Vermischtes aus der Rechtsprechung - leicht erklärt!

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Der 1. Fall geht zurück auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom 26.04.2018. Ein öffentlicher Auftraggeber beauftragt den Auftragnehmer mit der Verkehrsführung und Verkehrssicherung auf einem Autobahnabschnitt. Nach dem Leistungsverzeichnis hat der Auftragnehmer 588 Tage lang eine Stahlgleitwand auf einer Länge von knapp 15 km für 1.184,00 € am Tag vorzuhalten. Aufgrund auftraggeberseitiger Beschleunigungsmaßnahmen sind die Bauarbeiten nach nur 333 Tagen abgeschlossen. Der Auftraggeber ordnet den Abbau der Stahlgleitwand an. Der Auftragnehmer beansprucht für nicht erbrachte Leistungen eine Vergütung in Höhe von 95.000 €. Mit Erfolg kann der Auftragnehmer diese Vergütung beanspruchen. Der Bundesgerichtshof geht von einer freien Kündigung aus. In diesem Fall steht dem Auftragnehmer eine Vergütung nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 VOB/B zu. Die Verkürzung der Vorhaltung der Stahlgleitwand stellt eine Kündigung dar. Sofern sich die Parteien über die Folgen der Vertragsbeendigung nicht anderweitig geeinigt haben, kann der Auftragnehmer nach den Rechtsfolgen einer freien Kündigung abrechnen. Dies ist für den Auftragnehmer günstig, da er den folgenden Vergütungsanspruch abzüglich ersparter Aufwendungen erhält. Noch eine wichtige Abgrenzung kann man dem Urteil entnehmen.

Bei Mengenänderungen, in dem Fall die Reduzierung der Vorhaltung von 588 Tagen auf 333 Tagen ist das Verhältnis der Vorschriften des § 8 Abs. 1 Nr. 2 VOB/B zu § 2 Abs. 3 VOB/B streitig. Grundsätzlich führt der BGH aus, dass die Regelung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 VOB/B als speziellere Vorschrift vorgeht. Das entscheidende Merkmal, welche Vorschrift zur Anwendung kommt, ist, ob ein Eingriff des Auftraggebers stattfindet. Denn eine Anpassung der vereinbarten Vergütung nach § 2 Abs. 3 VOB/B kommt nur in Betracht, wenn es ohne Eingriff des Auftraggebers in den ursprünglichen Leistungsbestand zu einer Mengenänderung der bei Vertragsschluss festgelegten Leistungen kommt. Hier hat der Auftraggeber jedoch die Anordnung der Verkürzung der Vorhaltung getroffen, so dass hier vorrangig § 8 Abs. 1 Nr. 2 VOB/B mit den Kündigungsfolgen, welche für den Auftragnehmer günstig sind, eintritt.

Der 2. Fall geht auf ein Urteil des BGH vom 20.07.2017 zurück und beschäftigt sich mit der Wirksamkeit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers. Der Bundesgerichtshof hat ausdrücklich festgestellt, dass die oft in einem Bauvertrag enthaltene Klausel: Die dem Angebot des Auftragnehmers zugrunde liegenden Preise sind grundsätzlich Festpreise und bleiben für die gesamte Vertragsdauer verbindlich, den Auftragnehmer unangemessen benachteiligt und daher unwirksam ist. Dies gilt auch im Geschäftsverkehr. Deshalb kann sich der Auftragnehmer zurücklehnen, wenn er derartige Klauseln in seinem Vertragswerk sieht. Ein weiteres Urteil des Bundesgerichtshofs vom 14.09.2017 ist auch interessant. In dieser Entscheidung ging es um die Fragestellung, was der 5 %ige Betrag nach Abnahme für den Gewährleistungszeitraum absichert. Der BGH hat die Frage dahingehend entschieden, dass diese Sicherheit, gleich ob als Einbehalt oder als Bürgschaft für den Zeitraum von der Abnahme bis zum Eintritt der Verjährung der Mängelansprüche dazu dient, die Rechte des Auftraggebers bei Mängeln inklusive Aufwendungsersatz und Kostenvorschuss bei Selbstaufnahme, jedwede Schadenersatzansprüche des Auftraggebers und die Ansprüche des Auftraggebers auf Erstattung von Überzahlungen (auch hinsichtlich geänderter und zusätzlicher Leistungen) absichert. Also hat der Bundesgerichtshof einen weiten Rahmen für die Absicherung im Gewährleistungszeitraum eröffnet. Dem Auftragnehmer sollte damit klar sein, dass der Auftraggeber nicht nur bei Mängelansprüchen auf diese Sicherheit zugreifen kann, sondern auch bei Rückzahlungsansprüche wegen Überzahlung.

