Zugewinn? Was ist das? Wie mache ich Ansprüche aus Zugewinn geltend?

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Wann kommen Zugewinnausgleichsansprüche in Betracht?

Wer sich scheiden lässt und während der Ehe in einer Zugewinngemeinschaft gelebt hat, kann den sog. Zugewinnausgleich beantragen. Die Zugewinngemeinschaft ist der gesetzliche Güterstand. Der gesetzliche Güterstand ist immer dann zwischen den Ehepartner gegeben, wenn durch Ehevertrag nichts anderes zwischen den Ehegatten vereinbart worden ist.

Der Zugewinn, den die Ehegatten in der Ehe erzielen, ist bei der Scheidung auf Antrag auszugleichen. Beantragt keiner den Ausgleich des Zugewinns, findet kein Ausgleich statt. 

Wann macht die Geltendmachung des Zugewinnanspruchs Sinn?

Sinn macht die Geltendmachung insbesondere für den Ehepartner dem bewusst ist, dass der andere Ehepartner mehr Zugewinn hat. Das beruht meistens auf der Tatsache, dass ein Ehepartner ständig berufstätig war und in einer gut bezahlten Position, während der andere Ehepartner (meistens die Ehefrau) die Kinder großgezogen und entweder nur geringfügig oder nur in Teilzeit beschäftigt war. Der Ehepartner, der bessergestellt ist, wird zumeist mehr erwirtschaftet haben. Für den anderen Ehepartner, der weniger erwirtschaftet hat, macht die Geltendmachung von Zugewinnansprüchen Sinn.

Was meint Zugewinn?

Während der Ehe haben in der Regel beide Ehepartner oder zumindest einer von ihnen Vermögen hinzugewonnen. Dabei kann es sich um Bankguthaben, Grundstücke, Wertpapiere, Versicherungen, Luxusgüter oder auch eine eigene Firma handeln. Der Vermögenszuwachs kann auch darauf beruhen, dass während der Ehe Schulden abgezahlt wurden. Im Grunde ist also der Zugewinn alles was seit der Heirat bis zur Scheidung vom jeweiligen Ehepartner dazu gewonnen worden ist.

Der Zugewinn ist dabei die Differenz zwischen dem Endvermögen eines Ehepartners bei Scheidung und seinem Anfangsvermögen bei der Heirat. Der Zugewinn ist somit der Betrag, um den das Endvermögen eines Ehegatten dessen Anfangsvermögen übersteigt.

Wichtig also: Nicht das gesamte Vermögen wird ausgeglichen, sondern nur der Vermögenszuwachs nach der Heirat bis zur Scheidung bzw. Zustellung des Scheidungsantrages. 

Anfangsvermögen und Endvermögen. Was ist das?

Das Anfangsvermögen ist das Vermögen, das einer der Ehepartner bei Eintritt in den Güterstand – also am Tage der standesamtlichen Eheschließung – besaß (§ 1374 BGB).

Das Endvermögen ist das Vermögen, das jedem der Ehepartner bei Beendigung des Güterstandes gehört (§ 1375 BGB). Stichtag für das Endvermögen bei einer Scheidung ist der Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrages.

Was ist mit Schenkungen oder Erbschaften?

Sollte einer der Ehepartner während der Ehezeit Schenkungen oder eine Erbschaft erhalten haben, werden diese als sog. privilegierter Erwerb besonders behandelt.

Das Vermögen, das ein Ehepartner nach der Hochzeit (und während der Ehe) von Todes wegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht, durch Schenkung oder als Ausstattung erwirbt, wird nach Abzug der Verbindlichkeiten regelmäßig dem Anfangsvermögen hinzugerechnet. Dies ist für den Ehepartner von Vorteil, denn umso höher das Anfangsvermögen umso geringer ist der Zugewinn am Ende.

Wie erfahre ich das Anfangsvermögen, Endvermögen und etwas über Schenkungen und Erbschaften bei meinem Ehepartner?

Für die Berechnung des Zugewinnausgleichs ist eine Vermögensaufstellung erforderlich. Alles vorhandene Vermögen muss in die Berechnung einbezogen werden. Darum ist es nicht möglich, isoliert nur einzelne Vermögensgegenstände auszugleichen.

Beide Ehepartner sind einander zur Auskunft über den Bestand ihres Vermögens verpflichtet (§ 1379 BGB). Das bedeutet also, wenn einer der Ehegatten Auskunftsansprüche gegenüber dem anderen Ehepartner geltend macht, wird auch dieser Auskunft verlangen. Die Auskunftsansprüche werden oftmals zunächst außergerichtlich geltend gemacht. Ggf. wird ohne Beanspruchung des Gerichts eine Einigung gefunden. Sollte dies nicht der Fall sein, muss der Zugewinn im gerichtlichen Verfahren geltend gemacht werden. Das gilt sowohl für fehlerhafte oder nicht vollständige Auskunftserteilung wie auch für die Geltendmachung des zahlenmäßigen Anspruchs.

Und was meint Ausgleichsanspruch?

Sollte ein Ausgleichsanspruch gegeben sein, weil der Zugewinn des einen Ehepartners höher ist als der des anderen Ehepartners, hat dieser ein Anspruch auf eine bestimmte Geldsumme. Es kann nicht verlangt werden, dass bestimmte Vermögensgegenstände übertragen werden. Aber natürlich können die Ehepartner untereinander etwas anderes vereinbaren, z. B. die Übertragung eines Aktiendepots oder einer Haushälfte als Ausgleich.

Ein Beispiel zur Berechnung:



Ehemann
Ehefrau










Anfangsvermögen, Tag der standesamtlichen Trauung
§ 1374 BGB

                       50.000€
                      30.000€








Endvermögen, Tag der Zustellung des Scheidungsantrages
§ 1375 BGB

                     280.000€
                   130.000€








Zugewinn während der Ehe,
§ 1373 BGB

                       230.000€
                    100.000€








Anspruch auf Zugewinn der Ehefrau 230.000 € / 2
115.000 €

Anspruch auf Zugewinn des Ehemannes 100.000 € / 2



50.000 €










Zugewinnausgleich, 
§ 1378 I BGB

115.000 €
50.000 €

In diesem Beispielsfalls hätte der Ehemann 230.000 € Zugewinn erwirtschaftet. Die Ehefrau hat 100.000 € Zugewinn. Dem anderen Ehegatten steht jeweils die Hälfte des Zugewinns zu. D.h. der Anspruch der Ehefrau beläuft sich auf 115.000 € (230.000 € / 2) und der Anspruch des Ehemannes beläuft sich auf 50.000 € (100.000 € / 2).

Das Thema Zugewinn ist ein durchaus komplexes Thema, das hier nur kurz, zum Einlesen dargestellt wird. Außergerichtlich können Sie den Zugewinn selbst klären. Sollte gegen Sie ein gerichtliches Verfahren eingeleitet werden, herrscht Anwaltszwang. 

Zögern Sie nicht mich zu kontaktieren, wenn Sie Fragen haben. Selbstverständlich gibt es auch beim Zugewinnausgleichsanspruch ein paar Kniffe und Besonderheiten, deren Darstellung in dieser Übersicht den Rahmen sprengen würde. Ich berate Sie gerne in Ihrem ganz individuellen (Zugewinnausgleichs-)Fall. Ein Gespräch lohnt sich alleine schon um auszuloten, ob in Ihrem Fall die Geltendmachung Sinn macht.


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