Abgasskandal-Spezialsenat: Daimler muss Funktionsweise der Abschalteinrichtung erklären

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In einer vorläufigen Rechtsauffassung nach der mündlichen Verhandlung von drei Fällen im Daimler-Abgasskandal positioniert sich der 16a. Zivilsenat am Oberlandesgericht Stuttgart sehr verbraucherfreundlich. Zahlreiche Punkte in seinen Überlegungen können zukünftig den Verbrauchern helfen, ihr Recht gegen die Daimler AG im Abgasskandal noch besser durchzusetzen.

Da vor dem OLG Stuttgart besonders viele Fälle im Abgasskandal gegen die Daimler AG behandelt werden, hat das Oberlandesgericht einen Spezialsenat eingerichtet. Der 16a. Zivilsenat ist spezialisiert auf diese Fälle und beschäftigt sich intensiv mit den genauen Umständen im Mercedes-Abgasskandal.

Im Rahmen von drei mündlichen Verhandlungen am 5. Mai 2020 positionierte sich der Spezialsenat besonders verbraucherfreundlich – und stellt sich damit den bisher wenig verbraucherfreundlichen Ansichten anderer Oberlandesgerichte entgegen. Es wurde über drei Klagen von Mercedes-Fahrern, die von der Verbraucherrechtskanzlei VON RUEDEN vertreten werden, gegen die Daimler AG verhandelt. Es ging um Dieselfahrzeuge mit der Abgasnorm Euro 5, in denen eine Abschalteinrichtung verbaut ist, die die Abgasreinigung des Motors beeinflusst.

Daimler muss Legalität von Abschalteinrichtung erklären

Der 16a. Zivilsenat stellt unter anderem geringe Anforderungen an den Klägervortrag zu Abschalteinrichtungen. Die klagenden Verbraucher müssten also keine Einzelheiten zur Funktionsweise der Abschalteinrichtungen nennen. Stattdessen müsse Daimler zukünftig erklären, warum die verbaute Abschalteinrichtung nicht illegal, sondern notwendig ist. Damit ist die Daimler AG am Zug, sich zu entlasten, da sie sich im Rahmen einer sogenannten sekundären Darlegungslast erklären muss.

Zu den Punkten, über die Daimler zukünftig mehr Auskunft geben solle, zählt zum einen die Funktionsweise der Abschalteinrichtungen – wie des Thermofensters oder der Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung –, die in den Mercedes-Fahrzeugen mit Dieselmotor verbaut sind. Zum anderen muss der Stuttgarter Autobauer aufdecken, was er den Zulassungsbehörden im Genehmigungsverfahren konkret mitgeteilt hat. Bisher hat Daimler nur Dokumente vorgelegt, die umfassend geschwärzt worden sind. Reicht der Autokonzern zukünftig weiterhin geschwärzte Unterlagen ein, will das OLG Stuttgart diese Schwärzungen zu Daimlers Nachteil auslegen – so die vorläufige Rechtsauffassung des entsprechenden Senats. Dann sei eine Verurteilung des Autobauers im Abgasskandal wegen Vorsätzlichkeit und Sittenwidrigkeit gerechtfertigt.

Senat folgt EuGH-Generalanwältin Sharpstons Bewertung der Abschalteinrichtung

Während der Verhandlungen am 5. Mai 2020 hat der 16a. Zivilsenat außerdem durchblicken lassen, dass er den Schlussanträgen der EuGH-Generalanwältin Eleanora Sharpston vom 30. April 2020 folgen wolle. Demnach handelt es sich beim Thermofenster um eine unzulässige Abschalteinrichtung. Der Zivilsenat hält die Begründung Daimlers, dass die Abschalteinrichtung dem Motorschutz diene, für unverständlich. Schließlich wird das Versottungsproblem im Zuge turnusgemäßer Inspektionen behoben. Dann aber liegen die Voraussetzungen für eine Ausnahme nicht vor.

Verbraucherfreundliche Haltung im Daimler-Abgasskandal

Die differenzierte Auseinandersetzung des 16a. Zivilsenats mit dem Daimler-Abgasskandal führt zu einer verbraucherfreundlichen Haltung in der vorläufigen Rechtsauffassung. Anders als einige andere Oberlandesgerichte positioniert sich der Spezialsenat am OLG Stuttgart auf der Seite der Verbraucher. Entsprechende Urteile in den drei aktuell verhandelten Fällen hätten ein besonderes Gewicht und würden sich auf andere Abgasskandal-Verfahren gegen Daimler auswirken. Damit können sich die Erfolgsaussichten für Dieselfahrer weiter verbessern.

Diese vorläufige Rechtsauffassung ist noch kein Urteil. Die Verhandlungen in den drei Verfahren werden weiter fortgesetzt.

Die Verbraucherrechtskanzlei VON RUEDEN berät und vertritt Dieselfahrer im Abgasskandal deutschlandweit. Fahren auch Sie einen Mercedes oder ein anderes Dieselfahrzeug, das vom Abgasskandal betroffen ist? Nehmen Sie Kontakt zu uns auf. Wir schätzen Ihre Erfolgsaussichten gegen den Autohersteller kostenfrei ein!


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