Abmahnung durch Wettbewerber zu Grundpreis, Garantie etc: Abmahnung wegen mit oder ohne Vertragsstrafe und Abmahnkosten?

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Seit Dezember 2020 gibt es ein neues Wettbewerbsrecht (UWG).

Eine Intention des Gesetzgebers war es, die massenhaften Abmahnungen durch Wettbewerber aufgrund von fehlenden Informationspflichten zu beschränken.

Der Gesetzgeber dachte dabei an eine fehlende Widerrufsbelehrung oder ein Impressum aber auch an Verstöße gegen die Preisangabenverordnung.

Insoweit regelt § 13 Abs. 4 Nr. 1 UWG, dass keine Abmahnkosten verlangt werden dürfen bei einer Abmahnung

im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien begangenen Verstößen gegen gesetzliche Informations- und Kennzeichnungspflichten.

Wettbewerber dürfen in diesem Fall zwar noch abmahnen, jedoch keine Abmahnkosten geltend machen. Sogenannte Abmahnvereine dürfen durchaus noch Abmahnkosten geltend machen, wie aber auch eine strafbewehrte Unterlassungserklärung fordern.

Dies gilt für Wettbewerber nicht: Gemäß § 13 a Abs. 2 UWG darf bei einem erstmaligen Verstoß wegen der Verletzung einer Informationspflicht im Internet keine strafbewehrte Unterlassungserklärung gefordert werden, wenn der Abgemahnte in der Regel weniger als 100 Mitarbeiter beschäftigt.

Nach Inkrafttreten des neuen Wettbewerbsrechtes ging daher die Anzahl der Abmahnungen wegen Informationspflichtenverstöße durch Wettbewerber erheblich zurück.

Die Änderung des UWG wurde jedoch durch Juristen, wie aber auch durch Gerichte, kritisiert. Zugegebenermaßen ist die Regelung nicht besonders gelungen, insbesondere kann man sich die Frage stellen, welchen Sinn eine Unterlassungserklärung ohne Vertragsstrafe hat. Üblicherweise entfällt die sogenannte Wiederholungsgefahr nur dann, wenn eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben wird. Dies bedeutet, der Abgemahnte sich auf der einen Seite verpflichten soll, etwas zukünftig zu unterlassen, für den Fall der Zuwiderhandlung verpflichtet er sich gleichzeitig, an den Abmahner eine Vertragsstrafe zu zahlen.

Informationspflicht oder Irreführung?

Kreative Juristen kamen schnell darauf, dass eine fehlende Information ein Wettbewerbsverstoß gemäß § 5 a UWG sein könnte, nämlich eine Irreführung durch Unterlassung.

In § 5 a Abs. 1 UWG heißt es insofern:

„§ 5a Irreführung durch Unterlassen

(1) Unlauter handelt auch, wer einen Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer irreführt, indem er ihm eine wesentliche Information vorenthält,

1.die der Verbraucher oder der sonstige Marktteilnehmer nach den jeweiligen Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, und

2. deren Vorenthalten dazu geeignet ist, den Verbraucher oder den sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

Für diese Ansicht streitet eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes mit dem schönen Namen „Knuspermüsli II“. Nach Ansicht des BGH ist eine Informationspflicht in Bezug auf die kommerzielle Kommunikation allein nach § 5 a Abs. 2 und 4 UWG zu beurteilen und nicht nach der allgemeinen Regelung nach § 3 a UWG.

Dies zugrunde gelegt könnte man vereinfacht gesagt annehmen, dass jede fehlende Information dennoch kostenpflichtig abgemahnt werden kann, da eine Irreführung durch Unterlassung vorliegt.

Ganz so einfach ist es jedoch nicht.

In der Rechtsprechung ist zu dieser Thematik zurzeit allerlei in Bewegung.

Hintergrund mag sein, dass die Anzahl der gerichtlichen Verfahren auf wettbewerbsrechtliche Unterlassung seit Änderung des UWG im Dezember 2020 erheblich zurückgegangen ist. Ein Gericht, welches abmahnerfreundlich ist und sich ggf. den Ruf erarbeitet, auch Informationspflichten einfach so durchzuwinken, nachdem zuvor eine kostenpflichtige Abmahnung mit der Forderung einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ausgesprochen wurde, kann sich sicher sein, ein beliebtes Prozessgericht zu werden. Hinzukommt, dass in diesen Fällen, d.h. wenn man annimmt, dass eine Irreführung durch Unterlassung nach § 5 a UWG vorliegt, der fliegende Gerichtsstand gilt. Ein derartiges Gericht könnte somit deutschlandweit eine Anlaufstelle für die entsprechende gerichtliche Durchsetzung von Unterlassungsansprüchen sein.

Unterschiedliche Rechtsprechung zu Informationspflichtenverstößen

Aus unserer Beratungspraxis, wie aber auch aus der Rechtsprechung ist uns bekannt, dass die Rechtsprechung hinsichtlich der Frage, ob eine Informationspflicht im Sinne des § 13 Abs. 4 Nr. 1 UWG vorliegt oder nicht, sehr unterschiedliche Ansichten vertritt.

So muss z.B. bei der Werbung mit einer Garantie gemäß § 479 BGB umfangreich über Garantiebedingungen informiert werden. Dies war vor Dezember 2020 ein häufiges Abmahnthema. Nunmehr scheint es wieder loszugehen. Uns ist zumindest eine gerichtliche Entscheidung bekannt, die eine fehlende Information zur Garantie als Irreführung durch Unterlassung ansieht mit der Folge, dass kostenpflichtig, wie aber auch mit der Forderung nach einer strafbewehrten Unterlassungserklärung abgemahnt werden kann.

