Kündigungsschutz bei Schwangerschaft

  • 6 Minuten Lesezeit

Bestimmte Personengruppen genießen besonderen Kündigungsschutz. Dies gilt auch in der Schwangerschaft. Wir zeigen Ihnen, was das für schwangere Arbeitnehmerinnen bedeutet.

1. Kann ich während der Schwangerschaft gekündigt werden?

2. Wann greift der besondere Kündigungsschutz?

3. Sonderfälle

4. Wie lange gilt der Kündigungsschutz wegen Schwangerschaft?

5. Gibt es Fälle, in denen ich doch gekündigt werden kann?

6. Was gilt bei Eigenkündigungen?

7. Fazit

1. Kann ich während der Schwangerschaft gekündigt werden?

Schwangere Frauen haben es auf dem Arbeitsmarkt besonders schwer. Aus diesem Grund werden Sie durch das Mutterschutzgesetz besonders geschützt. Das gilt auch in Bezug auf Kündigungen. Während der Schwangerschaft können Sie grundsätzlich nicht gekündigt werden. Es greift also ein besonderer Kündigungsschutz.

Für den Arbeitgeber gilt ein Kündigungsverbot (§ 17 Mutterschutzgesetz – MuSchG). Daran kann er sich allerdings nur halten, wenn ihm die Schwangerschaft auch bekannt war. Ist Ihr Arbeitsplatz also erkennbar gefährdet, kann es sich für Sie lohnen, eine Schwangerschaft frühzeitig offenzulegen.

Doch keine Sorge: Kündigt Ihnen der Arbeitgeber in Unkenntnis der Schwangerschaft, können Sie die Kündigung noch nachträglich beseitigen, indem Sie rechtzeitig Ihre Schwangerschaft offenlegen. Hierzu ist schnelles Handeln gefragt. Sie müssen Ihren Arbeitgeber innerhalb von zwei Wochen ab Erhalt der Kündigung informieren. Andernfalls wird die Kündigung wirksam. Das gilt nur dann nicht, wenn Sie zur Mitteilung nicht in der Lage waren.

Die Mitteilung muss nicht durch Sie selbst erfolgen. Sie können also z.B. Ihren Partner oder Ihren Arzt zur Mitteilung ermächtigen.

In den meisten Fällen bekommt Ihr Arbeitgeber Ihre Schwangerschaft mit, sei es durch Kollegen oder ein Gespräch mit Ihnen. Zu Ihrer Sicherheit sollten Sie allerdings stets auch eine schriftliche Mitteilung machen. So sind Sie besser gewappnet, wenn Ihr Arbeitgeber später vor Gericht vorgibt, von Ihrer Schwangerschaft nichts gewusst zu haben.

Weiß Ihr Arbeitgeber auch zwei Wochen nach der Kündigung nichts von Ihrer Schwangerschaft, gilt Folgendes:

  • Stets unwirksam ist eine Kündigung wegen der Schwangerschaft. Kündigt Ihnen der Arbeitgeber, weil Sie schwanger sind, liegt ein Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz vor (AGG).
  • Im Übrigen sind Sie grundsätzlich – wie jeder Arbeitnehmer – durch das Kündigungsschutzgesetz geschützt. Die Kündigung ist deshalb nur zulässig, sofern sie sozial gerechtfertigt ist.

Wichtig: In jedem Fall müssen Sie Klage erheben, wenn Sie die Kündigung aus der Welt schaffen wollen. Andernfalls wird Ihre Entlassung automatisch wirksam. Sie haben ab Zugang der Kündigung grundsätzlich drei Wochen Zeit, um Ihre Klage einzureichen.

2. Wann greift der besondere Kündigungsschutz?

Der Kündigungsschutz wegen Schwangerschaft greift, sobald Sie schwanger sind. Nicht ausreichend ist eine bloß geplante Schwangerschaft.

