Verpflichtungen in Bezug auf Sozialversicherungsbeiträge in Portugal

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1. Ausnahme: Sozialversicherungsabgaben in Deutschland

Grundsätzlich besteht die Pflicht, in Portugal als dem Staat, in dessen Hoheitsgebiet die Arbeit verrichtet wird, Sozialversicherungsbeträge abzuführen. Allgemein, unterliegen wir immer nur den Rechtsvorschriften eines einzigen Landes und bezahlen die Beiträge auch nur in einem Land.

Eine Ausnahme besteht dann, wenn der Arbeiter (selbständig oder unselbständig) nur zeitweise ins Ausland (in diesem Fall Portugal), versendet wird. In diesem Fall können die Sozialversicherungsabgaben weiterhin in Deutschland getätigt werden.

In Portugal muss sodann allerdings mittels des Formulars A1 (s. dazu https://europa.eu/youreurope/citizens/work/unemployment-and-benefits/country-coverage/index_de.htm#shortcut-2) nachgewiesen werden, dass Beiträge in Deutschland abgeführt werden.

Diese Option ist grundsätzlich nur für 24 Monate gültig, kann aber verlängert werden: "Eine solche Verlängerung des Sozialversicherungsschutzes wird dann gewährt, wenn es eine Vereinbarung zwischen den beiden betreffenden Ländern gibt und die Verlängerung in Ihrem Interesse liegt. Sie und Ihr Arbeitgeber müssen die Verlängerung des Dokuments PD A1 bei den zuständigen Behörden beantragen, bevor dessen Gültigkeitsdauer abgelaufen ist. Wenn Sie in das Land zurückkehren, in dem Sie üblicherweise arbeiten, sind Sie durch das dortige Sozialversicherungssystem abgesichert. Sie können dann in ein anderes Land entsandt werden, aber nur, wenn seit Ihrer Rückkehr in Ihr Heimatland eine bestimmte Zeit vergangen ist. Viele EU-Länder halten zwei Monate für ausreichend." (s. dazu https://europa.eu/youreurope/citizens/work/unemployment-and-benefits/country-coverage/index_de.htm#shortcut-2).


2. Beitragssystem in Portugal (selbstständige Tätigkeiten)

In dem Land, in dem wir sozialversichert sind, haben wir dieselben Rechte und Pflichten wie Staatsangehörige dieses Landes. Dies wird als Grundsatz der Gleichbehandlung oder Nichtdiskriminierung bezeichnet.

Mit Aufnahme der Tätigkeit im Finanzamt als Selbständiger erfolgt automatisch die entsprechende Meldung an die Sozialversicherung. Obwohl diese Mitteilung von Anfang an erfolgt, profitiert der Selbständige von einer 12-monatigen Befreiungsfrist (hat also in dieser Zeit keine Beitragspflichten).

Die vorzeitige Aufnahme in die Regelung für Selbstständige kann bis zum letzten Tag der Monate Januar, April, Juli und Oktober des ersten Jahres beantragt werden (Daten beziehen sich auf die vierteljährliche Einkommenserklärung für Beitragszwecke). In diesen Fällen beginnt die Beitragspflicht im Folgemonat.

In diesem Sinne müssen Selbständige, die nicht von der Beitragspflicht befreit sind (weil sie auch Einkünfte aus unselbstständiger Arbeit haben und kumulieren können oder weil sie geringe Einkünfte haben), bis zum letzten Tag im Januar, April, Juli und Oktober eines jeden Jahres eine vierteljährliche Erklärung abgeben.

In dieser Quartalsabrechnung macht der Selbständige Angaben zu den Einkünften des unmittelbar vorangegangenen Quartals (z. B. im Januar führt er Angaben zu Oktober, November und Dezember des Vorjahres ein), damit seine beitragspflichtigen Einkünfte berechnet werden. Aus diesem Betrag ergibt sich der für die folgenden drei Monate zu zahlende Beitrag.

Nach Berechnung des beitragspflichtigen Einkommens, also 70% der Einkünfte aus der Erbringung von Dienstleistungen oder 20% der Einkünfte aus der Herstellung und dem Verkauf von Gütern, wird auf 1/3 dieser 70% bzw. 20% des beitragspflichtigen Einkommens der Beitragssatz von 21,4% erhoben. Zum Beispiel, beim Jahresverdienst von ca. 60.000,00 €, sieht die Berechnung bei einem vierteljährlichen Verdienst von ca. 15.000,00 € (15.000,00 € x 4 = 60.000,00 €) wie folgt aus:

a) Beitragspflichtiges Einkommen: 70% von 15.000,00 € = 10.500,00 €;

b) Monatliche Inzidenzbasis (1/3 des beitragspflichtiges Einkommen): 1/3 von 10.500,00 € = 3.500,00 €;

c) Prozentsatz: 21,40% auf 3.500,00 € = Höhe des Quartalsbeitrags: 749,00 €.

Zum Zeitpunkt der vierteljährlichen Erklärung kann der Selbständige wahlweise ein um bis zu 25 % (in 5 %-Schritten) höheres oder niedrigeres Einkommen ansetzen, als es sich aus der Berechnung des vorstehenden Punktes ergibt. Gemäß dem obigen Beispiel beträgt der Wert des errechneten Quartalsbeitrags 749,00 €, so dass der Wert in 5 %-Schritten bis maximal 25% sinken bzw. steigen kann, also bis 561,75 € sinken oder auf 936,25 € steigen. Es ist zu bedenken, dass die Beitragszahlung auf der Grundlage eines geringeren Einkommens attraktiv erscheinen mag, aber Auswirkungen auf mögliche Leistungen oder Zuschüsse aus der Sozialversicherung (z. B. bei Mutterschaft, Krankheit, Altersrente, usw.)  hat.

