Vorsicht beim Bahnstreik: Arbeitnehmer muss zur Arbeit kommen / Wegerisiko tragen Angestellte

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Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) plant den längsten Streik des Jahres im Tarifkonflikt und wird den Zugverkehr bundesweit lahmlegen. Der Streik ist nach Medienberichten wohl nicht mehr abzuwenden. Ab Sonntagabend, 14. Mai 2023, um 22 Uhr bis Dienstagnacht, 16. Mai, um 24 Uhr soll der gesamte Bahnverkehr stillstehen. Arbeitnehmer, die auf die Bahn angewiesen sind, um an ihren Arbeitsplatz zu gelangen, tragen das sogenannte Wegerisiko. Letztlich müssen sie beinahe um jeden Preis zur Arbeitsstätte kommen. Die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer bietet für Arbeitnehmer und Arbeitgeber in allen arbeitsrechtlichen Fragen eine kostenlose Erstberatung im Online-Check an. Dr. Stoll & Sauer erarbeitet mit erfahrenen Fachanwälten für Arbeitsrecht individuelle und wirtschaftliche Lösungen auf allen Problemfeldern.

Bahn-Streik: Immer alles mit dem Arbeitgeber besprechen

Dieser dritte Warnstreik in der Tarifrunde wird sowohl die Deutsche Bahn als auch fast alle anderen rund 50 Bahnunternehmen betreffen. Sowohl der Fern-, Regional- als auch der Güterverkehr auf der Schiene werden komplett zum Erliegen kommen, wie von der EVG angekündigt. Die Deutsche Bahn hat mitgeteilt, dass der Fernverkehr für die beiden Tage vollständig eingestellt wird. Alle ICE- und IC-Züge werden in den Depots bleiben. Was müssen Arbeitnehmer rechtlich beachten, wenn sie auf die Bahn angewiesen sind, um zur Arbeit zu fahren und es womöglich ihnen nicht gelingt, die Wegstrecke anders zu organisieren? Dr. Stoll & Sauer beantwortet die wichtigsten Fragen zum Thema:

  • Ist ein Streik ein Grund, von der Arbeit fernzubleiben? 

Nein. Das sogenannte „Wegerisiko“ trägt der Arbeitnehmer. Eine mögliche Fortzahlung des Entgelts bei vorübergehender Verhinderung nach § 616 BGB greift nicht, weil der Grund für die Verhinderung nicht „in der Person“ des Arbeitnehmers liegt. Das Wichtigste ist: mit dem Arbeitgeber sprechen und gemeinsam nach Lösungen suchen. Wenn der Streik - wie jetzt - angekündigt ist, muss man das im Vorfeld klären.

  • Was ist für einen Arbeitnehmer zumutbar, damit er trotz Streik am Arbeitsplatz ist?

Fast alles: Taxi, Fahrrad, Mietwagen, Fahrgemeinschaft und auch früher aufstehen. Bei angekündigten Streiks müssen Arbeitnehmer alles unternehmen, was zumutbar ist, um rechtzeitig am Arbeitsplatz zu sein. Wenn dadurch höhere Kosten entstehen als an einem "normalen" Arbeitstag - zum Beispiel für Benzin -, ist das Sache des Arbeitnehmers. Aber Achtung: Wenn zum Beispiel für Menschen mit geringem Einkommen lange und teure Taxifahrten nötig würden, könnte es ausnahmsweise in Ordnung sein, an Streiktagen nicht zur Arbeit zu fahren. Aber auch hier, bitte unbedingt mit dem Arbeitgeber vorher sprechen.

  • Gibt es ein Recht auf Homeoffice in so einem Fall? 

Nein, außer, wenn das vertraglich vereinbart ist. Dennoch: Wenn der konkrete Job es zulässt, ist Homeoffice an den Streiktagen auch spontan eine Option - vorausgesetzt, der Chef ist einverstanden.

  • Muss, wenn es keine Möglichkeit gibt, den Arbeitsplatz zu erreichen, Urlaub gewährt werden? 

Nein, wenn es aber absolut keine zumutbare Möglichkeit gibt, den Arbeitsplatz zu erreichen, fehle ich unverschuldet, bekomme keine Abmahnung, aber auch kein Geld! Grundsatz: Ohne Arbeit kein Geld.

  • Wer übernimmt mögliche Mehrkosten, die durch die Anreise oder mögliche Übernachtungen entstehen? 

Das „Wegerisiko“ trägt der Arbeitnehmer, also der!

  • Müssen Kinder in die Schule, wenn Bus und Bahn streiken?
     
    Es bleibt bei der staatlich angeordneten Schulpflicht, sagen die Kultusministerien. Es findet auch regulärer Unterricht statt, egal ob gestreikt wird oder nicht. In einigen Bundesländern gelten aber für den Streik am Montag Sonderregeln: Zum Beispiel in Bayern, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Mecklenburg-Vorpommern können Schüler ausnahmsweise dem Präsenzunterricht fernbleiben, wenn sie keine alternativen Fahrtmöglichkeiten haben. Die Schule muss dann aber umgehend informiert werden.

Unser Tipp: Wer die Auswirkungen der Streiks vermeiden möchte, sollte sich schnell mit Vorgesetzten in Verbindung setzen und alles in Ruhe besprechen. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, ein paar Tage unbezahlt freizumachen, Urlaub zu nehmen oder Überstunden zu abbauen – aber auch das natürlich in Absprache mit dem Arbeitgeber. 

Gewerkschaftler wollen monatlich 650 Euro mehr Gehalt 

Die EVG begründet den Warnstreik mit den stockenden Verhandlungen, die bereits seit mehr als zwei Monaten stattfinden. Die Gewerkschaft fordert eine monatliche Gehaltserhöhung von mindestens 650 Euro für die Beschäftigten oder eine Erhöhung von zwölf Prozent für höhere Einkommen, bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Die Deutsche Bahn möchte sich hingegen am Tarifabschluss des öffentlichen Dienstes orientieren, der Ende April erzielt wurde. Die Tarifverhandlungen im Bahnsektor laufen seit Ende Februar. Dies ist der dritte bundesweite Warnstreik, zu dem die EVG aufgerufen hat. Im März legte sie gemeinsam mit der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di große Teile des öffentlichen Verkehrs, einschließlich der meisten Flughäfen, für einen Tag lahm. Der zweite Streik im April beschränkte sich auf einen Zeitraum von acht Stunden, führte aber auch zu vielen Ausfällen, insbesondere im Fernverkehr.

Dr. Stoll & Sauer gehört zu den führenden Kanzleien

Bei der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH handelt es sich um eine der führenden Kanzleien in Deutschland. Mit der Expertise von über 30 Anwälten und Fachanwälten steht die Kanzlei in allen wichtigen Rechtsgebieten den Mandanten in den Standorten Lahr, Stuttgart, Kenzingen und Ettenheim zur Verfügung. Die Kanzlei ist unter anderem auf Bank- und Kapitalmarktrecht sowie den Abgasskandal spezialisiert. Hinzu kommen die Themen Arbeits-, IT-, Versicherungs-, Reise-, Sozial-, Wohn-, Wohneigentums-, Handels-, Gesellschafts- und Verwaltungsrecht. Die Gesellschafter Dr. Ralf Stoll und Ralph Sauer führten die Musterfeststellungsklage gegen die Volkswagen AG, handelten für 260.000 Verbraucher einen 830-Millionen-Vergleich aus. Aktuell führen die Inhaber in einer Spezialgesellschaft die Musterklage gegen die Mercedes-Benz Group AG.


Foto(s): Pixabay

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