Widerruf des Kfz-Leasingvertrags – kostenlose Nutzung von Leasingfahrzeugen

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Der am häufigsten vereinbarte Finanzierungsleasingvertrag hat in seiner konkreten Ausgestaltung große Ähnlichkeit mit einem Kreditvertrag und löst als „entgeltliche Finanzierungshilfe“ (§ 506 Absatz 2 BGB) ein gesetzliches Widerrufsrecht aus. Zur Problematik, ob ein Widerrufsrecht auch bei Kilometerleasing-Verträgen einzuräumen ist – auch wenn § 506 Abs. 2 BGB dies dem Wortlaut nach ausschließt – siehe OLG Düsseldorf, das von einer Regelungslücke des Gesetzgebers ausgeht und ein Widerrufsrecht für Verbraucher bei Kilometerleasing-Verträgen bejaht (Urteil vom 2.10.2012, Az.: I-24 U 15/12). 

Das Widerrufsrecht darf ein Verbraucher (zur Frage des Widerrufsrechts eines Unternehmers lesen Sie bitte meinen Rechtstipp „Widerrufsrecht für Unternehmer“ vom 01.04.2019) in der Regel 14 Tage lang ausüben. Diese 14-Tages-Frist beginnt allerdings nicht zu laufen, wenn die Verträge, insbesondere die Widerrufsbelehrung, Fehler enthalten, vor allem wenn irreführende oder falsche Informationen darin enthalten sind.

Fehler

1. Allgemeine Fehler

Der Leasingvertrag der VW Bank verstößt gegen das Deutlichkeitsgebot, weil die Allgemeinen Geschäftfsbedingungen in 6er-Schrift verfasst sind und somit schwer zu lesen sind. Zudem fehlt die Information zur Art des Darlehens und zum Tilgungsplan. Im Dokument finden sich unterschiedliche Angaben zur Höhe der Raten, was wiederum widersprüchlich ist. Die Konzerntöchter (Audi, Skoda, Seat) verwenden teilweise ähnliche Muster.

Die Mercedes Benz Bank verwendet teilweise eine 5er-Schrift. Es fehlt zudem die Art des Darlehens sowie der Nettokaufpreis des Fahrzeugs. Zudem trennt die Mercedes Benz Bank nicht ausreichend zwischen privaten Verbraucherverträgen und gewerblichen Leasingverträgen. 

In beiden Fällen enthalten die Verträge eine Widerrufsbelehrung. Gewerblichen Kunden steht grundsätzlich (Für Ausnahmen siehe mein Rechtstipp „Widerrufsrecht für Unternehmer“ vom 01.04.2019) kein Widerrufsrecht zu. Beinhaltet jedoch der Vertrag eine Widerrufsbelehrung, so kann sich auch der gewerbliche Kunde darauf beziehen.

Porsche Financial Services verwendet ebenfalls eine viel zu kleine Schrift. Zudem fehlt die Art des Darlehens.

2. Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung

Die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung muss sich unmittelbar und nachvollziehbar aus dem Vertrag ergeben. Das wurde in den meisten Fällen jedoch nicht hinreichend umgesetzt, wie das folgende Beispiel zeigt:

Den Schaden wird die Bank nach dem vom Bundesgerichtshof vorgeschriebenen finanzmathematischen Rahmenbedingungen berechnen, die (…)

3. Verzugszins

Nach Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 11 EGBGB muss die Unterrichtung den Verzugszinssatz und die Art und Weise seiner etwaigen Anpassung sowie gegebenenfalls anfallende Verzugskosten enthalten. Hierzu ist aus Transparenzgründen die zum Zeitpunkt der Information maßgebliche absolute Zahl des Verzugszinssatzes zu nennen. Fehlt eine diese Angaben, ist die Widerrufsbelehrung fehlerhaft (LG München, Urteil vom 20.12.2018, Az.: 10 O 9743/18).

4. Wertminderung

In den meisten Verträgen widersprechen die Angaben zur Zahlung einer Wertminderung im Fall eines Widerrufs der Widerrufsbelehrung selbst. Die Regelung zur Wertminderung dürfen den Verbraucher nicht in der Ausübung seines Widerrufsrechts benachteiligen:

„Der Darlehensnehmer hat im Fall des Widerrufs des Darlehensvertrages eine durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme des Fahrzeuges entstandene Wertminderung zu ersetzen.“

Rechtsfolge

Der Widerruf bewirkt, dass die empfangenen Leistungen spätestens nach 14 Tagen zurückzugewähren sind. Der Leasinggeber erhält das Fahrzeug bei einer Rückabwicklung zurück, während der Leasingnehmer die Leasingraten und Sonderzahlungen zurückerhält. Zusätzlich kann ein Nutzungsentgelt einbehalten werden, welches sich jedoch alleine am Abnutzungswert des Fahrzeugs orientiert. 

Das LG München (Urteil vom 20.12.2018, Az.: 10 O 9743/18) hat die ab dem 13.06.2014 geltenden Widerrufsfolgen (§ 357 BGB) angewendet, nachdem der Verbraucher nur Wertersatz für Verlust zahlen muss aber nicht wie bis zur Änderung der Verbraucherrichtlinie Nutzungsersatz.

Anmerkung

Entgegen der auch bei vielen Rechtsanwälten zu findenden Ansicht, der Kaskadenverweis in § 492 Abs. 2 BGB sei unwirksam, weil dort auf weitere Paragraphen verwiesen wird, die wiederum weitere Verweise enthalten und so diese Regelung für einen juristischen Laien nicht nachvollziehbar sei, ist dies unrichtig. 

Mit Beschluss vom 19.03.2019 (Az.: XI ZR 44/18) bestätigt der Bundesgerichthof ausdrücklich seine bisherige Rechtsprechung, wonach die um Beispiele ergänzte Bezugnahme auf den für jedermann ohne weiteres zugänglichen § 492 Abs. 2 BGB im Rahmen der erteilten Widerrufsinformation klar und verständlich ist (Rn. 15). 

Sodann verweist der BGH erneut darauf hin, dass der Verwender der Widerrufsinformation keineswegs genauer formulieren müsse als der Gesetzgeber selbst (Rn. 15). Ebenso haben das OLG Stuttgart (Beschluss vom 04.02.2019, Az.: 6 U 88/18), das OLG Frankfurt/M. (Beschluss vom 07.02.2019, Az.: 17 U 209/18) und das Brandenburgische Oberlandesgericht (Urteil vom 03.04.2019, Az.: 4 U 99/18) der vom LG Saarbrücken vertretenen Rechtsauffassung eine Absage erteilt. Der EuGH  (Rechtssache C-66/19) hat allerdings jetzt entschieden: Der Verbraucher müsse in klarer und prägnanter Form in die Lage versetzt werden, den Beginn der Widerrufsfrist selbst zu berechnen. Der Kaskadenverweis sei allerdings eine"Schnitzeljagd" durch verschiedene Gesetze. Dadurch könne der Kunde nicht erkennen, wann die Widerrufsfrist zu laufen beginne.

Philip Keller

Rechtsanwalt Köln


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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