Abgasskandal: Urteile bestätigen Manipulation bei VW-Motor EA 288

  • 3 Minuten Lesezeit

Immer mehr Gerichtsurteile bestätigen, dass die Volkswagen AG auch den Motor EA 288 im Abgasverhalten manipuliert hat. Bislang hat sich die Volkswagen AG auf den Standpunkt gestellt, der Motor EA 288 verfüge über keine unzulässige Abschalteinrichtung. Entsprechende Klagen hätten keine Aussicht auf Erfolg.

Mehrere Urteile (noch nicht rechtskräftig) widerlegen dies nunmehr:

  • Das Landgericht Bielefeld (Az. 8 O 440/20) hat dem Eigentümers am 14.07.2017 erworbenen VW Passat Typ EA288 der Euro-Norm 6 mit einem NOx-Speicherkatalysator (NSK) Schadenersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung zugesprochen. Nach den Erkenntnissen des Gerichts verfügte das Fahrzeug über eine Fahrkurvenerkennung. Mit dieser Funktion könne es erkennen, ob es sich auf dem Prüfstand befindet.
  • Das Landgericht Regensburg (Endurteil v. 19.03.2020, Az. 73 O 1181/19) spricht von einer prüfstandsoptimierten Umschaltlogik auch beim Motor EA 288 eines VW Golf VII und bejaht eine vorsätzlich sittenwidrige Schädigung des Käufers durch die durch die Volkswagen AG.
  • Das Landgericht Darmstadt (Az. 13 O 88/20, Urt. v. 31.08.2020) stellte in seinem Urteil zum Motor EA 288 fest, dass aufgrund der gesetzeswidrigen Steuerungssoftware der gesetzlich definierte Grenzwert für den Stickoxidausstoß ausschließlich im Prüfverfahren zur Typengenehmigung eingehalten wird.
  • Das Oberlandesgericht Naumburg vertritt in seinem Urteil vom 09.04.2021, Az. 8 U 68/20 bezüglich eines VW Golf VII mit dem Motor EA 288 der Abgasklasse Euro 6, dass die Software der Motorsteuerung verschiedene Betriebsmodi für den Prüfzyklus und den normalen Betrieb des Fahrzeugs vorsehe und damit eine unzulässige Prüfstanderkennung, vergleichbar mit Vorgehen bei Motor EA 189, aufweise. Damit habe die Volkswagen AG das Kraftfahrtbundesamt getäuscht und Käufer des Fahrzeugs bewusst sittenwidrig getäuscht.
  • Das OLG Köln hat in einem Berufungsverfahren bezüglich eines Audi B Limousine Sport 2,0 TDI mit dem Motor EA 288 wegen hinreichender Anhaltspunkte für eine Manipulation des Abgasverhaltens den Rechtsstreit an die erste Instanz zurückverwiesen ein gerichtliches Sachverständigengutachten als erforderlich angesehen (vgl. Urteil v. 20.11.2020, Az. 19 U 22/20).
  • Das Landgericht Duisburg hat bereits mit Urteil vom 30.10.2018, Az. 1 O 231/18 einem Käufer eines VW Golf VII 1.6 TDI der Abgasklasse Euro 6 einen Schadenersatzanspruch gegen die Volkswagen AG nach § 826 BGB zugesprochen. Es stellte hierzu fest: „Zwar hielt sich der Stickoxidausstoß auf dem Prüfstand in den vorgegebenen Grenzwerten, das aber nur unter Einsatz der Software, die dann die erhöhte Abgasrückführung bewirkte. Im alltäglichen Straßenbetrieb, also ohne diese erhöhte Abgasrückführung, wurden die Grenzwerte demgegenüber überschritten. Das stellt die Beklagte nicht in Abrede, wenn sie betont, auf den Stickoxidausstoß im Straßenbetrieb komme es für die Erfüllung der Schadstoffnorm nicht an. Die Beklagte bestreitet nicht, dass der Motor des Typs EA288 durch eine solche Software gesteuert wird.“

Bereits im Rahmen der US-Ermittlungen wurde der Volkswagen AG vorgeworfen, dass auch der Motor EA 288, Manipulationen aufweise. Die gängige Stellungnahme der Herstellerin hierzu lautet regelmäßig, dies betreffe nur den US-amerikanischen Markt. Mittlerweile greifen Gerichte hierzulande neue Erkenntnisse aus Unterlagen der Volkswagen AG zum Motor EA 288 auf und verurteilen den Hersteller zur Rückabwicklung von Fahrzeugkäufen.

Die Volkswagen AG selbst erklärt demgegenüber auf ihrer Website weiterhin, Klagen mit dem Vorwurf der Manipulation des Motors EA 288 seien erfolglos, nach der „obergerichtlichen Rechtsprechung“ fehle es an jeglichen Anhaltspunkten für eine unzulässige Abschalteinrichtung beim Motor des Typs EA288 (vgl. https://www.volkswagenag.com/de/group/Diesel/ea288.html).

Dabei führt die Volkswagen AG selbst an, bereits im November 2015 eine Fahrkurvenerkennung aus Fahrzeugen entfernt zu haben bzw. eine solche nicht mehr zu programmieren.

Im Dezember 2019 veranlasste die Staatsanwaltschaft Braunschweig Durchsuchungen bei der Volkswagen AG im Zusammenhang mit Manipulationen am Motor EA 288.

Zwischenzeitlich wurde eine Rückrufaktion mit dem Aktionscode 23X4 gestartet. Auch dies spricht für eine verbaute unzulässige Abschalteinrichtung.

Für den Fall von Fragen steht Ihnen Rechtsanwalt Philipp Neumann (Kanzlei 2vier2 in Frankfurt am Main) unter der Telefonnummer 069-770394690 bzw. per Mail unter neumann@kanzlei-2vier2.de zur Verfügung. Rechtsanwalt Philipp Neumann ist Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht und seit über 15 Jahren in der Prozessführung tätig. Er vertritt seit 2016 Geschädigte (Aktionäre und Autokäufer) im Abgasskandal.



Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Philipp Neumann Maître en Droit

Beiträge zum Thema