Wissenswertes rund um das Arbeitszeugnis – Anspruch, Inhalt, Formulierungen, Geheimcodes, Korrektur

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Wissenswertes rund um das Arbeitszeugnis – Anspruch, Inhalt, Formulierungen, Geheimcodes, Korrektur

Gute Arbeitszeugnisse öffnen Türen, schlechte Arbeitszeugnisse verschließen sie.

In Deutschland wechseln jährlich cira 8 bis 9 Millionen Menschen den Arbeitsplatz. Daraus resultieren mehr als 30.000 Rechtsstreite pro Jahr allein in Bezug auf das Arbeitszeugnis.

Bei einem bevorstehenden Jobwechsel ist ein Arbeitszeugnis ein wichtiges Instrument!

Daher ist es enorm wichtig zu wissen, worauf es bei einem Arbeitszeugnis ankommt und insbesondere die Zeugnissprache zu verstehen.

1. Jeder hat Anspruch auf ein Arbeitszeugnis

Bei Verlassen des Unternehmens hat jeder Arbeitnehmer einen Anspruch auf Erstellung eines Arbeitszeugnisses (Praktikant, Aushilfe, Minijobber, Azubi, Zeitarbeiter, befristet Angestellter, freier Mitarbeiter, etc.) - auch wenn das Arbeitsverhältnis nach der Probezeit nicht weitergeführt bzw. bereits in der Probezeit gekündigt wird.

Gleiches gilt zum Beispiel bei Umstrukturierung, Aufgaben-, Abteilungs- und/oder Vorgesetztenwechsel. Hierbei spricht man jedoch von einem Zwischenzeugnis.

Ferner muss ein Zwischenzeugnis oder auch vorläufiges Arbeitszeugnis ausgestellt werden, sofern der Arbeitnehmer dieses vor Ablauf der Kündigungsfrist für bevorstehende Bewerbungsprozesse wünscht.

In § 630 Bürgerliches Gesetzbuch heißt es;

Bei der Beendigung eines dauernden Dienstverhältnisses kann der Verpflichtete von dem anderen Teil ein schriftliches Zeugnis über das Dienstverhältnis und dessen Dauer fordern. Das Zeugnis ist auf Verlangen auf die Leistungen und die Führung im Dienst zu erstrecken. Die Erteilung des Zeugnisses in elektronischer    Form ist ausgeschlossen. Wenn der Verpflichtete ein Arbeitnehmer ist, findet § 109 der Gewerbeordnung Anwendung.

Verweigert ein Arbeitgeber die Zeugniserteilung, verstößt er gegen seine Rechtspflichten. In diesem Fall kann der Arbeitnehmer die Erteilung des Arbeitszeugnisses vor dem Arbeitsgericht einklagen.

2. Inhalt des Arbeitszeugnisses

Der Inhalt des Arbeitszeugnisses hängt davon ab, welche Art von Arbeitszeugnis der Arbeitnehmer wählt. In jedem Fall muss der Inhalt des Zeugnisses klar und verständlich formuliert sein!

2.1. Einfaches Arbeitszeugnis (allgemeine Angaben)

Verlangt ein Arbeitnehmer ein einfaches Arbeitszeugnis, muss dieses folgende Informationen beinhalten:

  • alle relevanten Daten des Arbeitgebers (offizieller Firmenbogen)
  • die Bezeichnung Zeugnis, Zwischenzeugnis oder vorläufiges Zeugnis
  • korrekte persönliche Angaben des Arbeitnehmers
  • Dauer des Arbeitsverhältnisses & Tätigkeit des Arbeitnehmers
  • ggf. fachliche und innerbetriebliche Entwicklung in chronologischer Reihenfolge
  • ggf. Fortbildungsmaßnahmen
  • Angabe wer die Beendigung des Arbeitsverhältnisses veranlasst hat  (auf Wunsch des Arbeitnehmers)
  • Ausstellungsdatum (Dies sollte mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses übereinstimmen oder wenigstens dicht beieinander liegen.)
  • Unterschrift (Arbeitgeber oder Vertreter)

Darüberhinaus sollte das Zeugnis frei von Rechtschreibfehlern und optisch in einen einwandfreien Zustand ein (sauber, nicht geknickt).


2.2. Qualifiziertes Arbeitszeugnis

Zusätzlich zu den allgemeinen Angaben muss ein qualifiziertes Arbeitszeugnis eine Beurteilung der Arbeitsleistung sowie des Verhaltens des Arbeitnehmers beinhalten, beispielsweise:

  • Arbeitsbereitschaft, Arbeitsfähigkeit, Fachwissen, Arbeitsweise, Arbeitserfolge, Führungsleistung*, Leistungszusammenfassung (Gesamtnote)


*Hier geht es in der Regel nicht um die Führungsrolle als Vorgesetzter, sondern vielmehr um das Verhalten des Arbeitnehmers in beruflichen Situationen (Soft Skills). Wie fügt sich der Arbeitnehmer in die betriebliche Ordnung ein? Ist er ggü. Vorgesetzten, Kollegen und Dritten freundlich, kooperativ, aufgeschlossen, kritikfähig?

