Weisungsrecht des Arbeitgebers eingeschränkt

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Die vorläufige Bindungswirkung unbilliger Weisungen besteht nicht mehr, Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 18. Oktober 2017 – 10 AZR 330. Wurde die Befolgung der angeblich unbilligen Weisung zu Unrecht verweigert, besteht jedoch das Risiko, den Vergütungsanspruch zu verlieren.

Nach § 106 Gewerbeordnung kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmung einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

Nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 18. Oktober 2017 – 10 AZR 330 – besteht eine vorläufige Bindungswirkung unbilliger Weisungen aber nicht mehr.

Die vormalige Rechtsprechung war eine andere. Hiernach mussten noch unbillige Weisungen befolgt werden.

In dem Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 18. Oktober 2017 – 10 AZR 330 – wird in Bezug auf die frühere Rechtslage unter anderem ausgeführt:

Allerdings hat der Fünfte Senat mit Urteil vom 22. Februar 2012 (- 5 AZR 249/11 - Rn. 24, BAGE 141, 34) entschieden, dass sich ein Arbeitnehmer über eine unbillige Ausübung des Weisungsrechts - sofern sie nicht aus anderen Gründen unwirksam sei - nicht hinwegsetzen dürfe, sondern entsprechend § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB die Gerichte für Arbeitssachen anrufen müsse. Wegen der das Arbeitsverhältnis prägenden Weisungsgebundenheit sei der Arbeitnehmer an die durch die Ausübung des Weisungsrechts erfolgte Konkretisierung ua. des Inhalts der Arbeitsleistung vorläufig gebunden, bis durch ein rechtskräftiges Urteil die Unverbindlichkeit der Leistungsbestimmung feststehe. Diese Entscheidung hat in Rechtsprechung und Schrifttum Zustimmung erfahren, m.w.N.

Insoweit wurde der Fünfte Senat mit Urteil vom 22. Februar 2012 (- 5 AZR 249/11 - Rn. 24, BAGE 141, 34) wegen der früheren Geltung zitiert.

Bei der Nichtbefolgung als unbillig empfundener Weisungen sind aber auch Risiken gegeben.

Die folgenden Fallkonstellationen schildern die Risiken im Falle der unberechtigten Nichtbefolgung einer als unbillig empfundenen Weisung. Hier besteht das Risiko, den Vergütungsanspruch zu verlieren, wie schon angedeutet.

 Es beständen auch keine praktischen Gründe, von einer vorläufigen Verbindlichkeit auszugehen, so das Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 18. Oktober 2017 – 10 AZR 330. Spreche der Arbeitgeber eine Weisung aus, sei diese für ihn als Bestimmungsberechtigten verbindlich. Befolge der Arbeitnehmer diese Weisung und erbringe er - unabhängig von einer möglichen Unbilligkeit - seine Arbeitsleistung, werde das Arbeitsverhältnis in der Form durchgeführt, die der Arbeitgeber begehre. Eine Verpflichtung des Arbeitnehmers, sich gegen unbillige Weisungen zu wehren, bestehe nicht, vielmehr könne er diese hinnehmen (vgl. zB LAG Berlin-Brandenburg 31. Mai 2013 - 6 Sa 373/13 - zu 1.1.1.3.3.3 der Gründe; Staudinger/Rieble aaO § 315 Rn. 414). Ändere der Arbeitnehmer insoweit seine Auffassung, könne sein Recht zur Geltendmachung der Unbilligkeit - wie jedes andere Recht - verwirken (vgl. zu diesem Aspekt: LAG Düsseldorf 6. April 2016 - 12 Sa 1153/15 - zu A II 3 c der Gründe; Schaub/Linck aaO § 45 Rn. 19a). Akzeptiere der Arbeitnehmer hingegen eine Weisung, die er als unbillig ansieht, nicht und erbringe keine Arbeitsleistung, trage er das Risiko, ob ein Gericht im Rahmen der Prüfung nach § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB seine Einschätzung teile (vgl. zur Risikoverteilung: BAG 29. August 2013 - 2 AZR 273/12 - Rn. 32; 19. Januar 2016 - 2 AZR 449/15 - Rn. 29). Sei dies nicht der Fall, könne der Arbeitgeber Sanktionen aussprechen und der Arbeitnehmer verliere seinen Vergütungsanspruch, so das Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 18. Oktober 2017 – 10 AZR 330.

 Fazit:  Das Weisungsrecht soll dem Arbeitgeber ermöglichen, den Arbeitsvertrag und die dort regelmäßig nur rahmenmäßig ausgestaltete Arbeitspflicht in der von ihm gewollten Form zu konkretisieren. § 106 GewO normiert dabei ausdrücklich Grenzen, die zum einen in den rechtlichen Rahmenbedingungen (Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarungen, Tarifvertrag, Gesetz) und zum anderen im billigen Ermessen liegen. 


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