Wer muss die Kosten beim Streit vor dem Arbeitsgericht tragen?

  • 6 Minuten Lesezeit

Regelmäßig stellt sich für den rechtssuchenden Bürger im Rahmen der Beratung in arbeitsrechtlichen Streitigkeiten die Frage, welche Kosten entstehen und wer diese in der arbeitsgerichtlichen Auseinandersetzung am Ende zu tragen haben wird? Für den rechtssuchenden Arbeitnehmer sind diese Kostenfragen oft eine Wissenschaft für sich, die sich nur dem Eingeweihten erschließt. ilex Rechtsanwälte stellt deshalb die speziellen Kostengrundsätze im arbeitsgerichtlichen Verfahren verständlich dar. Das wir mit der Beantwortung dieser recht komplexen Frage einen Nerv getroffen haben, zeigt sich daran, dass dieser Beitrag inzwischen über 100.000 mal aufgerufen wurde.

Überblick:

  • Aus welchen Kostenpositionen bestehen Kosten im Arbeitsgerichtsverfahren?
  • Wer trägt in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren welche Kosten?
  • Warum trägt im arbeitsgerichtlichen Verfahren jede Partei ihre Anwaltskosten selbst?
  • Warum ist dies außerhalb von arbeitsgerichtlichen Verfahren anders?
  • Welcher Nachteil geht damit einher?
  • Was bedeutet dies praktisch?
  • Mit welchen Gerichtsgebühren müssen Sie beim Arbeitsgericht rechnen?
  • Welche Möglichkeiten bestehen, wenn ich kein Geld habe?
  • Zahlt meine Rechtsschutzversicherung die Kosten?

Wer trägt in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren die Kosten?

In jedem Gerichtsverfahren gibt es grundsätzlich drei Kostenpositionen, die am Ende einer übernehmen: a) Die eigenen Anwaltskosten, wenn Sie sich anwaltlich vertreten lassen. b) Die Anwaltskosten des Prozessgegners (hier in der Regel der Arbeitgeber) und c) die Gerichtskosten.

Wer trägt in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren welche Kosten?

In der ersten Gerichtsinstanz in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren existieren bei der Pflicht zu Kostentragung eine Besonderheiten. Normalerweise werden alle drei Kostenpositionen in der Regel der unterlegenen Partei auferlegt oder anteilig verteilt, wenn eine Partei teils obsiegt und teils unterlegen ist. Das ist im Arbeitsgerichtsverfahren der ersten Instanz anders. Im Arbeitsrecht trägt jede Partei per se die ihr entstandenen Rechtsanwaltskosten selbst, unabhängig davon, wer den Rechtsstreit am Ende gewonnen oder wer ihn am Ende verloren hat. Auch die Frage, ob der Rechtsstreit durch eine Einigung (Vergleich) einvernehmlich beendet wurde, spielt für die Kostentragung keine Rolle. Jede Partei zahlt ihren Anwalt immer selbst. Eine Kostenerstattung durch den Gegner findet grundsätzlich nicht statt.

Warum trägt im arbeitsgerichtlichen Verfahren jede Partei ihre Anwaltskosten selbst?

Dadurch soll erreicht werden, dass insbesondere Arbeitnehmer, die im allgemeinen vor den Arbeitsgerichten als Kläger auftreten, ihre Ansprüche ohne Furcht davor geltend machen können, dass sie im Falle des Unterliegens die Rechtsanwaltsgebühren des Arbeitgebers tragen müssen. Das arbeitsgerichtliche Verfahren ist aus sozialpolitischen Gründen, die der Gesetzgeber so geregelt hat, auf Kostengünstigkeit angelegt: Die Gerichtskosten sind nämlich geringer als in anderen Gerichtsverfahren. Zudem bestehen Kostenprivilegien. Wenn beispielsweise der Rechtsstreit durch einen Vergleich beendet wird, fallen gar keine Gerichtskosten an. Auch sind keine Gerichtskostenvorschüsse, ohne die das Gericht in anderen Verfahren gar nicht tätig werden würde, im Arbeitsgerichtsverfahren nicht zu zahlen. In anderen Verfahren vor den ordentlichen Gerichten wird die Klage überhaupt erst dann zugestellt, wenn der Gerichtskostenvorschuss durch den Kläger eingezahlt ist.

Warum ist dies außerhalb von arbeitsgerichtlichen Verfahren anders?

Grundsätzlich hat in einem normalen Zivilprozess außerhalb von Arbeitsgerichtsverfahren, die jeweils unterliegende Partei die Gesamtkosten zu tragen. Gewinnt man das Verfahren nur teilweise, wird oftmals eine Kostenquote entsprechend der Höhe des Unterliegens gebildet. Die zu tragenden Kosten umfassen dann insgesamt die Gerichtskosten inklusive der evtl. angefallenen Kosten für Sachverständige und Zeugen, sowie die eigenen und die gegnerischen Anwaltskosten.

Welcher Nachteil geht damit einher?

Der Vorteil, wonach Ihnen grundsätzlich keine Anwaltskosten des Anwaltes des Arbeitgebers auferlegt werden können, hat auch einen Nachteil. Dieser Nachteil im Arbeitsgerichtsverfahren besteht darin, dass Sie die Kosten ihres eigenen Anwaltes immer dann selber tragen, wenn Sie über keine Rechtsschutzversicherung verfügen, die alle oder einen Teil der Kosten übernimmt. Kann man nämlich Ihnen keine Anwaltskosten des Prozessgegners auferlegen, kann man umgekehrt auch dem Arbeitgeber nicht Ihre Anwaltskosten auferlegen. Ihre Kostenrisiko besteht insofern im Arbeitsgerichtsverfahren regelmäßig aus der Tragung der eigenen Anwaltskosten und ggf. einem Teil der Gerichtskosten.

