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Eigenmächtiger Verwalter versus Wohneigentümergemeinschaft

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Gut gemeint ist nicht immer gut gelungen. Diese Binsenweisheit bestätigt sich mitunter auch dann, wenn sich ein Verwalter über die Beschlüsse der Eigentümerversammlung hinwegsetzt, weil er meint, eine bessere Lösung gefunden zu haben. So war es wohl auch in einem Ende 2021 vom Bundesgerichtshof (BGH) entschiedenen Fall, in dem ein Verwalter den WEG-Beschluss ignorierte, eine bestimmte Firma mit Sanierungsarbeiten des Objekts zu betrauen.

Geiz war nicht so geil 

Man mag es der Verwaltung zugutehalten, dass sie der Gemeinschaft nur Geld sparen wollte. Denn das Angebot, der dann schließlich engagierten Firma lag 10 % unter dem, was die Eigentümer der Wunsch-Firma zahlen wollten. Aber nicht lange nach Durchführung der Arbeiten wurde die Firma insolvent und aus dem Handelsregister gelöscht. Um Mangelbeseitigungsansprüche durchzusetzen, ist dies eine äußerst ungünstige Situation, in die sich die WEG versetzt fühlte. Da der Verwalter die nicht gewollten Arbeiten vom Konto der Gemeinschaft bezahlte, forderten die Eigentümer das Geld zurück – immerhin über 36.000 €.

Rückforderungsanspruch gegen Erstattungsanspruch

Da die WEG den Vertrag nicht genehmigte, bestand ein klarer Rückforderungsanspruch für die Eigentümer. Streitfrage war jedoch, ob die Verwaltung einen Gegenanspruch geltend machen durfte. Denn schließlich wurden die Arbeiten ja zum Nutzen der Eigentümergemeinschaft durchgeführt. Damit wollte der Verwalter aufrechnen, was die Vorinstanzen – Amtsgericht Achim und Landgericht Lüneburg – jedoch ablehnten.

BGH: Auch dem eigenmächtigen Verwalter können Ersatzansprüche zu stehen

Der Bundesgerichtshof stellte sich in seinem Urteil vom 10. Dezember 2021 – V ZR 32/21 auf den Standpunkt, dass auch dem eigenmächtigen Verwalter grundsätzlich ein Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder dem Bereicherungsrecht zustehen kann. Denn im Gegensatz zum eigenmächtig handelnden Mitglied der WEG, der in einem vergleichbaren Fall keine Gegenansprüche hätte, steht dem Verwalter aufgrund seiner Organstellung ein Handlungs- und Entscheidungskompetenz für solche Aufträge zu.

Abzug von bis zu 20 % 

Damit trägt der BGH auch dem Umstand Rechnung, dass der Verwalter als Vollzugsorgan der Gemeinschaft verpflichtet ist, die Beschlüsse durchzuführen. Außerdem ist die Gemeinschaft dadurch „bereichert“, dass eine Sanierung durchgeführt wurde. Der Umstand, dass sich der Verwalter über die Entscheidung der Wohnungseigentümer hinweggesetzt hat, eine bestimmte Firma zu beauftragen, kann allerdings dazu führen, dass sich der Gegenanspruch des Verwalters um bis zu 20 % reduziert. Das Problem, dass aufgrund der Fehlentscheidung des Verwalters Mangelbeseitigungsansprüche nicht durchgesetzt werden können, wird dadurch zumindest reduziert.

Entscheidung auch für das neue Recht anwendbar

Ob diese Kompensation angemessen ist, wird sichwohl in der Praxis immer erst im konkreten Einzelfall zeigen. Mit einiger Sicherheit kann aber schon jetzt gesagt werden, dass die vorliegende Entscheidung, die noch nach dem alten Recht ergangen ist, auch in Zukunft Bestand haben wird. Denn die Rolle und Bedeutung des Verwalters, insbesondere seine organschaftliche Stellung, ist durch das neue WEG-Recht noch gestärkt worden. Und diese Stellung war letztlich das entscheidende Argument für den BGH, dem Verwalter aufrechenbare Ansprüche zuzugestehen.

Nicht geklärt: Schadensersatzansprüche gegen die Verwaltung?

Eine in diesem Zusammenhang sich eigentlich aufdrängende Frage musste der BGH jedoch nicht entscheiden: Wenn beispielsweise in dem vorliegenden Fall aufgrund eines Mangels kostenintensive Nachbesserungsarbeiten notwendig gewesen wären oder Schäden entstünden – hätte die Eigentümergemeinschaft dann gegebenenfalls einen Schadensersatzanspruch gegen den Verwalter? Hier wird man wohl bei einer eigenmächtigen Auftragsvergabe und insoweit unbefugten Geldausgabe grundsätzlich von einer Verletzung des Verwaltervertrags und damit einer Pflichtverletzung ausgehen können, die einen Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 BGB auslösen kann. In so einem Fall ist es der Eigentümergemeinschaft sehr zu empfehlen, möglichst umfassend Beweise zu sichern, um den konkreten Schaden möglichst präzise beziffern zu können.

Dieser Beitrag dient der allgemeinen Information und entspricht dem Kenntnisstand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung. Wenn Sie zu diesem Thema eine Frage haben oder eine Beratung wünschen, können Sie sich gerne an die Kanzlei Alsterland und Rechtsanwalt Jörn Blank wenden. Rufen Sie einfach an oder melden sich per E-Mail. Beachten Sie bitte, dass zwar weder die Kontaktaufnahme noch allgemeine Vorfragen mit Kosten verbunden sind – aber die eigentliche Beratungstätigkeit und die Beantwortung rechtlicher Fragen schon.



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