Der 3. Fall geht auf das Urteil des Bundesgerichtshofes vom 23.11.2017 zurück und ist aufschlussreich. Darin ging es um die Gestellung einer Sicherheitsleistung nach § 650f BGB. Dies ist eine Sicherheitsleistung, die der Auftragnehmer für seine Vorausleistungspflicht von dem Auftraggeber verlangen kann und der früheren Vorschrift des §§ 648a BGB entspricht. Diese Vorschrift ist die einzige Möglichkeit, sich aus einem unliebsamen Vertragsverhältnis rechtmäßig zu lösen. Hierzu hat der Auftraggeber innerhalb der gesetzten Frist eine Originalurkunde der Bürgschaft beizubringen. Irgendwelche Ankündigungen des Auftraggebers, dass die Bürgschaft bald komme, reichen dafür nicht. Deshalb stellt es keine unzulässige Rechtsausübung dar, wenn der Vertrag gekündigt wird, wenn die Originalurkunde nicht vorliegt, sondern nur angekündigt wird.

Der 4. Fall basiert auf dem Urteil des OLG Düsseldorf vom 02.03.2018. Hier geht es um Nachtragsforderungen, die durch den Auftraggeber ignoriert werden. Der Auftraggeber beauftragt den Auftragnehmer mit der Ausführung von Dachdecker- und Abdichtungsarbeiten. Als Vergütung wird ein Pauschalpreis von 280.000,00 € vereinbart. In der Bauphase stellt sich heraus, dass zusätzliche Leistung ausgeführt werden müssen. Der Auftragnehmer führt diese Leistungen auf mündliche Anordnung des Auftraggebers hin aus, stellt verschiedene Nachtragsangebote und stellt seine Nachtragsforderung schließlich in eine Abschlagsrechnung ein. Der Auftraggeber kürzt die Abschlagsrechnung um rund 30.000,00 € mit der Begründung, die Nachträge seien noch nicht beauftragt und würden sich noch in der Prüfung befinden. Später verweist er nur noch auf den vertraglichen Zahlungsplan, ohne sich mit den Nachträgen des Auftragnehmers zu beschäftigen. Als der Auftragnehmer nach Fristsetzung seine Leistung einstellt, kündigt der Auftraggeber den Bauvertrag und lässt die Arbeiten von einem Drittunternehmer fertigstellen. Der Auftraggeber verlangt vom Auftragnehmer Erstattung von 30.000,00 € Überzahlung sowie Ersatz der Mehraufwendungen von 180.000,00 €. Dagegen stellt der Auftragnehmer seinen Restwerklohnanspruch von 105.000,00 €. Die entscheidende Frage des Rechtsstreits hängt davon ab, ob der Auftragnehmer seine Leistungen einstellen durfte. Das OLG Düsseldorf kommt zu der Auffassung, dass sich der Auftraggeber hinsichtlich eingereichter Nachtragsangebote im Rahmen seiner Kooperationspflichten nicht völlig passiv verhalten darf. Denn dem Auftragnehmer kann nicht zugemutet werden, Anordnungen des Auftraggebers gemäß § 1 Abs. 3 VOB/B (geänderte Leistung) bzw. § 1 Abs. 4 VOB/B (zusätzliche Leistung) befolgen zu müssen, ohne Klarheit über die ihm dafür zustehende Vergütung zu erhalten, zumal insbesondere die Leistungserweiterung, die den zusätzlichen Vergütungsanspruch auslöst, allein im wohlverstandenen Interesse des Auftraggebers liegt. Daher ist im Zweifel von einem Leistungsverweigerungsrecht auszugehen, wenn der Auftraggeber den Abschluss einer berechtigten Nachtragsvereinbarung zu einer von ihm angeordneten Zusatzleistung endgültig verweigert oder auch für den Fall, dass sich die Auftraggeber über längere Zeit passiv verhält, wenn die Höhe der streitigen Nachträge im Verhältnis zur Gesamtvergütung einen erheblichen prozentualen Anteil ausmacht. Der Auftragnehmer muss sich jedoch im Klaren sein, dass ein solches Leistungsverweigerungsrecht ihm nur dann zusteht, wenn der Auftragnehmer berechtigt ist, eine Vergütung für eine geänderte oder zusätzliche Leistungen zu verlangen. Dies ist dann nicht der Fall, wenn davon ausgegangen werden darf, dass die Leistungen von dem Leistungssoll des Vertrages noch gedeckt sind. Deshalb stellt sich immer zuerst die Frage, ob man als Auftragnehmer tatsächlich eine zusätzliche Vergütung für eine geänderte oder zusätzliche Leistungen verlangen kann.

Der 5. Fall wurde durch das Urteil des OLG Nürnberg vom 23.01.2016 getroffen. In diesem Urteil ging es darum, dass wenn jemand eine Mängelbeseitigung nicht mehr schuldet, eine solche Mängelbeseitigung auch nicht mehr von einem anderen verlangt werden kann. Hier ging es um das Verhältnis eines Bauträgers zu seinem Nachunternehmer. Eine Wohnungseigentumsgemeinschaft konnte aufgrund Verjährung gegenüber dem Bauträger keine Mängelansprüche mehr geltend machen. Trotzdem hat der Bauträger versucht, gegenüber seinem Nachunternehmer Schadensersatz von 39.000,00 € geltend zu machen. Das Gericht hat zurecht einen solchen Anspruch in der Leistungskette zu dem Nachunternehmer verneint.

Carsten Seeger


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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