Finanzgerichte, die der Zoll stets im Zusammenhang mit Art. 153 UZK zu zitieren pflegt, war bei genauer Betrachtung nicht einschlägig. In allen dort entschiedenen Fällen waren die Kläger letztlich den Nachweis schuldig geblieben, dass sie die Waren im Zollgebiet der Union erhalten hatten – und dass es nicht sie selbst es waren, die die Waren in das Zollgebiet verbracht hatten. Denn in diesem Fall kann die Unionswarenvermutung tatsächlich keine Wirkung entfalten. 

Diese Argumentation liegt auch auf der Linie des Urteils des EuGH vom 07.03.2019 in der Rechtssache C-643/17 - Suez II. Dort hat der EuGH klargestellt, dass sich (nur derjenige) nicht auf Art. 153 UZK berufen kann, der bzw. auf dessen Geheiß die Waren in das Zollgebiet der Union verbracht wurden. 

Das für den Reiseverkehr am Flughafen Hamburg zuständige Hauptzollamt Itzehoe folgte der Argumentation der Verteidigung und stellte das Ermittlungsverfahren ein. Ferner erstattete es die bereits gezahlten Einfuhrabgaben in Höhe von 1.300 Euro. 

Foto(s): AdobeStock

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