Wie sich das für das Gericht zuständige Oberlandesgericht dazu positionieren würde, ist nach unserer Kenntnis noch nicht entschieden.

Aktuell geäußert hat sich jedoch das Oberlandesgericht Hamm (OLG Hamm, Beschluss vom 06.02.2024, Az.: 4 W 22/23):

Es ging um die fehlerhafte Angabe eines Grundpreises. Der Abgemahnte hatte eine nicht strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben, daraufhin war eine einstweilige Verfügung beantragt und erlassen worden. Gegen diese einstweilige Verfügung wurde ein sogenannter Kostenwiderspruch eingelegt.

Kostenwiderspruch bedeutet, dass die einstweilige Verfügung bis auf die Kostenentscheidung als endgültige Regelung anerkannt wird. Das Gericht muss nur noch über die Kosten des Rechtsstreites entscheiden.

Sowohl die erste Instanz wie aber auch das OLG hatten entschieden, dass der Abmahner (Antragsteller) die Kosten des Verfahrens zu tragen hatte.

Nach Ansicht des OLG Hamm hatte der Abmahner zumindest bei einem fehlenden Grundpreis keinen Anspruch auf Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung. Hierbei bezieht sich das Gericht auf die Gesetzesbegründung des § 13 a Abs. 2 UWG.

Zudem stellt das OLG klar, dass ein fehlender Grundpreis ein Verstoß gegen gesetzliche Informations- und Kennzeichnungspflichten ist. In der Gesetzesbegründung war die Preisangabenverordnung ausdrücklich genannt worden.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang der Hinweis des OLG, dass in der Gesetzesbegründung weiter klargestellt wurde, dass es sich bei Verstößen gegen den gesetzliche Informations- und Kennzeichnungspflichten nicht um Verstöße gegen spezifische Informations- und Kennzeichnungspflichten im Onlinehandel oder auf Webseiten handeln muss, sondern dass es bereits ausreichend ist, dass diese Verstöße in diesem Bereich auftreten.

Die häufig diskutierte BGH-Entscheidung Knuspermüsli II wird so eingeordnet, dass die dogmatische Einordnung von Informationspflichten als Irreführung und Unterlassung nur mit Schadenersatzansprüchen des § 9 UWG zu tun haben. An eine Verletzung des § 5 a werden weitergehende Rechtsfolgen geknüpft, als bei einer allgemeinen Verletzung von § 3 a.

Die Abmahnung einer Informationspflicht mit Abmahnkosten und der Forderung nach einer strafbewehrten Unterlassungserklärung stellt auch für den Abmahner ein nicht unerhebliches Risiko dar:

Wenn Kosten geltend gemacht werden, obwohl dies nicht zulässig ist und wenn eine Unterlassungserklärung mit Vertragsstrafe gefordert wird, obwohl dies nicht zulässig ist, könnte dies Rechtsmissbrauch sein.

Hinzukommt, dass eine Unterlassungserklärung mit einer Vertragsstrafenregelung weitreichende Folgen haben kann, insbesondere bei Verstößen gegen die Preisangabenverordnung (Grundpreise) oder bei einer Garantiewerbung. Hier kann es schnell zu Fehlern und somit dann zu einer Vertragsstrafenforderung kommen.

Ich berate Sie bei einer Abmahnung wegen der Verletzung von Informationspflichten, z.B. Preisangabenverordnung, Grundpreise oder fehlende Informationen zu einer Garantie.

Meine grundsätzlichen Empfehlungen:

  1. Unterschreiben Sie auf keinen Fall ohne anwaltliche Beratung voreilig die vorformulierte Unterlassungserklärung.
  2. Nehmen Sie ohne Prüfung keine Zahlung vor.
  3. Lassen Sie sich zunächst anwaltlich beraten.

Zu mir und meiner Tätigkeit:

Ich berate als Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz in meiner Kanzlei Internetrecht-Rostock.de tagtäglich Abgemahnte wie Sie und verfüge daher über Erfahrung aus einer Vielzahl von Abmahnverfahren.

Die Kanzlei Internetrecht-Rostock.de informiert auf ihrer gleichnamigen Internetseite seit mehr als 20 Jahren mit inzwischen über 3.000 Beiträgen über Themen für Online-Händler und berät eine Vielzahl von Online-Händlern bei der Absicherung ihrer Auftritte.

Ich berate Sie bundesweit auch kurzfristig telefonisch. Im Rahmen meiner Beratung erörtere ich mit Ihnen die Rechtslage und die verschiedenen Handlungsalternativen mit den jeweiligen Vor- und Nachteilen. Selbstverständlich erhalten Sie von mir auch konkrete Empfehlungen für das weitere Vorgehen.  

Sie haben auch eine Abmahnung wegen der Verletzung von Informationspflichten (Grundpreis, Widerrufsbelehrung, Impressum, Garantie etc.) erhalten?

Wenn Sie auch eine Abmahnung von einem Rechtsanwalt für einen Wettbewerber wegen der angeblichen Verletzung von Informationspflichten erhalten haben, können Sie sich über die angegebenen Kontaktdaten unkompliziert mit mir in Verbindung setzen:

  • Rufen Sie mich einfach an (Tel. 0381-260 567 30).
  • Schicken Sie mir eine E-Mail (rostock@internetrecht-rostock).
  • Oder lassen Sie mir über die Funktion „Nachricht senden“ eine Mitteilung zukommen.


Johannes Richard
 Rechtsanwalt
 Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz


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