Entscheidend ist, ob Sie tatsächlich schwanger sind (zur Berechnung s. unten). Sollten Sie selbst von Ihrer Schwangerschaft nichts gewusst haben, steht dies dem Kündigungsverbot nicht entgegen. Umgekehrt begründet die bloß irrtümliche Annahme der Schwangerschaft keinen Kündigungsschutz wegen Schwangerschaft.

Abzugrenzen davon ist die Vermutung einer Schwangerschaft. Erhalten Sie eine Kündigung, müssen Sie spätestens zwei Wochen nach Erhalt nachweisen, dass Sie schwanger sind. Gerade zu Beginn der Schwangerschaft ist Ihnen dieser Umstand aber nicht immer hundertprozentig gewiss. In diesem Fall kann es ausreichen, wenn Sie rechtzeitig mitteilen, dass die berechtigte Vermutung für eine Schwangerschaft besteht. Im Regelfall besteht dann die Pflicht, die Vermutung durch eine Untersuchung zu bestätigen.

Entscheidend ist, dass die Schwangerschaft zur Zeit der Kündigung bereits besteht. Tritt die Schwangerschaft erst nach Ausspruch der Kündigung (also während der Kündigungsfrist) ein, greift das Kündigungsverbot nicht mehr.

3. Sonderfälle

Neben dem üblichen Schwangerschaftsverlauf kann es Sonderfälle gehen. Auch hier stehen Sie in den meisten Fällen nicht schutzlos da.

Fehlgeburt

Das Mutterschutzgesetz dient dem Schutz werdender Mütter. Seit dem Jahr 2017 greift der Kündigungsschutz aber auch für Frauen, die eine Fehlgeburt erlitten haben. Das heißt, Ihnen kann bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Fehlgeburt nicht gekündigt werden. Voraussetzung ist allerdings, dass Sie die Fehlgeburt erst nach der zwölften Schwangerschaftswoche erlitten haben (§ 17 Abs. 1 MuSchG)

Künstliche Befruchtung

Soll die Schwangerschaft durch künstliche Befruchtung (In-vitro-Fertilisation) eingeleitet werden, beginnt der Kündigungsschutz mit dem Embryonentransfer. Nicht entscheidend ist also, dass bereits eine Befruchtung außerhalb der Gebärmutter stattgefunden hat.

Befristetes Arbeitsverhältnis

Besteht das Arbeitsverhältnis nur befristet, endet es mit Ablauf der Frist. Eine Schwangerschaft hindert die Befristung nicht. Das gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber schon bei Vertragsschluss von der Schwangerschaft wusste. Gegebenenfalls besteht allerdings ein Recht auf Weiterbeschäftigung, wenn feststeht, dass Ihr Vertrag ohne Schwangerschaft zweifelsfrei verlängert worden wären.

4. Wie lange gilt der Kündigungsschutz?

Der Kündigungsschutz greift im gesamten Zeitraum Ihrer Schwangerschaft.

Wann diese begonnen hat, ist nicht immer genau feststellbar. Der Beginn der Schwangerschaft wird deshalb durch eine Rückrechnung festgelegt. Ausgangspunkt ist der ärztlich festgestellte voraussichtliche Entbindungstermin. Von dort an erfolgt eine Rückrechnung um 280 Tage. Die ärztliche Bescheinigung ist dementsprechend auch Ihr Beweismittel, wenn Sie Ihre Schwangerschaft in einem Kündigungsprozess nachweisen müssen.

Darüber hinaus sind Sie auch als Mutter weiterhin geschützt: Der Kündigungsschutz wegen Schwangerschaft endet erst mit dem Ende der sog. Schutzfrist (§ 3 Abs. 2 MuSchG) und frühestens mit Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung. Nach der Entbindung greift grundsätzlich eine Schutzfrist von acht Wochen, in der Sie nicht beschäftigt werden dürfen. Diese kann sich bei Frühgeburten oder Zwillingsgeburt verlängern. Das Gleiche gilt für den Fall einer Behinderung des Kindes. Im Regelfall ist die viermonatige Frist aber ohnehin länger.

