Wenn Eltern um die Impfung des Kindes streiten

  • 2 Minuten Lesezeit

Können sich die Eltern eines minderjährigen Kindes, die die elterliche Sorge gemeinsam ausüben, in einer für ihr Kind erheblichen Angelegenheit nicht auf eine einvernehmliche Regelung einigen, so kann das Familiengericht gemäß § 1628 S. 1 BGB einem von ihnen die Entscheidung übertragen.

In dem vom OLG Thüringen (Beschluss vom 07.03.2016 – 4 UF 686/15) entschiedenen Fall konnten sich die Eltern nicht einigen, ob und in welchem Umfang ihre Tochter geimpft werden soll. Während der Vater auf einer umfassenden Vorsorge nach den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) bestand, lehnte die Mutter sämtliche Impfungen wegen des Risikos von Impfschäden ab.

Die Entscheidung des OLG Thüringen ist aus zwei Gründen interessant.

Zum einen stellte das erkennende Gericht klar, dass es sich bei der Impffrage um eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung für das Kind und keine Angelegenheit des täglichen Lebens handelt. Begründet wurde die Entscheidung damit, dass eine Impfung genauso mit gewissen Risiken verbunden ist wie eine Nichtimpfung. Statistisch betrachtet ist die Gefahr von Komplikationen und Nebenwirkungen einer Impfung gering. Genauso gering ist auch das Risiko, aufgrund der Nichtimpfung an einer Infektion zu erkranken. Kommt es im Einzelfall jedoch zu einer Gesundheitsschädigung, so kann das Gefährdungsausmaß nicht nur für die Gesundheit, sondern auch für das Leben des Kindes gravierend sein.

Zum anderen entschied das Gericht, dass die Entscheidung über die Impfung oder die Nichtimpfung des Kindes auf denjenigen Elternteil zu übertragen ist, der eine der STIKO-Empfehlung entsprechende Impfung des Kindes beabsichtigt.

Diese Entscheidung wird damit begründet, dass die staatlichen Stellen – hier repräsentiert durch die STIKO – sich der Zuarbeit und des Rats von Expertenkommissionen sowie Fachgremien bedienen und auf statistisches Datenmaterial und Erkenntnisquellen aus der Forschung zurückgreifen, bevor sie eine öffentliche Gesundheitsempfehlung aussprechen (FamRZ 2016, 1177).

Die aktuell von der STIKO empfohlenen Impfungen sind: Tetanus, Diphtherie, Pertussis, Pneumokokken, Rotaviren, Meningokokken C, Masern, Mumps und Röteln.

Was bedeutet die Entscheidung des OLG Thüringen für die Praxis?

Sollten sich die Eltern über die Impffrage nicht einig sein, müssen sie im Fall der gerichtlichen Auseinandersetzung damit rechnen, dass die Entscheidung dem Elternteil übertragen wird, der eine von der STIKO empfohlene Impfung des Kindes befürwortet. Mit einer anderen Entscheidung ist nur dann zu rechnen, wenn besondere einzelfallbezogene Umstände vorliegen.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwältin Oleksandra Cofala

Beiträge zum Thema