Widerrufsjoker: Geld zurück bei Autofinanzierung?

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Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am 26.03.2020 (Aktenzeichen: C-66/19) entschieden, dass die Widerrufsbelehrung in privaten Darlehensverträgen für den Kunden nicht verständlich und somit fehlerhaft ist.

Danach könnten Verbraucher bei vielen ab 2010 geschlossenen Darlehensverträgen den sogenannten Widerrufsjoker ziehen und dadurch bis zu Tausende Euro sparen.

1. Welche Kreditverträge sind betroffen?

Das Urteil wirkt sich auf Millionen von Kreditverträgen aus. Insbesondere betroffen sind Immobilienkreditverträge und Autokreditverträge/Leasingverträge.

Nach ersten Schätzungen sind nahezu alle Autokreditverträge ab Juni 2010 (bis zu 20 Millionen) hiervon betroffen.

2. Was bedeutet das Urteil für mich?

Wenn die Widerrufsbelehrung in Ihrem Fall fehlerhaft ist, können Sie Ihren Kreditvertrag jederzeit widerrufen, da die Widerrufsfrist nicht zu laufen begonnen hat.

3. Welche Folgen hat der Widerruf?

Nach erfolgtem Widerruf sind die gegenseitigen Leistungen zurückzugewähren. Sie geben das Fahrzeug an die finanzierende Bank zurück und erhalten im Gegenzug alle bisher gezahlten Raten sowie die Anzahlung zurück.

Auch Kunden, die vom Dieselskandal betroffen sind, können vom Widerrufsjoker Gebrauch machen und das Fahrzeug ggf. zu deutlich besseren Konditionen „loswerden“.

4. Muss ich eine Nutzungsentschädigung zahlen?

In der Regel haben die Kunden eine Nutzungsentschädigung für die bereits gefahrenen Kilometer zu zahlen. Dies dürfte jedenfalls nur für die bis zum 12. Juni 2014 geschlossenen Kreditverträge gelten. Am 13. Juni 2014 trat eine Gesetzesänderung der Verbraucherschutzvorschriften in Kraft, wonach Kunden einen Wertersatz oder eine Entschädigung für die gefahrenen Kilometer nicht mehr zu zahlen haben, wenn der Kreditvertrag fehlerhaft ist (LG Berlin, Urteil v. 15.02.2019, Az. 4 O 20/18; LG Ravensburg, Urteil v. 07.08.2018, Az. 2 O 259/17). Allenfalls die zumeist geringen Kreditzinsen dürften die Banken behalten.

5. Habe ich mit meinem Widerruf Erfolg?

Streitpunkt ist der sog. "Kaskadenverweis" (§ 492 Abs. 2 BGB) in den Widerrufsinformationen der Darlehensverträge.

Der EuGH hat den Kaskadenverweis aufgrund mangelnder Transparenz als unzulässig erachtet. Der Kaskadenverweis verstößt gegen die europäische Richtlinie für Verbraucherkreditverträge (RL 87/102/EWG) .

Der BGH (Beschluss v. 31.03.2020, Az. XI ZR 198/19) hat wiederum entschieden, dass der Kaskadenverweis zulässig sei.

U. a. wird dies damit begründet, dass es sich bei der Widerrufsbelehrung, um eine Musterbelehrung handelt, die der Gesetzgeber zur Verfügung gestellt hat. Banken, die die Musterbelehrung unverändert übernommen haben, dürfen darauf vertrauen, dass die zur Verfügung gestellte Musterbelehrung mit dem geltenden Verbraucherrecht im Einklang steht, sog. "Gesetzlichkeitsfiktion". Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass veränderte/angepasste Musterbelehrungen fehlerhaft sein können.

Zugunsten der Verbraucher dürfte zu berücksichtigen sein, dass das in der europäischen Richtlinie enthaltene Widerrufsrecht für Darlehensverträge in unser nationales Verbraucherrecht (BGB) zwar aufgenommen worden, Jedoch nicht wörtlich übernommen worden ist. Unser Gesetzgeber hat stattdessen eine eigene Musterwiderrufsbelehrung, welche den Kaskadenverweis beinhaltet, zur Verfügung gestellt. Gerade diese Widerrufsbelehrung verstößt nach dem Urteil des EuGH gegen die europäische Richtlinie für Verbraucherkreditverträge.

Es wird daher weiterhin gerichtlich zu klären sein, ob ein Widerrufsrecht (so der EuGH) zugunsten der Verbraucher besteht und wer die rechtlichen Folgen hieraus zu tragen hat. Unsere Bundesrepublik wird sich auf eine Geltendmachung von Staatshaftungsansprüchen einstellen müssen.

Gerne prüfen wir für Sie vorab unverbindlich, ob Ihr Kreditvertrag hiervon betroffen ist und Sie vom Widerrufsjoker Gebrauch machen können.

Aleksandar Mitrovski

Rechtsanwalt

Kevekordes Rechtsanwälte und Notar PartG



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