Was muss ich meinem Kind während des Umgangs mit dem anderen Elternteil mitgeben und was nicht?

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1. Einleitung

Eine Trennung bringt aufgrund zwangsläufig auftretender Veränderung einige bis zur Trennung unbeachtete Fragen zu Tage. Dies gilt umso mehr, wenn Kinder involviert werden.

Denn mit einer Trennung von Eltern geht in den allermeisten Fällen eine räumliche Trennung – also der Umzug eines Elternteils – einher. Der Wunsch nach der Trennung wieder eigenständig eigene Wege zu gehen, auch hinsichtlich der Wohnsituation, ist durchaus nachvollziehbar und grundsätzlich nicht zu versagen. Doch wenn Kinder vorhanden sind, stellt sich in diesem Zuge zwangsläufig die Frage, bei welchem Elternteil die Kinder künftig wohnen werden, also den Großteil der Zeit verbringen. Es ist zwar auch die Durchführung eines sogenannten Wechselmodels möglich, bei welchem die Kinder genau hälftig von beiden Elternteilen betreut werden. Dies birgt aber, aufgrund der wechselnden Betreuung, nicht selten besondere Herausforderungen; so etwa müssen entweder die Kinder oder aber die Elternteile ihren Wohnort ebenfalls wechseln, wenn die Betreuung wechselt.

Um diese besonderen Herausforderungen zu vermeiden, kann auch ein Hauptbetreuungselternteil bestimmt werden, bei welchem sich die Kinder im Wesentlichen aufhalten und von welchem sie im Wesentlichen betreut werden. Um die Beziehung des anderen – nicht hauptsächlich betreuenden – Elternteils zu den Kindern nicht zu gefährden, hat dieser ein sogenanntes Umgangsrecht mit den Kindern. Im Rahmen dieses Umgangs kann der Elternteil, welcher nicht Hauptbetreuungselternteil ist, eigenständig und selbstbestimmt (hinsichtlich der Aktivitäten) Zeit mit den Kindern verbringen. Dieses Umgangsrecht beinhaltet dabei auch die Möglichkeit, die Kinder während der Umgangszeiten zu sich zu nehmen oder auch etwa Urlaube mit diesen allein zu verbringen.

Die nachfolgenden Überlegungen betreffen indes in gleicher Weise Elternteile, die ihre Kinder im Wechselmodel betreuen, wie solche Eltern, die einen regelmäßigen Umgang bestimmen. Denn in beiden Konstellationen findet ein Wechsel der tatsächlichen Betreuungssituation statt, nach welcher jeweils – für eine gewisse Zeit – nur ein Elternteil die Kinder betreut.

Der Umstand, dass der jeweilige Elternteil Zeit mit den Kindern aber ohne den anderen Elternteil verbringt, ist zwar sehr zu begrüßen, führt aber in manchen Fällen auch zu der Frage, welche Unterlagen, Dokumente oder Gegenstände der Kinder an den Umgangselternteil herauszugeben sind.

Dieser Beitrag versucht daher zu klären, welche Gegenstände nach der gesetzlichen Regelung zusammen mit den Kindern zu übergeben sind. Dabei kann dieser Beitrag nicht auf alle erdenklichen Besonderheiten etwaiger Einzelfälle eingehen und erhebt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit und ersetzt in Zweifelsfällen keinesfalls das Aufsuchen eines Rechtsanwalts, um eine umfassende Rechtsberatung im Einzelfall zu erhalten.

2. Gesetzliche Regelung

In der nicht-höchstrichterlichen Rechtsprechung herrscht derzeit noch Uneinigkeit darüber, welche gesetzliche Regelung für die Frage des Anspruchs auf Herausgabe von Gegenständen im Rahmen des Umgangs heranzuziehen ist. Einig sind sich die nicht-höchstrichterlichen Gerichte derzeit nur, dass ein solcher Herausgabeanspruch des umgangsberechtigten Elternteils jedenfalls besteht.

Der Bundesgerichtshof hat hier nunmehr hoffentlich etwas Einigkeit geschaffen, indem er als Rechtsgrundlage des Herausgabeanspruchs des Umgangsberechtigten hinsichtlich benötigter Gegenstände §§ 1632 Abs. 1, 1684 Abs. 2 BGB in analoger Anwendung heranzieht. Der Bundesgerichtshof vertritt dabei in nachvollziehbarer Weise die Auffassung, dass es der Gesetzgeber bei der Gesetzesänderung (nach altem Recht folgte der Herausgabeanspruch aus § 50d FGG a.F.) schlicht übersehen hatte, den Übergabeanspruch von Gegenständen ebenfalls zu regeln. Argument des Bundesgerichtshofs für die analoge Anwendung der Regelungen, welche das Sorgerecht betreffen (§ 1632 Abs. 2 BGB), ist dabei maßgeblich, dass die Interessenlage, nämlich auch bei einem Umgang dem jeweiligen Elternteil die gemeinsame Zeit mit den Kindern unkompliziert und ohne Einschränkungen zu ermöglichen, mit dem Sorgerecht durchaus vergleichbar ist. Um dies zu ermöglichen, sollen dann gerade auch Gegenstände und Dokumente, die für eine unkomplizierte Zeit ohne Einschränkungen nötig sind, erfasst werden.

