9 schmutzigen Tricks bei der Scheidung begegnen

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Ist die Ehe gescheitert, sollte es im Interesse beider Ehepartner liegen, sich möglichst im gegenseitigen Einvernehmen scheiden zu lassen. In der Mehrzahl der Fälle ist dies auch durchaus möglich. Doch nicht jeder scheint dieser Empfehlung zu folgen. Es gibt immer wieder Ehepartner, die sich durch die Trennung dermaßen verletzt, gedemütigt oder enttäuscht fühlen, dass sie glauben, den anderen bekämpfen und als Übeltäter brandmarken zu müssen. Es wird alles versucht, den anderen aufs Kreuz zu legen oder über den Tisch zu ziehen. Doch wer trickst, muss damit rechnen, dass er selbst stolpert: Begegnen Sie 9 typischen schmutzigen Tricks bei der Scheidung, damit man Ihnen nicht die Wohnung kündigt, sich der Scheidung entzieht, einen guten Anwalt oder schlimmstenfalls die gemeinsamen Kinder wegnimmt.

Trick 1: Der Wettlauf um den besten Anwalt

Rechtsanwälte müssen darauf bedacht sein, nicht in Interessenkonflikte zu geraten. Ihr Ehepartner könnte bestrebt sein, mehrere Scheidungsanwälte zu konsultieren, mit dem Ziel, diesen einen Anwalt für Sie zu sperren. Führt nämlich ein Anwalt eine anwaltliche Erstberatung durch, darf er den anderen Ehepartner in einem Scheidungsverfahren nicht mehr vertreten. Der Anwalt hat in der Erstberatung bereits Details über Ihre Ehe erfahren und befindet sich in einem Interessenkonflikt, bei dem er den anderen Ehepartner als Antragsgegner betrachten muss.

Tipp:

Insoweit kann es eine gute Empfehlung sein, sich umgehend um einen Anwalt zu bemühen, sobald Sie Ihre Scheidung herbeiführen wollen. Warten Sie nicht, bis der Ehepartner Ihnen den Weg zu diesem oder jenem Anwalt versperrt.

Trick 2: Ehepartner ist „unbekannt verzogen“

Beantragen Sie die Scheidung, muss das Familiengericht Ihren Scheidungsantrag dem Ehepartner zustellen. Erst mit der Zustellung wird der Scheidungsantrag bei Gericht rechtshängig und zählt als Stichtag für die Durchführung des Zugewinnausgleichs oder Versorgungsausgleichs. Um die Zustellung zu verhindern, kommen manche Partner auf den Gedanken, ihre neue Wohnadresse zu verschleiern. Wird Ihr Scheidungsantrag dann an eine nicht mehr aktuelle Wohnadresse des Ehepartners zugestellt, kommt die Post als nicht zustellbar zurück. Mangels Zustellung wird der Scheidungsantrag nichts rechtshängig.

Tipp:

Es ist Ihre Aufgabe, alle zumutbaren Recherchen anzustellen, um die neue Wohnadresse Ihres Ex-Partners ausfindig zu machen. Der Nachweis aller zumutbaren Recherchen ist Voraussetzung, wenn Sie letzten Endes die öffentliche Zustellung des Scheidungsantrags beim Familiengericht beantragen wollen.

Trick 3: „Du kriegst die Kinder nicht!“

Haben Sie ein gemeinsames Kind, steht bei der Scheidung oft das gemeinsame Sorgerecht und insbesondere das Umgangsrecht für den nicht betreuenden Elternteil zur Debatte. Es gibt Ehepartner, die das Kind dazu benutzen, den anderen unter Druck zu setzen und emotional in die gewünschte Richtung zu manövrieren. Versucht der umgangsberechtigte Partner das Umgangsrecht dann gerichtlich durchzusetzen, läuft der Streit oft auf einen Grabenkrieg hinaus. Der Ehepartner versucht trotz eines vielleicht bestehenden gerichtlichen Beschlusses den Umgang aus scheinbar unüberwindlichen organisatorischen Gründen zu torpedieren. Besonders niederträchtig ist es, wenn das Kind dahingehend beeinflusst wird, dass es zur Loyalität gegenüber dem betreuenden Elternteil veranlasst wird und sich genötigt fühlt, den Umgang mit dem anderen Elternteil zu verweigern.