Der Arbeitgeber kann Sie aber auch unmittelbar nach dieser Zeit nicht so einfach kündigen. Das Mutterschutzgesetz verbietet dem Arbeitgeber, bereits während Ihrer Schwangerschaft Vorbereitungsmaßnahmen zu treffen, um Sie nach Ablauf der Schutzfrist zu entlassen. Trifft er also Vorbereitungen vor Ablauf der Schutzfrist, ist die Kündigung ebenfalls unwirksam.

Beispiel: A betreibt eine Kfz-Werkstatt. Die Buchhaltung wird alleine durch die Arbeitnehmerin B betreut. B ist schwanger, was A auch bekannt ist. Er ist der Meinung, dass er sich auf B nicht mehr verlassen können wird, sobald das Kind da ist. Vorsorglich schreibt er daher die Stelle im Internet neu aus und führt erste Bewerbungsgespräche durch. Das Kündigungsschreiben für A hat er bereits vorbereitet und zur Post gegeben. Die Kündigung soll aber erst nach Ablauf der Schutzfrist wirksam werden.

In dem Beispiel hat A bereits Vorbereitungsmaßnahmen getroffen, um B nach Ihrer Schwangerschaft zu ersetzen. Hier wurde die Kündigung sogar ausdrücklich während der Frist vorbereitet. A verstößt damit gegen § 17 des MuSchG. Die Kündigung ist unzulässig.

Unzulässig ist auch die Anhörung des Betriebsrats, die Einholung der Zustimmung des Integrationsamtes oder die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung während der Schutzfrist.

5. Gibt es Fälle, in denen ich doch gekündigt werden kann?

In Ausnahmefällen kann eine Kündigung trotz Schwangerschaft zulässig sein. Auf Antrag des Arbeitgebers kann behördlich die Kündigung ausnahmsweise zugelassen werden (§ 17 Abs. 2 MuSchG).

Die Zustimmung muss durch die oberste Landesbehörde erteilt werden, die für den Arbeitsschutz zuständig ist. Die Kündigung darf auch in diesem Fall allerdings nicht mit dem Zustand der Frau in der Schwangerschaft oder nach der Entbindung in Zusammenhang stehen.

Der Arbeitgeber muss die Kündigung außerdem begründen.

Gründe für die Zustimmung der Behörde sind beispielsweise außerordentliche Kündigungsgründe, wobei darüber hinaus erschwerende Zustände hinzutreten müssen. Möglich ist eine Zustimmung beispielsweise bei

  • schwerwiegenden und vorsätzlichen Vertragsverstößen
  • oder tätlichen Angriffen gegenüber dem Arbeitgeber.

Im Normallfall überwiegt der Kündigungsschutz nach dem Mutterschutzgesetz. Dass eine Kündigung im Einzelfall doch zugelassen wird, sollte daher stets die Ausnahme darstellen.

6. Was gilt bei Eigenkündigungen?

Kündigen Sie das Arbeitsverhältnis selbst, greifen die Schutzmechanismen nicht. Haben Sie wegen einer Schwangerschaft gekündigt, die tatsächlich nicht vorliegt, besteht grundsätzlich kein Recht, die Kündigung anzufechten.

7. Fazit

  • Schwangere können während der Schwangerschaft grundsätzlich nicht gekündigt werden. Ein Verstoß gegen das Kündigungsverbot führt zur Nichtigkeit der Kündigungserklärung.
  • Dennoch: Sie müssen gegen die Kündigung klagen, um sie aus der Welt zu schaffen.
  • Das Kündigungsverbot gilt für Schwangere bis frühestens zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung, darüber hinaus bis zum Ablauf der sog. Schutzfrist.
  • Nacht einer Fehlgeburt greift das Kündigungsverbot, wenn diese nach der zwölften Schwangerschaftswoche eintritt.
  • Unzulässig sind auch Vorbereitungsmaßnahmen während der Schutzfrist.



Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Tobias Ziegler

Beiträge zum Thema