Erhält ein Arbeitnehmer ein qualifiziertes Zeugnis, obwohl er dieses nicht verlangt hat, hat er die Möglichkeit es zurückzuweisen und ein einfaches Arbeitszeugnis zu verlangen.

Er kann jedoch nicht auf ein einfaches Zeugnis wechseln, wenn er ein qualifiziertes gefordert hat. Für den Fall, dass das qualifizierte Zeugnis nicht den Voraussetzungen/ Vorstellungen entspricht, hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Zeugniskorrektur – notfalls kann dieser Anspruch vor dem Arbeitsgericht durchgesetzt werden.

2.3. Zwischenzeugnis oder vorläufiges Zeugnis

Dieses Zeugnis kann in einfacher oder auch qualifizierter Form ausgestellt werden.

2.4. Ausbildungszeugnis

Ein solches Zeugnis muss nicht nur nach erfolgreich abgeschlossener Ausbildung erstellt werden, sondern auch bei vorzeitigem Abbruch oder bei Nichtbestehen der Abschlussprüfung.

Auch hier gilt die Wahl zwischen einfachem oder qualifiziertem Zeugnis.

Neben Art & Dauer des Ausbildungsverhältnisses enthält ein einfaches Ausbildungszeugnis ebenfalls Angaben über

  • die durchlaufenen Ausbildungsbereiche (chronologisch).
  • die erworbenen Fertigkeiten und Kenntnisse (ohne Bewertungen).
  • die Berufskammer, vor welche die Abschlussprüfung bestanden wurde.

      (Ein Fehlen dieser Angabe kann auf eine nicht bestandene Prüfung hinweisen.)

  • ggf. die Verkürzung der Ausbildungszeit.


Ein qualifizierte Ausbildungszeugnis enthält zudem eine Bewertung der Leistung, Führung (Verhalten)  und der besonderen fachlichen Fähigkeiten des Auszubildenden.

Ein Auszubildender kann auch ein Zwischenzeugnis verlangen. Dies kann der Fall sein, wenn

  • die Ausbildung abgebrochen wurde.
  • ein Wechsel des Ausbildungsberufs oder des Ausbildungsbetriebs geplant ist.
  • der Auszubildende nach Ende der Ausbildung nicht übernommen wird und sich rechtzeitig anderweitig bewerben möchte.

3. Wohlwollende Beurteilung

Der Inhalt eines Arbeitszeugnisses muss selbstverständlich der Wahrheit entsprechen und etwaige Beurteilungen müssen wohlwollend formuliert sein.

Wohlwollend bedeutet, dass dem Arbeitnehmer in seinem beruflichen Fortkommen nicht ungerechtfertigt Steine in den Weg gelegt werden sollen.

Ausnahme:     Die Negativbeurteilung von Leistung und Führung ist auf die gesamte Dauer des Beschäftigungsverhältnisses zurückzuführen.

3.1. Typische Formulierungen – Gute und schlechte Bewertungen erkennen

Folgende Beispiel-Formulielrungen haben sich in der Zeugnissprache etabliert und sind vergleichbar mit den Schulnoten:

            Sehr gut (1)

  • stets zu unserer vollsten Zufriedenheit.
  • zeigte stets Eigeninitiative und überzeugte durch große Leistungsbereitschaft.
  • besetzt ein sehr gutes, jederzeit verfügbares Fachwissen.
  • arbeitete sehr zuverlässig und gewissenhaft.
  • war wegen seines freundlichen Wesens und kollegialen Haltung bei Vorgesetzten/Kollegen/Kunden gleichermaßen sehr geschätzt.

            Gut (2)

  • stets zu unserer vollen Zufriedenheit oderzu unserer vollsten Zufriedenheit.
  • hatte stets gute Ideen und gab wertvolle/weiterführende Anregungen.
  • arbeitete immer sicher und selbstständig.
  • arbeitete zuverlässig und gewissenhaft.
  • Das persönliche Verhalten war stets einwandfrei/vorbildlich und er wurde von Vorgesetzten/Kollegen/Kunden gleichermaßen geschätzt.

            Befriedigend (3)

  • stets zu unserer Zufriedenheit / zu unserer vollen Zufriedenheit.
  • führte die Aufgaben mit Umsicht, Wissen und Engagement aus.
  • hat die erforderlichen Fachkenntnisse und setzte sie mit Erfolg ein.
  • die Ausführung seiner Arbeit entsprach unserem Qualitätsstandard.
  • arbeitete zuverlässig und gewissenhaft.
  • Das Verhalten war gegenüber Vorgesetzten/Kollegen/Kunden einwandfrei.

            Ausreichend (4)

  • zu unserer Zufriedenheit.
  • erledigte Arbeiten/Aufgaben im Großen und Ganzen umsichtig und engagiert.
  • die Ausführung seiner Arbeit entsprach im Allgemeinen unserem Qualitätsstandard.
  • bewältigte die entscheidenden Arbeiten zuverlässig.
  • Das Verhalten war gegenüber Vorgesetzten/Kollegen/Kunden höflich und korrekt, und sein Führungsverhalten gab uns keinen Anlass zu Beanstandungen.