Tipp:

Der Streit um die Kinder ruiniert manche Beziehung endgültig und dauerhaft. Der Streit verhindert oft jeglichen Kompromiss, wenn es um die Scheidung an sich geht. In Anbetracht dessen, dass Sie faktisch betrachtet wenig brauchbare Möglichkeiten haben, den Umgang einvernehmlich zu regeln, sollten Sie darauf verzichten, sich auf eine kaum kalkulierbare Auseinandersetzung einzulassen. Besser könnte sein, das Umgangsrecht im Zusammenhang mit dem Scheidungsverfahren unter Einbeziehung und Vermittlung des Familiengerichts und der notwendigen Beiziehung des Jugendamtes gerichtlich regeln zu lassen und eine gerichtliche Umgangsregelung herbeizuführen.

Trick 4: Der Partner zieht mit dem Kind ins Ausland

Nach der Scheidung besteht das gemeinsame Sorgerecht beider Elternteile für ein Kind fort. Ehegatten geben sich oft der Vorstellung hin, dass sie das gemeinsame Sorgerecht verhindern können, wenn sie mit dem Kind in eine andere Stadt oder gar ins Ausland umziehen. Die Entscheidung, mit dem Kind umzuziehen, missachtet das gemeinsame Sorgerecht und das damit einhergehende Aufenthaltsbestimmungsrecht, das beide Ehegatten gleichfalls nur in Übereinstimmung ausüben können.

Tipp:

Zieht der Ehegatte in eine weit entfernte Stadt, müssen auch die Interessen des Kindes berücksichtigt werden. Insbesondere geht es darum, dass das Kind nicht aus seiner gewohnten sozialen Umgebung ohne nachvollziehbare Gründe herausgerissen wird. Zieht der Ehegatte gar ins Ausland, kommt der Straftatbestand der Kindesentführung in Betracht. Sie könnten den Ex-Partner nach dem Haager Kindesentführungsübereinkommen verpflichten, das Kind nach Deutschland zurückzuführen. Lassen Sie sich anwaltlich beraten, wie dabei vorzugehen ist.

Trick 5: Anzeige beim Finanzamt wegen vermeintlichen Schwarzgeldes

Finanzämter erhalten wohl täglich Anzeigen, meist anonymer Art, in denen ein Ehepartner anzeigt, dass der andere Schwarzgeld nicht versteuert habe oder irgendwo im Ausland geheime Konten unterhält. Das Finanzamt wird dann oft ein Ermittlungsverfahren die Wege leiten und dem Ehepartner vielleicht die Steuerfahndung ins Haus schicken.

Tipp:

Der Trick ist fies. Vor allem schadet der Ehepartner sich selbst. Wurden Sie nämlich steuerlich zusammen veranlagt, haftet der Ehepartner im Regelfall auch für die Steuerverbindlichkeiten des anderen und muss mit der Zwangsvollstreckung rechnen. Können Sie zudem nachweisen, dass der Ex-Partner Kenntnis von Ihrem schwarzen Geld hatte, muss er/sie gleichfalls damit rechnen, wegen Steuerbetrug belangt zu werden. Nicht zuletzt reduziert der Ehepartner die eigenen Chancen auf Ehegattenunterhalt und Kindesunterhalt, wenn er Sie finanziell in den Ruin führt.

Trick 6: Der Ehepartner kündigt die gemeinsame Mietwohnung

Sind Sie gemeinsam Mieter Ihrer ehelichen Wohnung, kann es sein, dass der Ehepartner den Mietvertrag kündigt und aus der Wohnung auszieht. Besonders schwierig ist die Situation, wenn der Ehepartner den Mietvertrag allein unterzeichnet hat und Sie dann infolge der Kündigung vermeintlich rechtlos darstellen und glauben, aus der Wohnung ausziehen zu müssen.

Tipp:

Sie haben nicht zu befürchten. Sind Sie gemeinsam Mieter, ist die Kündigung nicht wirksam, solange Sie nicht gleichfalls die Kündigung erklärt haben. Sie sollten umgehend mit dem Vermieter verhandeln und als neuer Mieter in das Mietverhältnis einsteigen. Sie haben sogar gesetzlich Anspruch darauf, dass das Mietverhältnis mit Ihrer Person fortgesetzt wird. Ihr Vermieter kann Ihren Eintritt in den Mietvertrag nicht verhindern.