Sobald der vierteljährliche Beitragsbetrag festgelegt ist, muss der Selbständige den Beitrag monatlich zahlen (d. h. dieser Betrag wird in drei Monate aufgeteilt, bezogen auf die Monate des betreffenden Quartals).

Um die Zahlungsdaten zu erfahren, kann der Selbständige das Nachrichtenfeld des Online-Portals der Sozialversicherung konsultieren, wobei unter anderem die Zahlung per Bankomat, Homebanking oder Lastschrift möglich ist.

Die Zahlung muss zwischen dem 10. und 20. eines jeden Monats erfolgen und entspricht der Zahlung des Vormonats. Beispielsweise zahlt der Selbständige im Februar den Beitrag für Januar, der wiederum auf der Grundlage des Verdienstes von Oktober bis Dezember des Vorjahres berechnet wurde.

Der Beitragspflichtige hat auch 15 Tage Zeit, um die Quartalsabrechnung zu korrigieren.

Entstehen durch die Einkommenskorrektur höherwertige Beiträge, so ist deren Zahlung bis zum 22. Februar zu leisten. Bei Überschreitung der Beiträge wird der Wert für die Beiträge der Folgemonate berücksichtigt. Alternativ kann eine Rückerstattung beantragt werden.

Falls der Selbständige sich für die organisierte Buchhaltung entschiedet, ist sie von der Abgabe der Quartalserklärung befreit, da das beitragspflichtige Einkommen auf der Grundlage des steuerpflichtigen Einkommens des Vorjahres berechnet wird.

Neben der Quartalsmeldung müssen Selbstständige auch die Jahresmeldung beachten, die bis Ende Januar einzureichen ist.

In der Praxis besteht diese Jahresmeldung aus der Überprüfung des Einkommens, das in den Quartalsmeldungen des Vorjahres auf dem Online-Portal der Sozialversicherung im Bereich „declarações ano anterior“  (Vorjahresmeldungen) angegeben wurde. Wenn alles in Ordnung ist, muss nichts getan werden. Andernfalls muss es korrigiert werden.

Zusammenfassung der zu berücksichtigenden Fristen:

a) 1. bis 31. Januar – Einreichung der Quartalsmeldung für die drei unmittelbar vorangegangenen Monate (Oktober, November und Dezember);

b) 1. bis 31. Januar – Bestätigung der Jahresmeldung zur Beitragsüberprüfung bezogen auf das vorangegangene Kalenderjahr;

c) 1. bis 15. Februar – Korrektur der Quartalsmeldung für Januar;

d) 10. bis 20. Februar – Einreichung des monatlichen Beitrags;

e) 10. bis 20. März – Einreichung des monatlichen Beitrags;

f) 10. bis 20. April – Einreichung des monatlichen Beitrags;

g) 1. bis 31. April – Vorlage der Quartalsmeldung für die drei unmittelbar vorangegangenen Monate (Januar, Februar und März);

h) 1. bis 15. Mai – Korrektur der Quartalsmeldung für Januar;

i) 10. bis 20. Mai – Einreichung des monatlichen Beitrags;

j) 10. bis 20. Juni – Einreichung des monatlichen Beitrags;

k) 10. bis 20. Juli – Einreichung des monatlichen Beitrags;

l) 1. bis 31. Juli – Vorlage der Quartalsmeldung für die drei unmittelbar vorangegangenen Monate (April, Mai, Juni);

m) 1. bis 15. August – Korrektur der Quartalsmeldung für Januar;

n) 10. bis 20. August – Einreichung des monatlichen Beitrags;

o) 10. bis 20. September – Einreichung des monatlichen Beitrags;

p) 10. bis 20. Oktober – Einreichung des monatlichen Beitrags;

q) 1. bis 31. Oktober – Vorlage der Quartalsmeldung für die drei unmittelbar vorhergehenden Monate (Juli, August, September);

r) 1. bis 15. November – Korrektur der Quartalsmeldung für Januar;

s) 10. bis 20. November – Einreichung des monatlichen Beitrags;

t) 10. bis 20. Dezember – Einreichung des monatlichen Beitrags.

Detaillierte Informationen zu Leistungen aus der Sozialversicherung in Portugal finden Sie auf folgende Seite: https://ec.europa.eu/social/main.jsp?catId=1125&langId=de  


3. Antrag auf Vergabe einer Sozialversicherungsnummer

Der Antrag auf Vergabe einer Sozialversicherungsnummer an einen selbstständigen ausländischen Staatsbürger kann über die E-Mail-Adresse ISS-Pedido-NISS@seg-social.pt gestellt wird.

Dieser E-Mail mit dem Antrag auf Nummernvergabe sind folgende Unterlagen beizufügen (online über eine einfache Google-Suche verfügbar):

a) Ausgefülltes Formular: Mod RV 1000-DGSS - Inscrição/ Enquadramento de trabalhador independente;

b) Ausgefülltes Formular: Mod RV 1006-DGSS – Cidadão Estrangeiro – Identificação Complementar;

c) Kopie des Ausweisdokuments;

d) Erklärung über die Anmeldung einer Tätigkeit, ausgestellt von der Steuerbehörde.


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Dieser Text dient ausschließlich zu Informationszwecken und stellt weder eine Rechtsberatung dar, noch begründet er ein Mandatsverhältnis zwischen dem Leser und dem Rechtsanwalt, der den Text verfasst hat.

Foto(s): Diogo Pereira Coelho

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