Wie bekomme ich einen Pflichtverteidiger ? Neuerungen - Teil 2

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Der Beitrag schließt an den gleichlautenden Teil 1 an und stellt  wesentliche Neuerungen dar.

3. Bei besonderer Eilbedürftigkeit kann  auch die Staatsanwaltschaft gemäß § 142 Abs. 4 StPO über die Bestellung entscheiden. Naturgemäß ist die Staatsanwaltschaft, die die Stafverfolgung einleitet, nicht die Institution, die einen  Verteidiger aussuchen sollte. Daher ist gemäß Abs. 4 S.2 spätestens innerhalb einer Woche ist die gerichtliche Bestätigung der Bestellung oder der Ablehnung des Antrags des Beschuldigten einzuholen. Der Beschuldigte kann aber jederzeit die gerichtliche Entscheidung beantragen.

Neu ist, dass unter den im Gesamtverzeichnis der Bundesrechtsanwaltskammer (§ 31 der Bundesrechtsanwaltsordnung) eingetragenen Rechtsanwälten entweder ein Fachanwalt für Strafrecht oder ein anderer Rechtsanwalt, der gegenüber der Rechtsanwaltskammer sein Interesse an der Übernahme von Pflichtverteidigungen angezeigt hat und für die Übernahme der Verteidigung geeignet ist, ausgewählt werden soll.

Es handelt sich um keine zwingende Vorschrift, wie aus dem Begriff „soll“ hervorgeht. Dennoch wird aber beispielsweise ein Richter, der einen Rechtsanwalt mit einem anderen Fachanwaltstitel im Falle einer sofortigen Beschwerde Probleme mit der Begründung dieser Beiordnung haben.

Eine sofortige Beschwerde sollte daher im Einzelfall in Erwägung gezogen werden.

4. Die Pflichtverteidigerbestellung kann gemäß § 143 StPO aufgehoben werden, wenn der Beschuldigte zwei Wochen vor Beginn der Hauptverhandlung aus der Anstalt entlassen wird. Die Bestellung ist auch mit der Aufhebung oder Außervollzugsetzung des Haftbefehls aufzuheben. Gegen die Aufhebung ist gemäß Abs. 2 StPO die sofortige Beschwerde statthaft.

5. Der neu eingefügte § 143a StPO betrifft den bisher gesetzlich nicht geregelten Verteidigerwechsel.

Die Bestellung des Pflichtverteidigers ist aufzuheben, wenn der Beschuldigte einen anderen Verteidiger gewählt und dieser die Wahl angenommen hat (Abs.1 S.1).

Dies gilt jedoch nicht, wenn dieser voraussichtlich das Mandat demnächst niederlegen und seine Beiordnung als Pflichtverteidiger beantragen wird, oder soweit die Aufrechterhaltung der Bestellung aus den Gründen der Bestellung eines weiteren Verteidigers nach § 144 StPO erforderlich ist (Abs. 1 S.2).

Ein neuer Pflichtverteidiger ist nach Abs. 2 zu bestellen, wenn ein anderer als der bezeichnete Verteidiger beigeordnet wurde oder dem Beschuldigten zur Auswahl des Verteidigers nur eine kurze Frist gesetzt wurde (Abs. 2 Nr.1).

Bei einer Vorführung vor den nächsten Richter gemäß § 115a StPO kann der bestellte Pflichtverteidiger die Aufhebung seiner Beiordnung aus wichtigem Grund, insbesondere wegen unzumutbarer Entfernung zum künftigen Aufenthaltsort des Beschuldigten, beantragen (Abs. 2 Nr. 2).

Wenn das Vertrauensverhältnis zwischen Verteidiger und Beschuldigtem endgültig zerstört oder aus einem sonstigen Grund keine angemessene Verteidigung des Beschuldigten gewährleistet ist, wird die Bestellung ebenfalls aufgehoben (Abs. 2 Nr. 3).

Die Bestellung des bisherigen Pflichtverteidigers ist gemäß § 143a Abs. 3 StPO aufzuheben und dem Beschuldigten ein neuer, von ihm bezeichneter Pflichtverteidiger zu bestellen, wenn er dies spätestens binnen einer Woche nach Beginn der Revisionsbegründungsfrist beantragt und der Bestellung des bezeichneten Verteidigers kein wichtiger Grund entgegensteht.

Die Beschlüsse der Abs. 1 bis 3 sind mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar (Abs. 4)

6. § 144 StPO regelt die Bestellung zusätzlicher Verteidiger.

Demnach können dem Beschuldigten zu seinem gewählten oder einem gemäß § 141 StPO bestellten Verteidiger bis zu zwei Pflichtverteidiger zusätzlich bestellt werden, wenn dies zur Sicherung der zügigen Durchführung des Verfahrens, insbesondere wegen dessen Umfang oder Schwierigkeit, erforderlich ist (Abs. 1).

Die Bestellung eines zusätzlichen Verteidigers ist gemäß Abs. 2 aufzuheben, sobald seine Mitwirkung zur zügigen Durchführung des Verfahrens nicht mehr erforderlich ist.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht Christian Steffgen ist seit fast 30 Jahren im Strafrecht spezialisiert. Er hat bundesweit erfolgreich viele Pflichtverteidigungen geführt.

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