Trick 7: Das ursprünglich einvernehmlich vereinbarte Trennungsjahr wird bestritten

Ihre Scheidung kommt erst in Betracht, wenn Sie das obligatorische Trennungsjahr vollzogen haben. Und das Trennungsjahr abzukürzen, vereinbaren Ehepartner bisweilen im gegenseitigen Einvernehmen, dass die Trennung bereits zu einem früheren Zeitpunkt erfolgt ist und der Scheidungsantrag insoweit auch früher eingereicht werden kann. Trotzdem müssen Sie damit rechnen, dass der Ehepartner beispielsweise bei der Anhörung im mündlichen Scheidungstermin plötzlich den Trennungszeitpunkt bestreitet. Sie riskieren, dass das Familiengericht Ihren Scheidungsantrag gebührenpflichtig zurückweist und Sie mit den Gerichts- und Anwaltsgebühren belastet werden.

Tipp:

Sie sollten sich auf dieses Risiko gar nicht erst einlassen. Warten Sie ab, bis das Trennungsjahr vollständig abgelaufen ist. Zudem ist es in der anwaltlichen Praxis üblich, den Scheidungsantrag wenige Wochen vor Ablauf des Trennungsjahres beim Familiengericht einzureichen. Steigt das Familiengericht dann in die Sachbearbeitung ein, ist das Trennungsjahr abgelaufen. So haben Sie kein Risiko.

Trick 8: Der Ehepartner verweigert sich der Scheidung, weil Sie „schuld“ seien

Ihre Ehe wird geschieden, wenn sie zerrüttet und damit gescheitert ist. Es zählt allein das Zerrüttungsprinzip. Auf ein eheliches Fehlverhalten kommt es nicht an. Das Schuldprinzip wurde abgeschafft.

Tipp:

Ist Ihr Ehepartner trotz Ihrer „Schuld“ mit der Scheidung einverstanden, werden Sie nach einem Jahr Trennung geschieden. Ist der Ehepartner mit der Scheidung nicht einverstanden, wird das Familiengericht spätestens nach Ablauf von drei Jahren auch gegen den ausdrücklich erklärten Willen des Ehepartners die Scheidung Ihrer Ehe beschließen. Der Vorwurf, Sie seien an der Trennung und Scheidung schuld, bleibt im Scheidungsverfahren weitgehend unberücksichtigt. In Ausnahmefällen (Härtefälle nach § 1568 BGB)) kommt die vorzeitige Scheidung auch vor Ablauf des Trennungsjahres in Betracht.

Trick 9: Ehepartner verweigert Angaben zum Versorgungsausgleich

Im Rahmen des Scheidungsverfahrens führt das Familiengericht im Regelfall von Amts wegen den Versorgungsausgleich durch. Zur Vorbereitung übersendet das Familiengericht beiden Ehepartnern Fragebögen, in denen beide Angaben zu ihren Rentenanwartschaften machen müssen. Ehepartner glauben bisweilen, sie könnten das Scheidungsverfahren verzögern, indem sie den Fragebogen nicht an das Familiengericht zurückschicken oder falsche Angaben machen.

Tipp:

Zur Durchführung des Versorgungsausgleichs obliegt beiden Ehepartnern eine gegenseitige Auskunftspflicht. Beide Ehepartner sind verpflichtet, Auskunft über ihre Rentenanwartschaften zu geben und diese durch Belege nachzuweisen. Verweigert sich ein Ehepartner, kann der andere die notwendigen Angaben bei den Versorgungsträgern oder Versicherungsunternehmen erfragen.

Verzögert sich das Verfahren durch die Prüfung, kann das Familiengericht den Versorgungsausgleich vom eigentlichen Scheidungsverfahren abtrennen und die Scheidung vorab beschließen. Der Versorgungsausgleich wird dann nachgeholt, wenn alle Auskünfte über die Anrechte vollständig vorliegen.

Alles in allem

Bei der Scheidung geht es darum, die eheliche Lebensgemeinschaft ordentlich abzuwickeln. Rosenkriege sind immer mit Verlusten verbunden. Selten gibt es einen Gewinner. Vielleicht kostet es eine gewisse Überwindung: Zeigen Sie trotz aller Vorbehalte, dass Sie die Scheidung im gegenseitigen Einvernehmen bewerkstelligen möchten und eventuell regelungsbedürftige Scheidungsfolgen außergerichtlich in einer Scheidungsfolgenvereinbarung geregelt werden können. Bestenfalls lässt sich der Ehepartner bewegen, diesem Ziel zu folgen und darauf zu verzichten, sich mit vermeintlichen Tricks Vorteile verschaffen zu wollen.

Foto(s): iurFRIEND

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