Was bedeutet dies praktisch?

Praktisch wirkt sich diese arbeitsgerichtliche Kostenregelung durch den Gesetzgeber für den Arbeitnehmer dahingehend aus, dass er im Falle eines Vergleiches stets bedenken sollte, dass er ohne eine ausdrücklich abweichende Kostenregelung im Vergleich eben nur die Vergleichssumme bekommt, aber ggf. seinen eigenen Anwalt bezahlt hat oder noch bezahlen muss. Um insofern beurteilen zu können, ob ein Vergleich einen Mehrwert für den Mandanten darstellt, wird man häufig die Frage stellen, ob nach Abzug der eigenen Anwaltskosten und etwaigen Steuern und Abgaben auf den Vergleichsbetrag von der Vergleichssumme noch etwas übrig bleibt.

Mit welchen Gerichtsgebühren müssen Sie beim Arbeitsgericht rechnen?

Unabhängig von den Kosten für den eigenen Rechtsanwalt, die jede Partei selbst zu tragen hat, sind die Gerichtsgebühren zu betrachten. Im Arbeitsgerichtsprozess gilt:

  • Wer den Prozess verliert, zahlt die Gerichtsgebühren,
  • wer den Prozess gewinnt, zahlt keine Gerichtsgebühren oder
  • wer den Prozess teilweise gewinnt und teilweise verliert, zahlt die Gerichtsgebühren nur in dem Verhältnis, in dem er verloren hat.

Allerdings fallen die Gerichtsgebühren im Arbeitsgerichtsprozess nicht an, wenn man den gesamten Prozess durch einen Vergleich erledigt, d. h. das Gericht will in diesem Fall kein Geld. Das gleiche gilt im Falle der Rücknahme der Klage vor Stellung der Anträge. Auch sind die vom Arbeitsgericht erhobenen Gebühren geringer als die Gebühren vor den ordentlichen Gerichten.

Welche Möglichkeiten bestehen, wenn ich kein Geld habe?

Zunächst sollte der Rechtssuchende immer prüfen, ob nicht die eigene Rechtsschutzversicherung für die Kosten aufkommt. Wenn die Rechtsschutzversicherung einen Deckungsschutz erteilt, sind die Kosten bis auf den mit der Rechtsschutzversicherung vereinbarten Eigenanteil abgedeckt. Gibt es jedoch keine Rechtsschutzversicherung, kann der finanziell wenig leistungsstarke Rechtsuchenden auch im Arbeitsrecht die gerichtliche Durchsetzung seiner Ansprüche – ebenso wie bei anderen Gerichtsbarkeiten – über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe finanzieren. Hierdurch erlangt die Partei die komplette Befreiung von den Gerichtskosten und von den eigenen Rechtsanwaltskosten, sofern das Gericht im Laufe des Verfahrens die Prozesskostenhilfe auf den Antrag des Rechtssuchenden ohne Ratenzahlung gewährt. In diesem Fall muss der Rechtssuchende allerdings bedürftig sein und er muss gegenüber dem Gericht seine Vermögensverhältnisse offenbaren. Für den Fall der Prozesskostenhilfebewilligung unter Ratenzahlungsanordnung können die entstehenden Kosten in Raten ausgeglichen werden. Bis zu 4 Jahre nach Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann seitens des Gerichts jedoch überprüft werden, ob die Prozesskostenhilfe vom Rechtssuchenden teilweise oder voll zurück zu zahlen ist. Dies ist dann der Fall, wenn sich die wirtschaftlichen Verhältnisse des Rechtssuchenden im Nachhinein so zum Positiven gewandelt haben, dass bei erneuter Beantragung von Prozesskostenhilfe der Antrag wegen der mangelnden finanziellen „Notlage“ zum Überprüfungszeitpunkt (im Nachhinein) abgelehnt würde.

Zahlt meine Rechtsschutzversicherung die Kosten?

Auch im Arbeitsrecht erweist sich eine Rechtsschutzversicherung, wenn Sie die Deckung der entstehenden Kosten übernimmt, als besonders vorteilhaft. Voraussetzung ist allerdings, dass die Rechtsschutzversicherung auch alle Fälle im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis abdeckt. Ist das Arbeitsrecht versichert, gehören hierzu beispielsweise Rechtsstreitigkeiten wegen Kündigung, Lohnzahlungsausfall sowie die Arbeitnehmerhaftung für Schäden, die der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber in Ausführung betrieblicher Verrichtungen versehentlich zugefügt hat. Die Auswahl des Rechtsanwalts bestimmt der Arbeitnehmer selbst. Die Rechtsschutzversicherung trägt sämtliche anfallenden Kosten (Rechtsanwalts-, Gerichts-, Sachverständigenkosten usw.). Die Kosten eines Arbeitsgerichtsprozesses sind üblicherweise relativ hoch, da die Streitwerte, die für die Berechnung der Gebühren maßgeblich sind, sich häufig nach dem letzten dreifachen Bruttomonatsgehalt berechnen. Außerdem fallen häufig sowohl die Geschäfts-, die Verfahrens-, die Termins-, als auch die Einigungsgebühr an.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Dr. Ulrich Schulte am Hülse

Beiträge zum Thema

Ihre Spezialisten