2 Anwälte in Tunesien

Tunesien ist ein muslimisches Land, das allerdings mehr als 70 Jahre lang unter französischem Protektorat stand. Erst 1951 erlangte es seine Unabhängigkeit. Daher sind Ausbildungs- und Rechtssystem bis heute stark von französischen Einflüssen geprägt. Neben der Amtssprache Arabisch prägte die französische Sprache besonders das Bildungssystem. Heute ist die Fremdsprache keine offizielle Unterrichtssprache mehr, trotzdem finden sich noch viele Angebote. Als Sprache des stetig wachsenden Bildungsbürgertums wird die Sprache wohl noch lange erhalten bleiben. Für angehende Rechtsanwälte bildet sie daher eine wichtige Voraussetzung.

Der kleine Staat im Norden Afrikas hat in den letzten Jahren massiv in das Bildungssystem investiert. Es besteht eine allgemeine Schulpflicht, das Schulsystem ist noch stark französisch geprägt. Um ein Jurastudium beginnen zu können, benötigen die angehenden Juristen das "Baccalauréat". Dieser Abschluss ist nach 13 Jahren Schulbesuch zu erreichen und entspricht etwa dem deutschen Abitur. Das Jurastudium selbst befindet sich aktuell in einer Reformierungsphase, zurzeit bestehen Studiengänge nach dem alten Schema und neue Varianten, die sich an das europäische System aus Bachelor und Master anlehnen, gleichberechtigt nebeneinander. Der Zugang zum Studium ist grundsätzlich frei, die Universitäten können Aufnahmeprüfungen abhalten. Das Studium dauert im Schnitt fünf Jahre und mit erfolgreichem Abschluss können die jungen Juristen bei der Rechtsanwaltskammer in Tunis ihre Zulassung als Anwalt beantragen.

Zugelassene Rechtsanwälte in Tunesien dürfen grundsätzlich im ganzen Land Fälle vor Gericht vertreten. Die meisten Rechtsanwälte sammeln ihre ersten Erfahrungen nicht in der eigenen Kanzlei. Sie arbeiten als angestellte Rechtsanwälte, bis sie ausreichend Praxiswissen erworben und eventuell einzelne Fachgebiete etabliert haben. In den ersten fünf Jahren ihrer Tätigkeit dürfen die Rechtsanwälte an untergeordneten Gerichten arbeiten. Erst mit nachgewiesener Eignung erfolgt die Zulassung zum "Cour d’Appel" (Gericht zweiter Instanz). Für die Zulassung zum Gericht höchster Instanz müssen die Rechtsanwälte über mindestens zehn Jahre Berufspraxis verfügen.

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