3. Was muss nun herausgegeben werden?

Der Herausgabeanspruch für Gegenstände und Unterlagen, welche der Bundesgerichtshof also in analoger Anwendung der §§ 1632 Abs. 1, 1684 Abs. 2 BGB herleitet, erfasst daher alle Gegenstände, die die Kinder für die Durchführung des Umgangs und während dieser Umgangszeit und den damit einhergehenden Aufenthaltswechsel benötigen.

Entscheidend ist demnach ausschließlich die Frage: Was benötigen die Kinder während des Umgangs bzw. infolge des Aufenthaltswechsels?

Eine allgemeingültige Antwort auf diese Frage lässt sich nicht geben, da die individuellen Bedürfnisse der jeweiligen Kinder unterschiedlich sind und zudem auch davon abhängen, welche Aktivitäten während des Umgangs geplant sind. So werden andere Dokumente und Gegenstände etwa dann benötigt, wenn ein Auslandsurlaub ansteht, als wenn ein ausschließlicher Aufenthalt im Inland erfolgen soll.

Sofern eine berechtigte Auslandsreise Teil des Umgangs ist, werden auch nötige Reisedokumente wie zum Beispiel der Reise- oder Kinderpass von dem Herausgabeanspruch erfasst.

Weiter werden etwa Kleidung, Schulsachen, Krankenversicherungskarten, Spielsachen, Bücher, und Handys aber auch Impfpässe und Untersuchungshefte von dem Herausgabeanspruch erfasst, soweit die jeweiligen Gegenstände oder Dokumente für die Durchführung des Umgangs in einer unkomplizierten und uneingeschränkten Weise erforderlich sind.

Herauszugeben ist damit all das, ohne das der Umgang nicht stattfinden kann. Mithin also genau das, was das Kind während des Umgangs zwingend benötigt.

Besteht hingegen die berechtigte Besorgnis, dass der Umgangselternteil nach der Herausgabe bestimmter Gegenstände seine elterliche Kompetenz überschreiten wird, etwa weil zu befürchten ist, dass die Kinder dauerhaft ins Ausland entführt werden, kann der Herausgabeanspruch auch beschränkt werden, soweit dies die gegenseitige Loyalitätspflicht der beiden Eltern erfordert.

4. Fazit

Der Umgang eines Elternteils mit den Kindern soll die Beziehung des Elternteils zu diesen aufrechterhalten. Daher soll der Umgang in einer Weise erfolgen, die es den Kindern ermöglicht, eine unkomplizierte und uneingeschränkte Zeit mit dem Umgangsberechtigten zu verbringen.

Um Komplikationen oder Einschränkungen während des Umgangs auszuschließen, sollen dem umgangsberechtigten Elternteil alle Gegenstände, Unterlagen und Dokumente heraus- bzw. mitgegeben werden, die benötigt werden, die das Kind während des Umgangs benötigt. Dies kann etwa von dem Lieblingsspielzeug bis hin zum Reise-/Kinderpass und auch dem Impfpass reichen.

Herauszugeben ist mithin all das, ohne das der Umgang nicht stattfinden kann bzw. erhebliche Einschränkungen erfahren würde. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Maßgebliche Vorschriften

§ 1632 BGB: Herausgabe des Kindes; Bestimmung des Umgangs; Verbleibensanordnung bei Familienpflege

„(1) Die Personensorge umfasst das Recht, die Herausgabe des Kindes von jedem zu verlangen, der es den Eltern oder einem Elternteil widerrechtlich vorenthält.

(2) …“

§ 1684 BGB: BGB Umgang des Kindes mit den Eltern

„(1) Das Kind hat das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil; jeder Elternteil ist zum Umgang mit dem Kind verpflichtet und berechtigt.

(2)  1Die Eltern haben alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum jeweils anderen Elternteil beeinträchtigt oder die Erziehung erschwert. 2Entsprechendes gilt, wenn sich das Kind in der Obhut einer anderen Person befindet.

(3)  …“

Foto(s): https://pixabay.com/de/photos/passieren-reisepass-id-2530813/

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