WhatsApp Chats als Beweismittel vor Gericht?

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Unter den juristischen Laien herrscht Uneinigkeit darüber, ob ein WhatsApp Verlauf als Beweismittel vor Gericht geeignet ist.
 
Im nachfolgenden Artikel werde ich einige Chat-Beispiele aufzeigen, die strafrechtlich irrelevant sind und auch Chat-Verläufe, die zur Überführung des Betroffenen führen können.
 
Im Strafrecht ist es in der Regel so, dass das Handy der betroffenen Person beschlagnahmt und die Chatverläufe ausgelesen werden, um tatrelevante Informationen zu erhalten. Gerade im Bereich des Betäubungsmittelstrafrechts dienen Chatverläufe als Nachweis fürs Handeltreiben, da Betäubungsmittelgeschäfte häufig über WhatsApp, Snap-Chat oder andere Messenger abgewickelt werden.

I. Betäubungsmittel

Einem unserer Mandanten wurde der Besitz und Handeltreiben mit Betäubungsmitteln vorgeworfen. Die Staatsanwaltschaft stützte den Tatvorwurf auf die Chat-Verläufe, die auf dem Handy des Mandanten gefunden wurden. Unser Mandant sagte zu mir: „Die können mir gar nichts. Die haben ja nur WhatsApp Chatverläufe. Das gilt ja nicht!“


So einfach ist die Rechtslage dann doch nicht, denn auch ein Chatverlauf ist ein Beweismittel. Häufig sind sogar die Chat-Verläufe die einzigen Beweismittel, um die Betroffenen im Strafverfahren überführen zu können. Allerdings ist gerade im Betäubungsmittelstrafrecht mit Chat-Verläufen als Beweismittel für den Nachweis des Handeltreibens höchste Vorsicht geboten.

Die Ermittlungsbehörden (Polizei oder Staatsanwaltschaft) behaupten gerne, dass das Handeltreiben oder der Erwerb von Betäubungsmitteln über Chat-Verläufe nachgewiesen werden könne.

 Sieht man sich allerdings die Chat-Verläufe genauer an, ist dies häufig aber gar nicht der Fall.

So findet man zum Beispiel auf beschlagnahmten Telefonen folgende Nachrichten:
 
 (F steht für Fragesteller, A für den Chat-Partner, der antwortet.)

1. Beispiel für übliche Chatverläufe (BtM)

F: „Kann ich mir 2 Halbe abholen oder hast du kein Bier mehr?“
 
 A: „Gerade nicht. Ich melde mich aber, wenn ich im Getränkemarkt war.“
 
 A: „Kannst du um 5 zur Bushaltestelle kommen?“
 
 F: „Ja, passt.“ 



 
2. Beispiel für übliche Chatverläufe (BtM)

F: „Hast du heute Abend Zeit?“
 
 A: „Warum?“
 
 F: „Wegen deinen beiden Rosen.“
 
 A: „Wieviel?“
 
 F: „Wie ausgemacht“.


Bei beiden Chat-Verläufen dürfte offensichtlich sein, dass die beiden Chatpartner nicht tatsächlich über Bier und Rosen schreiben. Bier und Rosen sind Codewörter für Betäubungsmittel. Allerdings sind die Chat-Verläufe so vage, dass diese keinen Beweis für ein strafrechtlich relevantes Verhalten darstellen. Es ist unbekannt, welche Art von BtM gemeint ist. Gleiches gilt für den Preis.


3. Beispiel für übliche Chatverläufe (BtM)

F: „Kannst du bis morgen 5 für 50 aufstellen?“
 
 A: „ Ja, kann ich. Treffen wir uns um 6 bei der Sparkasse?“
 
 F: „Passt.“
 

Hier wird ein konkreter Treffpunkt vereinbart, allerdings ist unbekannt, um welches Betäubungsmittel es sich handelt. Sodass auch dieser Chat-Verlauf relativ nichtssagend und nicht ausreichend ist, um den Betroffenen diesbezüglich strafrechtlich zu verfolgen.

4. Beispiel für übliche Chatverläufe (BtM)

F: „Hast du 3 für nen 8er Kurs.“

Auch diese Aussage ist zu unbestimmt. Die Staatsanwaltschaft kann hierauf kein Handeltreiben und auch keinen Erwerb von Betäubungsmitteln stützen.


5. Beispiel für übliche Chatverläufe (BtM)

F: „Kannst du 100g Amnesia aufstellen?“
 
 A: „Für 7er Kurs?.“
 
 F: „Bist du heute im Club XYZ?“
 
 A: „8 Uhr?“
 
 F: „Passt.“



Dieser Chatverlauf ist deutlich kritischer für den Betroffenen, da die Art, Menge und Preis des Betäubungsmittels vereinbart wurden.
 
Da es jedoch im Bereich des Betäubungsmittelstrafrechts auf zahlreiche Feinheiten ankommt, bestehen sehr gute Chancen, dass zahlreiche Chatverläufe nicht strafrechtlich zu Lasten des Beschuldigten gewertet werden können. Wichtig ist aber, dass der Betroffene seinen Mund hält und keine Angaben gegenüber den Polizeibeamten macht.

 

II: Beleidigungen oder Bedrohungen per WhatsApp

Beleidigungen oder Bedrohungen, die per WhatsApp Chat ausgesprochen werden, sind natürlich genauso strafbar, wie wenn diese direkt in persönlicher Anwesenheit der beiden Personen ausgesprochen werden. Strafanzeigen können z.B. auf Beleidigungen oder Bedrohungen, die in Chat-Verläufen geäußert wurden, gestützt werden.

III. Sexualdelikte: Chat-Verläufe können auch zur Entlastung des Beschuldigten dienen.

Es kann sehr hilfreich für einen Betroffenen sein, seinem Rechtsanwalt relevante Chat-Verläufe vorzulegen. So kann zum Beispiel die Kommunikation per Whatsapp zwischen der Frau und ihrem Mann dazu führen, dass die behauptete sexuelle Belästigung oder Vergewaltigung nicht mehr glaubhaft erscheint. Relevant ist insbesondere der Chat-Verlauf einige Tage vor der behaupteten Vergewaltigung und einige Tage danach. Ergibt sich aus dem Chat-Verlauf, dass sich die beiden auch nach der angeblichen Vergewaltigung noch regelmäßig zum Sex verabreden oder erotische Chat Nachrichten austauschen, erscheint die behauptete Vergewaltigung in einem anderen Licht. Insbesondere dann, wenn die Ehefrau ihren Partner erst anzeigt, sobald sie herausgefunden hat, dass ihr dieser fremdgegangen ist.

Chatverläufe können aber auch in anderen strafrechtlichen Angelegenheiten zur Entlastung des Betroffenen dienen, z.B. bei Anzeigen durch den Nachbarn aufgrund langjähriger Nachbarschaftsstreitigkeiten, bei Anzeigen wegen häuslicher Gewalt, etc.

Sämtliche Informationen in unseren Rechtstipps dienen ausschließlich allgemeinen Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine Beratung durch einen Anwalt nicht ersetzen. Es kommt stets auf die Umstände des Einzelfalls an. Bereits durch kleine Änderungen beim Sachverhalt kann sich die rechtliche Einschätzung vollständig ändern. Außerdem ändert sich u.U. die Rechtslage, so dass die Inhalte u.U. veraltet sein können.

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Rechtsanwaltskanzlei Dipl. Jur. Stefanie Lindner, Passau

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