            Mangelhaft (5)

  • im großen und ganzen zu unserer Zufriedenheit / größtenteils erfüllt.
  • Sein Verhalten war im Wesentlichen einwandfrei.

Mit der Note "mangelhaft" wird lediglich bescheinigt, dass sich der Arbeitnehmer bemüht, es aber nicht geschafft hat, den Anforderungen gerecht zu werden. Die Formulierungen "zeigte für seine Arbeit Verständnis" und "war an den ihm übertragenen Aufgaben stets interessiert" sind gleichermaßen negativ zu bewerten.

3.2. Schlussformel

Auf Schlussformulierungen á la "Wir bedauern das Ausscheiden von ..., danken für die erbrachten Leistungen und wünschen ...  alles Gute." haben Arbeitnehmer keinen Anspruch.

Das Bundesarbeitsgericht misst dem Fehlen einer sochen Schlussformel keine (versteckte) negative Beurteilung bei, da sie weder die Leistung noch die Führung des Arbeitnehmers betreffe (Urteil vom 20.02.2001, 9 AZR 44/00).

Trotz dieser Entscheidung ist das Verwenden einer Schlussformel gängige Praxis, denn auch dort kann eine Wertigkeit untergebracht werden. Bei einem sehr guten Arbeitszeugnis besteht die Schlussformel aus vier Punkten:

  • Beendigungsinitiative
  • Dankesformulierung
  • Bedauern (wir bedauern / wir bedauern sehr)
  • Zukunftswünsche

Fehlt einer der Punkte, mindert dies die Beurteilung und auch hier kommt es auf die Steigerung an, z. B. " wir bedauern" vs. "wir bedauern sehr".

3.3. Was gehört nicht in das Arbeitszeugnis?

Urlaub und Krankheit sind keine Bestandteile eines Arbeitszeugnisses. Eine Unterbrechnung der Arbeitstätigkeit durch Elternzeit ist grundsätzlich nicht zu erwähnen. Eine Ausnahme besteht jedoch, sofern sie eine wesentliche Unterbrechung darstellt (Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 10.05.2005, 9 AZR 261/04).

Weitere Beispiele sind:

  • Verdächtigungen
  • außerdienstliche Verhalten des Arbeitnehmers
  • parteipolitische, weltanschauliche und gewerkschaftliche Orientierung
  • Zugehörigkeit im Betriebsrat, Personalrat, Schwerbehindertenvertretung bzw. nur auf  Wunsch des Arbeitnehmers

Die Benennung einer Straftaten hat in einem Arbeitszeugnis ebenfalls nichts verloren. Es sei denn, eine nachweisliche Straftat steht in direktem Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis.

3.4. Geheimcodes – Unerlaubte verschlüsselte Botschaften

Neben der gängigen Beurteilung tauchen auch wieder verschlüsselte Botschaften, die so nicht erlaubt sind, auf. Nachfolgede Beispiel gehören dazu:

Text: Er verfügt über Fachwissen und zeigt ein gesundes Selbstvertrauen.

Übersetzung: Er verfügt nur über geringes Fachwissen und versucht das durch eine gewisse Lautstärke oder mit Prahlerei zu verbergen.

Text:Sie trug durch ihre Geselligkeit zur Verbesserung des Betriebsklimas bei.

Übersetzung: Sie neigt zu übertriebenem Alkoholgenuss im Dienst.

Text: Sie engagiert sich innerhalb und außerhalb des Betriebes für die Interessen der Kolleginnen und Kollegen.“

Übersetzung: Sie ist im Betriebsrat.

Text: Er arbeitete mit größter Genauigkeit.“

Übersetzung: Er war ein langsamer, Erbsen zählender und unflexibler Pedant.

Text: Er erledigte seine Aufgaben mit der ihm eigenen Sorgfalt.“

Übersetzung: Chaos war bei ihm Normalität.


4. Zeugniskorrektur durchsetzen & Beweislast

Sofern Uneinigkeit bei der Bewertung der Leistung und Führung des Arbeitnehmers besteht, ist wichtig zu wissen, dass der Arbeitgeber lediglich verpflichtet ist, ein durchschnittliches Arbeitszeugnis (Note 3) zu erteilen.

Kommt bei einer Unstimmigkeit eine vorgerichtliche Klärung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber nicht zustande, sieht es mit der Beweislast vor dem Arbeitsgericht wie folgt aus:

Wird einem durchschnittlichen oder noch schlechterem Arbeitszeugnis widersprochen und dafür eines mit der Note "gut" (2) oder "sehr gut" (1) gefordert, muss durch den Arbeitnehmer nachgewiesen werden, dass die bessere Beurteilung gerechtfertigt ist, Gelingt ihm das, muss dass Zeugnis entsprechend korrigiert werden.

Weißt jedoch ein Arbeitszeugnis eine Beurteilung von "ausreichend" (Note 4) oder schlechter aus und wird durch den Arbeitnehmer bemängelt, liegt es am Arbeitgeber die schlechte Beurteilung nachzuweisen, Kann er dies nicht, muss das Zeugnis korrigiert werden.

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