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Ärger mit dem Vorverwalter – Kostenvorschuss für Jahresabrechnung

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Die Beziehung zwischen Wohneigentümergemeinschaft und ihren Verwaltungen ist mitunter „kompliziert“ und häufig auch streitbefangen. Anlass sind regelmäßig Verpflichtungen des Verwalters, die nach Ansicht der Wohneigentümer nicht richtig oder nicht rechtzeitig (oder beides) erfüllt werden. Besonders problematisch kann das werden, wenn sich die Eigentümergemeinschaft bereits von der WEG-Verwaltung getrennt hat und sich im Nachhinein herausstellt, dass nicht richtig gearbeitet wurde.

Problemfall WEG-Jahresabrechnung

Besonders dramatisch wird es, wenn es um die Jahresabrechnung der Eigentümergemeinschaft geht. Denn die Wohneigentümer zahlen keine „Mitgliedsbeiträge“ in die Gemeinschaft ein, von denen dann die laufenden Ausgaben bestritten werden und (wenn sie nicht ausgegeben werden) auf Dauer im Gemeinschaftsvermögen verbleiben. Vielmehr muss jährlich eine Abrechnung erstellt werden, auf dessen Grundlage dann einerseits die Einzelabrechnungen gegenüber den Eigentümern erstellt werden und andererseits zahlreiche Beschlüsse der Eigentümerversammlung basieren. Wenn sich eine solche Abrechnung nachträglich als fehlerhaft herausstellt, muss sie nachgeholt werden. Aber was geschieht, wenn der Verwaltung, die den Mist gebaut hat, bereits vorher gekündigt wurde?

Nachträgliche Erstellung der Abrechnung durch Vorverwaltung oder Dritten

Naheliegenderweise wendet man sich an die Vorverwaltung und lässt die Abrechnung neu erstellen. Das ist grundsätzlich in rechtlicher Hinsicht kein Problem. Rein praktisch ist der vorige Verwalter oftmals nicht der Lage, zeitnah eine korrekte Jahresabrechnung vorzulegen – beispielsweise wegen Personalmangel, Überlastung oder schlichter Inkompetenz. Dann ist es zielführender, der früheren Verwaltung eine Frist zu setzen und nach Ablauf dieser Frist nach § 637 BGB die Abrechnung „selbst vorzunehmen“. Das muss dann aber jemand machen, „der sich damit auskennt“ – und dieser Dritte nimmt für diese Tätigkeit natürlich Geld.

Geld hinterherrennen oder Kostenvorschuss

Gelöst ist das Problem dann aber immer noch nicht. Zwar hat man dann vielleicht eine ordnungsgemäße Jahresabrechnung, muss nun aber dem Geld, welches man den Rechnungsersteller gezahlt hat, unter Umständen hinterherlaufen. Doch auch dieses Problem kann man vermeiden, indem man vom Vorverwalter einen Kostenvorschuss verlangt und diesen gegebenenfalls einklagt.

BGH: Selbstvornahme durch Dritten nicht immer möglich

Einen solchen Fall hatte der Bundesgerichtshof (BGH) 2021 zu entscheiden. Ein Gericht hatte die durch die Vorverwaltung erstellte Jahresabrechnung für unwirksam erklärt, nach einem 1. Korrekturversuch reichte es der WEG, wollte den Auftrag für die Neuerstellung extern vergeben und klagte einen Kostenvorschuss ein. Nachdem die vorigen Instanzen (Amtsgericht und Landgericht Frankfurt am Main) uneinheitlich entschieden, gab der BGH der Wohneigentümergemeinschaft im Grundsatz recht, differenziert jedoch sehr genau nach der jeweiligen Funktion, die die Jahresabrechnung für die WEG im konkreten Fall haben soll.

Differenzierung nach Doppelfunktion

In seiner Entscheidung (Urteil vom 26. Februar 2021 – V ZR 290/19) unterscheidet der Bundesgerichtshof danach, welchen Ziel die Abrechnung dient. Verlangten die Eigentümer Rechnungslegung (gemäß §§ 675, 666, 259 Abs. 1 BGB), dann betrifft das den Verwaltervertrag als einen auf „Geschäftsbesorgung gerichteten Dienstvertrag“. Da zu der Rechnungslegung gehört, dass der Verwalter die Richtigkeit seiner Abrechnung versichern muss, kann dies niemand anderes für ihn leisten. Hier kommt deswegen keine Selbstvornahme und deswegen auch kein Kostenvorschussanspruch für die Leistung einer anderen Person in Betracht, die die Abrechnung für den vor Verwalter übernimmt.

Geht es aber darum, dass die Abrechnung zur Vorbereitung von Beschlüssen, insbesondere zur Festlegung von Vorschüsse und Nachzahlungen genutzt werden soll, dann fehlt das persönliche Element, das nur der ursprünglich beauftragte Verwalter leisten kann. In diesem Fall geht es bei der Abrechnungserstellung lediglich um einen konkreten Erfolg, der mit „handwerklichen“ Mitteln erbracht wird. Dementsprechend kann Werkvertragsrecht angewendet werden und eine Ersatzvornahme durch jemanden, der fachlich ebenfalls in der Lage ist, eine Jahresabrechnung zu erstellen, ist möglich – und hierfür kann auch ein Kostenvorschuss verlangt und notfalls eingeklagt werden.

Entscheidung auch auf das neue Recht übertragbar

Die Entscheidung des BGH erging zwar noch auf Grundlage des bis 2020 geltenden Wohneigentumsgesetz. Das Gericht deutet jedoch an, dass sich in dieser Hinsicht zwar die Normen und ihre Kennzeichnung verändert haben, inhaltlich jedoch auch bei Anwendung des neuen Rechtes keine andere Entscheidung ergangen wäre.

Anwaltstipp

Mitglieder einer Wohneigentümergemeinschaft müssen es also nicht unbedingt hinnehmen, dass eine bereits nicht mehr für die WEG tätige Verwaltung auch bei verloren gegangenem Vertrauen eine unwirksame Jahresabrechnung nachbessern muss. Wie auch sonst bei mangelhaften Leistungen muss zwar regelmäßig Gelegenheit zur Mängelbeseitigung gegeben werden – wenn dies nach Ablauf einer gesetzten Frist nicht geschehen ist, kann die Erstellung der Jahresabrechnung an einen Dritten übertragen werden, bzw. gegebenenfalls ein Kostenvorschuss für diese Arbeit verlangt werden. Aber lediglich unter dem Aspekt, dass das Zahlenwerk lediglich für die Vorbereitung von Beschlüssen der Eigentümerversammlung genutzt wird.


Dieser Beitrag dient der allgemeinen Information und entspricht dem Kenntnisstand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung. Wenn Sie zu diesem Thema eine Frage haben oder eine Beratung wünschen, können Sie sich gerne an die Kanzlei Alsterland und Rechtsanwalt Jörn Blank wenden. Rufen Sie einfach an oder melden sich per E-Mail. Beachten Sie bitte, dass zwar weder die Kontaktaufnahme noch allgemeine Vorfragen mit Kosten verbunden sind – aber die eigentliche Beratungstätigkeit und die Beantwortung rechtlicher Fragen schon.



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