Wann und wie viel muss ich für meine Eltern zahlen: Das Thema Elternunterhalt kompakt erklärt

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Der Gedanke, für die eigenen Eltern finanziell aufkommen zu müssen, kann viele Fragen aufwerfen. Von den Voraussetzungen über die Berechnung bis hin zu möglichen Ausnahmen und Konsequenzen - hier erfahren Sie alles, was Sie dazu wissen müssen. Verantwortung und finanzielle Unterstützung für die Eltern sind ein wichtiger Aspekt im Leben und sollten im Blick behalten werden, wenn das Einkommen eine gewisse Grenze übersteigt.


1. Wann muss ich für meine Eltern zahlen? Die Voraussetzungen im Überblick

In welchen Situationen müssen erwachsene Kinder für ihre Eltern finanziell aufkommen? Grundsätzlich besteht die Pflicht zur Unterstützung der Eltern, wenn diese bedürftig sind und selbst nicht für ihren eigenen Lebensunterhalt aufkommen können. Dies ist in der Regel der Fall, wenn die Rente der Eltern nicht ausreicht und sie Grundsicherung beantragen müssen oder die Rente nicht ausreicht, um die entstehenden Kosten für ein Pflegeheim zu zahlen.

Das Vermögen der Eltern wird bei der Feststellung, ob sie bedürftig sind, berücksichtigt. Es ist wichtig zu wissen, dass die Unterhaltspflicht erst dann eintritt, wenn das eigene Einkommen bestimmte Grenzen überschreitet. Daher ist es ratsam, sich frühzeitig über die rechtlichen Rahmenbedingungen und individuellen Verpflichtungen im Bereich des Elternunterhalts zu informieren.

2. Wer muss zahlen?

Kinder müssen für den Unterhalt ihrer Eltern nur noch aufkommen, wenn ihr Jahreseinkommen -konkret Ihr Bruttoeinkommen abzüglich Werbungskosten -über 100.000 € liegt. Wer über ein Bruttojahreseinkommen über 100.000 € verfügt, aber durch Abzug von Werbungs­kosten unter diese Grenze rutscht, kann nicht zu Unter­halts­zahlungen heran­gezogen werden. Zum Einkommen zählen allerdings alle Einkünfte – auch z.B. aus Vermietung und Kapital­erträgen. Das Sozial­amt entnimmt diese Zahlen in der Regel den Steuer­bescheiden der Betroffenen. Liegt Ihr Einkommen darin unter der 100.000 € Grenze sind Sie grundsätzlich von der Unterhaltspflicht befreit.


3. Wie wird die Höhe des Elternunterhalts berechnet?

Die Höhe des Elternunterhalts richtet sich nach der Differenzmethode. Ihr eigenes um verschiedene Abzüge bereinigtes Nettoeinkommen wird um einen Selbstbehalt reduziert. Der Selbstbehalt soll Ihre eigenen Lebenshaltungskosten abdecken. Das darüberhinausgehende Einkommen kann dann grundsätzlich zur Hälfte für den Elternunterhalt herangezogen werden. Wie hoch aber der Selbstbehalt ist, wird seit 2021 nicht mehr in der Düsseldorfer Tabelle festgelegt, so dass hier ein weiter Spielraum besteht, der in der Auseinandersetzung über den Elternunterhalt mit dem Sozialamt genutzt werden sollte.


Beispiel: Philipp erzielt monatlich 10.000 Euro brutto durch seine Anstellung und weitere 5.000 € im Monat durch Vermietungen, er verfügt entsprechend über ein Jahreseinkommen von 180.000 Euro, von dem Werbungskosten in Höhe von 10.000 € jährlich, die bei Philipp anfallen, in Abzug zu bringen sind. Da Philipp auch nach Abzug der Werbungskosten noch über ein Jahreseinkommen von 170.000 € verfügt, überschreitet er die 100.000 € Grenze, so dass er seiner Mutter, die im Pflegeheim lebt, grundsätzlich Elternunterhalt schuldet. Das Sozialamt muss nun aber erstmal die Höhe des zu leistenden Unterhaltes berechnen.


Dazu muss es von Philipps Nettoeinkommen zulässige Abzüge abziehen. Hätte Philipp dann nach Abzug der zulässigen Abzüge 10.000 € netto, würde ihm davon zunächst ein Selbstbehalt in Abzug gebracht werden müssen. Bei einem erhöhten Selbstbehalt von z.B. 5.000 € ergibt sich dann ein Anspruch auf Elternunterhalt in Höhe der Hälfte der verbleibenden 5.000 €, also 2.500 Euro im Monat. Diesen Beitrag müsste Philipp dann für die Pflegekosten seiner Mutter monatlich aufbringen.


4. Welche Einkünfte der Eltern werden beim Elternunterhalt berücksichtigt?

Bei der Berechnung des Elternunterhalts werden aber auch die verschiedenen Einkünfte der Eltern berücksichtigt. Dazu zählen neben dem Einkommen aus Renten auch Mieteinnahmen, Zinseinnahmen, Kapitalerträge und weitere Einkünfte aus Vermögen. Auch Unterhaltszahlungen von Kindern oder anderen Unterhaltspflichtigen können Einfluss auf die Höhe des Elternunterhalts haben. 


