Vorschaden - Versicherung zahlt nicht

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Ich hatte einen Verkehrsunfall. Im Gutachten steht, dass das Auto einen Vorschaden hatte, weshalb die Versicherung der Unfallgegners nicht zahlen will. 

Was kann ich tun?

Das OLG Bremen hat in seinem Urteil 1 U 90/19 einen guten Leitfaden entwickelt, um hier gegen die Zahlungsverweigerung der Versicherung vorzugehen. 

Die gute Nachricht vorweg: Das OLG hatte in der o.g. Entscheidung die Versicherung zu Zahlung von Schadensersatz verurteilt. 

Dabei hat das Gericht folgende Grundsätze angesprochen:

Erforderlich ist der Nachweis der Verursachung weiterer Schäden im vorgeschädigten Bereich.


Was bedeutet das für mich als Geschädigten?

Als Unfallgeschädigter müssen Sie darlegen und beweisen, dass der aktuelle Schaden, für den Sie Schadensersatz verlangen, unfallbedingt ist und nicht bereits vorhanden war.


Die Versicherung verlangt von mir, dass ich detailliert nachweise, welche Vorschäden das Auto hatte und wie diese repariert wurden.

Hierbei berufen sich die Versicherungen auf die Rechtsprechung von Oberlandesgerichten, welche zum Teil extreme Anforderungen an die Vortragslast eines Unfallgeschädigten gestellt haben (OLG Düsseldorf, 1 U 32/14; OLG Frankfurt am Main, 22 U 190/18; OLG Naumburg, 1 U 79/17; KG Berlin 11 U 79/16).

Diese Gerichte haben gefordert, dass konkret zum Reparaturweg vorgetragen werden müsse. Selbst allein die Vorlage einer Reparaturrechnung wurde teilweise als nicht ausreichen angesehen.

Diesen überzogenen Anforderungen an die Vortragslast hat der BGH mit seiner Entscheidung VI ZR 377/18 mittlerweile eine Absage erteilt. 

Einigkeit besteht dahingehend, dass es nicht ausreicht, auf das äußere Erscheinungsbild des Fahrzeugs abzustellen oder pauschal auf eine fachgerechte Reparatur hinzuweisen. Ebenfalls nicht ausreichend ist die Vorlage eines Privatgutachtens, in dem der Vorschaden nicht offengelegt wurde.


Was sagt der Bundesgerichtshof?

„Der Sachvortrag an eine Partei darf nicht überspannt werden und ist abhängig vom jeweiligen Kenntnisstand der Partei“ (BGH VI ZR 377/18)

Laut BGH kommt es vor allem darauf an:

  • Hat die Partei konkrete Kenntnis vom Vorschaden?
  • Ist das Gericht in der Lage auf Basis des Parteivortrags eine Entscheidung zu treffen?


Es genügt, wenn zu den wesentlichen Parametern der Reparatur vorgetragen wird und auf Basis dieses Vortrags eine Beweisaufnahme möglich ist. Detaillierte Einzelheiten zum Reparaturweg fordert der Bundesgerichtshof dagegen nicht. Aber, es werden Anknüpfungspunkte verlangt, um die Beweisaufnahme durch ein Sachverständigengutachten möglich zu machen. Je detaillierter die Angaben, desto besser. 


Ich habe das Fahrzeug gebraucht gekauft und wusste nichts von einem Vorschaden.

In diesem Fall können keine Einzelheiten zum Vortrag bezüglich des Vorschadens verlangt werden.

Wenn der Beweis gelingt, dass der Vorschaden beseitigt wurde, reicht das erst einmal aus. Auch die Vermutung einer fachgerechten Reparatur genügt, wenn das Fahrzeug in repariertem Zustand gekauft wurde. Die restliche Aufklärung ist dann Sache der gerichtlichen Beweisaufnahme. 


Die Versicherung sagt, sie muss nichts bezahlen, wenn der Vorschaden im Gutachten nicht genannt wurde

Hierzu führt das OLG Bremen aus (1 U 90/19): die gegnerische Haftpflichtversicherung kann die Leistung nicht deshalb verweigern, weil der Geschädigte den Vorschaden verschwiegen hat. Anders ist es im Fall eines Kaskoschadens, da hier ein anderes Vertrauensverhältnis zur Versicherung besteht. Ein Schadensersatzanspruch besteht dann, wenn sich das Gericht davon überzeugen kann, dass bestimmte abgrenzbare Schäden auf das Unfallereignis zurückzuführen sind. Gegebenenfalls kommt bei einer nicht konkret Unaufklärbarkeit/Abgrenzbarkeit auch ein Abschlag bei der Schadensbemessung infrage.

Die Sachverständigenkosten und die Kostenpauschale sind unabhängig davon zu  erstatten, ob Sie die Höhe der Reparaturkosten nachweisen können. Ihnen ist ein Schaden  in Höhe der Sachverständigenkosten entstanden, auch wenn die Höhe der Reparaturkosten zunächst nicht nachgewiesen werden kann (OLG Bremen, Urteil vom 30.06.2021, 1 U 90/19; OLG Düsseldorf, Urteil vom 5.03.2019, 1 U 84/18; OLG Frankfurt, Urteil vom 10.09.2022 U 150/14; OLG München, Beschluss vom 27.01.2006, 10 U 4904/05; OLG Saarbrücken, Urteil vom 28.02.2019, 4 U 56/18).

Sachverständigenkosten sind nur dann nicht zu erstatten wenn das Gutachten aus Gründen, die der Geschädigte zu vertreten hat, nicht verwertbar ist.


Verweigert die Versicherung in Ihrem Fall die Zahlung? Nehmen Sie gerne Kontakt mit mir auch, ich helfe Ihnen gerne weiter.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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