Äußerungen in WhatsApp – ein Kündigungsgrund?

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Viele Arbeitgeber sehen unpassende Äußerungen ihrer Arbeitnehmer nicht gerne. Insbesondere Arbeitgeber mit einer gesellschaftlichen Betätigung reagieren besonders empfindlich und mitunter sind auch private Gespräche längst nicht so vertraulich, wie zunächst gedacht.

Ob auch private Äußerungen zur Kündigung des Arbeitnehmers führen können, erfahren Sie in diesem Beitrag.

Darum ging es in dem Verfahren

Der Kläger arbeitete als technischer Leiter bei einem Verein, der sich stark in der Flüchtlingshilfe engagierte. Er schrieb mit zwei anderen Arbeitnehmern des Vereins in einer WhatsApp-Gruppe. Einige Zeit später gelangte der Verein an die Chatprotokolle. Es stellte sich heraus, dass sich der Kläger fremdenfeindlich und menschenverachtend über Geflüchtete geäußert hatte. Diese Äußerungen gelangten auch an die Presse und führten zu einer intensiv geführten Diskussion in der Öffentlichkeit.

Der Verein kündigte dem Kläger aufgrund der Äußerungen. Der Betroffene war jedoch der Ansicht, es handle sich um eine rein private Unterhaltung. Der Verein dürfe ihm nicht kündigen. Denn schließlich seien seine Äußerungen durch die Meinungsfreiheit geschützt. Er erhob daher Kündigungsschutzklage.

Der Verein entgegnete vor Gericht, die fremdenfeindlichen Äußerungen des Klägers seien so schwerwiegend, dass eine Kündigung gerechtfertigt sei. Sei das Gericht anderer Ansicht, so solle es das Arbeitsverhältnis zumindest gegen Zahlung einer Abfindung auflösen.

Entscheidung des LAG

Das LAG stimmte dem Kläger grundsätzlich zu und erklärte die Kündigung für unwirksam. Ein Kündigungsgrund bestehe nicht. Die Äußerungen seien ersichtlich im privaten Rahmen getätigt worden und der Kläger habe auf die Vertraulichkeit der Kommunikation vertraut. Auch habe die WhatsApp-Gruppe aus nur wenigen Mitglieder bestanden und der Kläger habe sein privates Handy genutzt. Diese Privatsphäre werde aber durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers geschützt und der Verein könne in dieses nicht durch eine Kündigung eingreifen.

Zudem sei auch nicht an der Eignung des Klägers für seinen Beruf zu zweifeln. Der Kläger sei technischer Leiter und betreue nicht selbst die Geflüchteten. Er habe daher keine gesteigerten Treuepflichten.

Das LAG gab jedoch dem Auflösungsantrag (dazu mehr unten) des Vereins statt und sprach dem Kläger eine Abfindung zu. Aufgrund der Äußerungen des Klägers sei der Ruf des Vereins geschädigt worden. Würde der Kläger nun weiterbeschäftigt werden, habe der Verein erhebliche Schwierigkeiten bei der Gewinnung von Personal und ehrenamtlichen Helfern sowie der Öffentlichkeitsarbeit zu befürchten.

Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19. Juli 2021 – Az. 21 Sa 1291/20

Fazit

  • Äußerungen innerhalb einer privaten Chatgruppe von Arbeitskollegen sind grundsätzlich kein Kündigungsgrund.
  • Dies gilt zumindest dann, wenn der Arbeitnehmer von der Vertraulichkeit der Kommunikation ausgehen durfte.
  • Ein Auflösungsantrag kann jedoch gerechtfertigt sein, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers aufgrund seiner Äußerungen nicht länger zumutbar ist.

Zum Hintergrund: 

Kündigungen sind grundsätzlich nur dann möglich, wenn der Arbeitgeber einen Kündigungsgrund hat (§ 1 KSchG). Fremdenfeindliche und menschenverachtende Äußerungen können einen solchen „verhaltensbedingten“ Kündigungsgrund darstellen. Dies gilt umso mehr, wenn der Arbeitgeber in einem sozialen Umfeld tätig ist und bei seinem Wirken politische und gesellschaftliche Ziele im Vordergrund stehen.

Rein private Äußerungen können aber grundsätzlich nicht zur Kündigung eines Arbeitnehmers berechtigen. Das ist zumindest dann so, wenn der Arbeitnehmer von der Vertraulichkeit der Kommunikation ausgehen durfte und nicht erwarten musste, dass die Äußerungen nach außen getragen werden. Das gilt auch für vertrauliche Gespräche unter Arbeitskollegen.

Aber Achtung: Wird im Whatsapp-Chat der Arbeitgeber beleidigt oder verleumdet, ist eine Kündigung hingegen nicht ausgeschlossen – trotz Vertraulichkeit der Nachrichten. So hat zuletzt das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg (Az.: 17 Sa 52/18) entschieden.

Auch wenn kein Kündigungsgrund vorliegt, können Arbeitgeber vor Gericht aber beantragen, dass das Gericht das Arbeitsverhältnis trotzdem gegen Zahlung einer Abfindung auflöst (§ 9 KSchG). Das Gericht gibt diesem Antrag statt, wenn eine weitere den Betriebszwecken dienliche Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht mehr zu erwarten ist. Ein schuldhaftes Verhalten des Arbeitnehmers ist hier nicht erforderlich, kann sich jedoch auf die Höhe der Abfindung auswirken.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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