OLG Köln: Daimler muss im Abgasskandal Funktionsweise des Thermofensters darlegen

  • 2 Minuten Lesezeit

Daimler muss die Funktionsweise seines Thermofensters bei der Abgasreinigung darlegen. Das hat das Oberlandesgericht Köln am 18. Mai 2020 in einem Verfahren zum Mercedes-Abgasskandal verfügt (Az.: 24 U 410/19).

Das Gericht verlangt, dass Daimler darlegt, ab welchen Temperaturen und in welcher Weise die Abgasrückführung des streitgegenständlichen Fahrzeugs gesteuert wird. Zudem soll der Autobauer erklären, ob diese Funktion zum Schutz des Motors und sicheren Betriebs des Fahrzeugs notwendig ist und ob die Steuerung der Abgasrückführung länger arbeitet als zum Anlassen des Motors erforderlich ist.

Die EuGH-Generalanwältin Eleanor Sharpston hatte in ihrem Schlussantrag in einem Verfahren zum VW-Abgasskandal am Europäischen Gerichtshof bereits Ende April deutlich gemacht, dass sie Abschalteinrichtungen grundsätzlich für unzulässig hält, wenn sie dazu führen, dass die Grenzwerte beim Emissionsausstoß nicht eingehalten werden. Dabei bezog sie sich nicht nur auf die unzulässige Abschalteinrichtung im VW-Dieselmotor EA 189, sondern auch auf andere Funktionen, die das Abgasverhalten beeinflussen und im realen Straßenverkehr für einen erhöhten Emissionsausstoß sorgen.

Dabei stellte sie auch klar, dass Ausnahmen nur in ganz engen Grenzen zulässig sind und nur, wenn sie zum unmittelbaren Schutz des Motors vor Beschädigung dienen. Funktionen, die den Motor nur vor Verschleiß oder Versottung schützen sollen, fallen nicht unter die Ausnahmen, so die Generalanwältin.

„Gemessen an den Worten der EuGH-Generalanwältin dürfte es Daimler schwerfallen, das Gericht von der Notwendigkeit der Thermofenster bei der Abgasreinigung zu überzeugen. Das gilt besonders, wenn die Thermofenster dazu führen, dass die Abgasreinigung schon bei im Jahresschnitt üblichen Durchschnittstemperaturen reduziert bzw. ganz abgeschaltet wird. Das kann nur den Schluss zulassen, dass es sich um eine unzulässige Abschalteinrichtung handelt und Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden können“, sagt Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung.

Grundsätzlich ist der Druck auf Daimler im Abgasskandal gestiegen. Das liegt auch an einem Beschluss des BGH vom 28. Januar 2020. Demnach reicht es aus, wenn der Kläger hinreichende Anhaltspunkte für das Vorhandensein einer unzulässigen Abschalteinrichtung liefert. Dann können die Klagen nicht einfach als Vortrag „ins Blaue hinein“ abgewiesen werden. Dementsprechend ist Daimler im Rahmen der sekundären Darlegungslast gefordert, Funktionsweise und Notwendigkeit einer Abschalteinrichtung zu erklären. Den Kläger in dem Fall hatte Rechtsanwalt Dr. Hartung in den ersten beiden Instanzen vertreten und den Fall bis vor den BGH getragen.

Dieser Beschluss des BGH zeigt Wirkung. So hat z.B. das Landgericht Stuttgart verfügt, dass Daimler wichtige Informationen zur Abgasreinigung bereitstellen muss. Anderenfalls könnte dies als Beweisvereitelung angesehen werden (Az.: 12 O 87/18). Der 16a. Zivilsenat des OLG Stuttgart stellte klar, dass Daimler im Rahmen der sekundären Darlegungslast erklären müsse, warum eine Abschalteinrichtung notwendig und zulässig ist. Das OLG Frankfurt hat mit Beschluss vom 6. April ein Sachverständigengutachten angeordnet (Az. 12 U 233/19).

„Das alles zeigt: Für Daimler wird es im Abgasskandal immer enger und Schadensersatzansprüche lassen sich besser durchsetzen“, so Rechtsanwalt Dr. Hartung.

Mehr Informationen auf der Kanzleihomepage.



Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung

Beiträge zum Thema