Vorwerk verliert erstmals Thermomix-Prozess

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Nach geschätzt 50 gewonnen Verfahren kann Vorwerk das erste Verbraucher-Sensationsurteil nur durch ein vollständiges Einknicken verhindern.

Was war passiert?

Unsere Mandantin kaufte am 23. Januar 2019 nach einem obligatorischen Probekochen eine Thermomix-Küchenmaschine TM5. Vorab machte sie sich aber schlau. Sie wusste, dass es bei der Einführung des TM5 schon Ärger mit enttäuschten Kunden gab, da der Wechsel vorab nicht kommuniziert wurde und fragte deswegen genau nach, ob ein Produktwechsel ansteht. Nein, lautete die eindeutige Antwort. Die Repräsentantin in diesem Fall hatte selbst erst im November 2018 bei Vorwerk angefangen. Damals wurde ihr gesagt, dass kein neuer Thermomix in Planung ist. Anlässlich der Kundenanfrage erkundigte sich die Repräsentantin im Januar 2019 nochmals bei der Teamleiterin. Auch dort erhielt sie die altbekannte Aussage: Der Produktzyklus der Thermomix-Serie beträgt ca. 10 Jahre – vorher wird nichts kommen. Diese Bestätigung gab sie dann unserer Mandantin weiter. Erst dann wurde der Kaufvertrag unterschrieben.

Umso überraschender erfolgte nur wenige Wochen später die Produktankündigung des TM6. Der TM5 verlor schlagartig an Wert. Anstelle der bezahlten ca. 1.300,00 Euro wurden Geräte schon für ca. 700,00 Euro im Internet gehandelt. Das muss ein Verbraucher nicht hinnehmen, oder?

Vorwerk gewinnt zahlreiche Prozesse

Nach unseren Informationen blieben die in diversen Online-Foren heraufbeschworenen Sammelklagen aus. Nicht nur, dass eine Sammelklage prozessual nicht das korrekte Mittel der Wahl gewesen wäre, es wurden auch ansonsten schlichtweg wenige Verfahren geführt. Obwohl allein in einer Online-Gruppe auf Facebook etwa 700 Geschädigte ihren Unmut äußerten, waren offenbar nur wenige klagebereit. Aus Vorwerkkreisen haben wir von nicht mehr als 50 Verfahren gehört, die nach unserer Kenntnis Vorwerk zudem alle gewinnen oder zumindest positiv beenden konnte. Auch die Verbraucherzentrale hielt das Vorgehen Vorwerks unschön, aber legitim.

Hersteller hat keine Aufklärungspflicht

Nach unserer Rechtseinschätzung wurden die bisherigen Verfahren jedoch nicht mit der zwingend notwendigen Argumentationsstruktur geführt. Daher muss auch die Entscheidung des Landgerichts Wuppertal vom 09.01.2020 (9 S 179/19) richtig eingeordnet werden. Streitig war nämlich in dem Verfahren ausschließlich, ob Vorwerk einer eigenständigen Aufklärungspflicht unterliegt, also von sich aus Verbraucher hätte über ein anstehendes Nachfolgermodell aufklären müssen. Rechtlich ist diese Frage schon durch die Auslaufmodelle Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 03. Dezember 1998 (I ZR 63/96) weitgehend geklärt: Unternehmen haben bei Produktwechsel keine proaktive Aufklärungspflicht. Allerdings – und damit setzt sich das Urteil des LG Wuppertal leider überhaupt nicht auseinander – handelte der BGH-Fall von einer wettbewerbsrechtlichen Auseinandersetzung. Die Maßstäbe im Wettbewerbsrecht, wo Unternehmen gegen Unternehmen kämpfen, sind aber selbstredend von einem Verbrauchergeschäft zu unterscheiden. Das Gericht berücksichtige ebenfalls nicht, dass die besondere Vertriebsform beim Thermomix schon für sich eine gegenteilige Entscheidung rechtfertigen kann. Denn wenn Vorwerk mittels Probekochen ein ganz besonderes Vertrauensverhältnis für sich in Anspruch nimmt, wird sich Vorwerk hieran auch messen müssen. Daher ist auch in dieser Rechtsfrage das letzte Wort noch nicht gesprochen.

Täuschung führt zur Rückabwicklung

Nichtsdestotrotz darf Vorwerk Verbraucher nicht bewusst täuschen. Wenn der Produktzyklus der Thermomix-Serie Gegenstand des Verkaufsgesprächs/Probekochens gewesen ist, hätte die einzig rechtmäßige Antwort lauten müssen, dass es einen abweichenden Produktzyklus gab. Jede andere Antwort, die den bisherigen Produktzyklus als gleichbleibend suggeriert, stellt eine Täuschung dar, die Verbraucher nicht hinnehmen müssen.

Im Verfahren führte Vorwerk an, die Repräsentanten haben überhaupt nicht täuschen können, denn sie haben ja selbst nichts von dem Produktwechsel gewusst. Ein Irrglaube! Im Strafrecht würde man die Repräsentanten als willenloses Werkzeug bezeichnen und auch im Verbraucherschutz ist das nicht anders. Denn eine Täuschungshandlung durch den gutgläubigen Vertreter (Repräsentanten) wird dem arglistigen Vertretenen (Vorwerk) zugerechnet.

Was durfte Vorwerk sagen und was nicht?

Mehr Informationen finden Sie direkt auf unserer Homepage:

https://www.karimi.legal/2020/01/vorwerk-verliert-erstmals-thermomix-prozess/

Was können wir für Sie tun?

Wurden Sie ebenfalls durch Vorwerk getäuscht, dann bieten wir Ihnen ein kostenloses Erstgespräch an, um auch Ihre Prozesschancen gemeinsam mit Ihnen zu ermitteln.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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