Beispiel: Philipps Mutter verfügt über ein eigenes Einkommen aus Rente und Vermietungen in Höhe von 1.500,00 € monatlich. Dieses Einkommen wird zunächst für die Deckung der Pflegeheimkosten herangezogen. Nur wenn danach noch Kosten für das Pflegeheim ungedeckt bleiben, musss Philipp diese mit einem Betrag von maximal 2.500 € monatlich (wie im Bespiel zuvor ermittelt) decken.


Es ist wichtig zu beachten, dass nicht alle Einkünfte der Eltern vollständig für den Unterhalt herangezogen werden können – es gibt Freibeträge und Abzüge, die berücksichtigt werden. Daher ist es ratsam, sich genau über die Regelungen und Berechnungsmethoden zu informieren, um eine realistische Einschätzung der eigenen finanziellen Verpflichtungen zu erhalten. In vielen Fällen kann es sinnvoll sein, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, um eine faire und angemessene Regelung zu finden.


5. Verwirkung des Elternunterhaltes: Wann muss ich nicht zahlen, obwohl ich die 100.000 € Grenze überschreite?

Der Anspruch der Eltern auf Unterhalt kann verwirkt sein. Eine solche Verwirkung liegt vor, wenn es im Einzelfall grob unbillig wäre, von den Kindern Unterhalt zu verlangen. Dies kann der Fall sein, wenn die Eltern in der Vergangenheit ihre Pflichten gegenüber den Kindern schwerwiegend verletzt haben, durch Missbrauch, Vernachlässigung oder ähnliche schwere Verfehlungen. Hierzu hat die Rechtsprechung drei Fallgruppen entwickelt, in denen eine Unterhaltsschuld wegen Unbilligkeit entfällt:

a. Sittliches Verschulden
Wenn Eltern ihre Bedürftigkeit durch Spiel-, Trunk- oder Drogensucht selbst verursacht haben, kann eine Unbilligkeit vorliegen. Die Sucht muss hierzu aber durch die Eltern selbst verschuldet sein, z.B. weil sie eine Behandlung stets verweigerten.

b. Vernachlässigung der eigenen Unterhaltspflicht 

Haben die Eltern ihre Kinder in deren Kindheit oder Ausbildungszeit selbst nicht oder nicht ausreichend finanziell unterstützt, kann auch hieraus eine Unbilligkeit entstehen.

c. Schwere Verfehlung gegen Unterhaltspflichtigen oder einen nahen Angehörigen
Haben sich die Eltern einer schweren Verfehlung z.B durch Bedrohungen, körperliche Gewalt, Kontaktabbruch oder gar sexuelle Misshandlung gegenüber ihren Kindern oder deren Angehörige schuldig gemacht, kann auch dies zu einer Unbilligkeit führen. 

Zu einem vollständigen Ausschluss der Unterhaltspflicht führen nur schwere Verfehlungen der Eltern. Sollten Ihre Eltern sich Verfehlungen schuldig gemacht haben, ist es wichtig, dies detailliert und gut vorbereitet der Behörde vorzutragen. Wir haben mit der richtigen Vorgehensweise bereits in zahlreichen Fällen eine Verwirkung des Elternunterhaltsanspruches bei Behörden durchsetzen können.


6. Unterhaltspflicht der Geschwister: Wer muss in welchem Maße unterstützen?

Grundsätzlich sind alle Kinder ihren Eltern zum Unterhalt verpflichtet. Seit Einführung der 100.000 € Grenze kommt es jedoch häufig dazu, dass nur ein Kind die Grenze überschreitet, dessen Geschwister aber nicht.

Dann kann das Sozial­amt nur das Kind in Regress nehmen, das die Grenze überschreitet. Dieses Kind muss aber nicht den Anteil der Geschwister mittragen, die nicht in Regress genommen werden, wenn diese leistungsfähig sind. So ging es aus einem „FAQ“ des Bundes­sozial­ministeriums zum Angehörigen-Entlastungs­gesetz hervor, das mittlerweile gelöscht wurde. Darauf sollten Sie sich berufen, falls Sie leistungsfähige Geschwister haben, die die 100.000 € Grenze nicht überschreiten.

7. Welche Konsequenzen drohen bei Nichtzahlung des Elternunterhalts?

Die Nichtzahlung des Elternunterhalts kann schwerwiegende Folgen haben. Das zuständige Sozialamt kann in solchen Fällen versuchen, einen Unterhaltsanspruch gerichtlich durchzusetzen. Es ist daher ratsam, sich frühzeitig über die Pflichten und Konsequenzen im Zusammenhang mit dem Elternunterhalt zu informieren und gegebenenfalls professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.


Foto(s): https://pixabay.com/de/photos/pflege-für-ältere-menschen-6970006/

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