Wann bekomme ich Schmerzensgeld?

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Bei der Abgrenzung zwischen Verkehrssicherungspflichten und Mitverschulden kommt es maßgeblich auf die Erwartungen des Verkehrs an. Wenn eine typische Gefahr vorliegt, mit der der Geschädigte hätte rechnen müssen bzw. die für ihn erkennbar war, liegt regelmäßig schon gar keine Verkehrssicherungspflicht vor. Es kommt auch nicht auf ein Mitverschulden an.

1. Ausrutschen auf dem Glatteis

Nach ständiger Rechtsprechung des BGH liegt eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht bzw. ein Verstoß gegen winterliche und Streupflichten nur vor, wenn eine allgemeine Glätte vorliegt oder wenn erkennbare Anhaltspunkte für eine ernsthaft drohende Gefahr aufgrund vereinzelter Glätte stellen vorliegen. Auch eine gemeine Satzung über den Straßenreinigungs- und Winterdienst kann hier nicht weiterhelfen. Diese müsse nämlich nach Ansicht des obersten Gerichts so verstanden werden, dass keine Leistungspflichten begründet werden, die über die Grenze der allgemeinen Verkehrssicherungspflichten hinausgehen (BGH, Urteil vom 14.02.2017, VI ZR 254/16).

2. Schaden durch herabfallende Äste

Normalerweise hat derjenige, der die Verfügungsgewalt über ein Grundstück ausübt, soweit möglich und zumutbar dafür zu sorgen, dass von dort stehenden Bäumen keine Gefahr für die Rechtsgüter anderer ausgeht. Dazu gehört es, den Baumbestand in angemessenen Zeitabständen zum Beispiel auf Krankheitsbefall oder Äste, die herunterfallen können, zu überwachen. Auch wenn der Eigentümer des Grundstücks die Verkehrssicherungspflicht auf Dritte wie zum Beispiel Mieter oder Streuunternehmen abgibt, verbleiben noch Kontrollpflichten beim Eigentümer, selbst wenn er ganz woanders wohnt und daher keine Sachherrschaft mehr ausüben kann. Nach Ansicht des BGH verbleibt dennoch eine Einwirkungsmöglichkeit des Eigentümers, die eine Verkehrssicherungspflicht begründet (BGH, Urteil vom 13.06.2017, VI ZR 395/16).

3. Fahrradsturz im Wald

Nach Ansicht des OLG Frankfurt fällt eine Haftung des Waldbesitzers für waldtypische Gefahren aus, weil sich der Waldbesucher mit dem Betreten des Waldes bewusst derartigen Gefahren aussetzt. Dies gilt auch beim Betreten von Waldwegen, die mangels entsprechender Widmung keine öffentlichen Straßen sind. Ein Loch im Wald sei eine solche waldtypische Gefahr. Eine Haftung fällt aber auch aus, wenn es zwar eine atypische Gefahr darstellt, aber für die Verkehrsteilnehmer als Gefahrenquelle ausreichend erkennbar war. Denn der Verkehr ist regelmäßig nur vor Gefahren zu schützen, die er selbst bei der zu erwartenden Sorgfalt erfahrungsgemäß nicht oder nicht rechtzeitig erkennen und vermeiden kann. War die Gefahr also klar erkennbar, scheidet eine Haftung aus (OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 30.10.2017, 13 U 111/17).

4. Stürzen im Eingangsbereich des Supermarkts wegen Glätte

Nach Ansicht des OLG ist eine Verkehrssicherungspflicht bzw. eine (nachvertragliche) Rücksichtnahmepflicht dann gegeben, wenn es nach den Witterungsverhältnissen vorhersehbar sei, dass sich die Nässe im Eingangsbereich ansammelt und kein Reinigungs- oder Winterdienst eingesetzt wird. Allerdings hat das Gericht auch ein Mitverschulden in Höhe von 25 % angenommen, da es sich für den Käufer aufgedrängt habe, dass es bei den herrschenden Witterungsverhältnissen eine erhöhte Gefahr des Ausrutschens gibt (OLG München, Urteil vom 18.01.2017, 20 U 4062/16).

Rechtsanwalt Matthias Richter

Spezialisiert auf Schmerzensgeld


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