AIDAbella - Große Winterpause mit Routenänderung

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Was ist passiert ?

Das Hochseeschiff AIDAbella aus der beliebten Flotte von AIDA Cruises sollte am 8. Dezember 2022 den Hafen von Hamburg verlassen und Richtung Karibik fahren. Infolge einer leichten Havarie konnte das Schiff AIDAbella den Hafen von Hamburg erst mit zwei Tagen Verspätung verlassen. Daraus entwickelte sich eine erhebliche Abweichung der tatsächlich durchgeführten Route von der geplanten Route. Von den 43 Tagen geplanter Kreuzfahrt kam es zu Änderungen mit dem Ergebnis, dass statt 18 geplante Seetage insgesamt 25 Seetage angefallen sind. Fünf Destinationen darunter, Hamilton (Bermudas), Ponta Delgada (Azoren) und Porto sind ersatzlos gestrichen worden. Weitere Änderungen waren während der Kreuzfahrt zu bemängeln.


Routenänderung gleich Reisemangel?

Die Änderung der Route führt unweigerlich zur Mangelhaftigkeit der Reise. Jede Änderung, unabhängig davon, aus wessen Sphäre die Änderung stammt, stellt einen Reisemangel dar, der die Minderung des Reisepreises rechtfertigt. In welcher Höhe die Minderung des Reisepreises eintritt, hängt von der Beeinträchtigung, die von der Routenänderung ausgeht, ab. Eine persönliche Gewichtung eines einzelnen Reiseziels durch den Reisenden bleibt unbeachtlich, es sei denn ein bestimmtes Ziel wird in der Reisebeschreibung besonders hervorgehoben. In diesem Fall kann die Minderung des Reisepreises eine höhere Quote erreichen.

Obliegenheiten des Reisenden ?

Wichtig ist es, dass der Reisende den Reisemangel unverzüglich bei der Reiseleitung vor Ort oder unmittelbar gegenüber dem Reiseveranstalter anzeigt. Die Minderung des Reisepreises ist ausgeschlossen, wenn die Anzeige des Mangels nicht erfolgte. In der Rechtsprechung haben sich zwar Ausnahmen für eine Entbehrlichkeit der Mängelanzeige etabliert, aus Gründen der Sicherheit sollte der Reisende aber dennoch den Mangel bei der Reiseleitung oder dem Reiseveranstalter anzeigen, damit nach Rückkehr von der Reise über diesen rechtlichen Gesichtspunkt kein Streit entsteht. Nicht erforderlich ist eine Fristsetzung mit Abhilfeverlangen. Das ist regelmäßig nur dann notwendig, wenn der Reisende beabsichtigt, den Reisevertrag während der Reise infolge Mangelhaftigkeit zu kündigen. Zur Kündigung des Reisevertrages ist das vorherige Abhilfeverlangen mit Fristsetzung unabdingbare Voraussetzung.


Ansprüche der Reisenden ?

Wegen der Routenänderung besteht die Möglichkeit, den Reisepreis zu mindern. Als grober Anhaltspunkt gilt, dass je ausgefallenem Hafen der Tagesreisepreis in einer Größenordnung von 30-40 % gemindert ist. Je nach Gewichtung des ausgefallenen Hafens kann auch eine geringfügig höhere Minderung des Reisepreises eintreten. Für die 43-tägige Winterreise von Hamburg in die Karibik und zurück dürfte die Minderung des Gesamtreisepreises in Höhe von pauschal 25 % des vereinbarten Reisepreises angemessen sein.


Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit?

Der Anspruch auf Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit kann im Einzelfall zum Anspruch auf Minderung des Reisepreises hinzutreten. Nach § 651n Abs. 2 BGB entsteht dieser Anspruch immer dann, wenn die Pauschalreise vereitelt oder erheblich beeinträchtigt wird.
Die Vereitelung ist immer dann anzunehmen, wenn die Reise nicht stattgefunden hat oder die einzelnen Reiseleistungen mit der vertraglichen Vereinbarung nichts mehr gemeinsam haben. Die erhebliche Beeinträchtigung der Reiseleistungen wird nach der gängigen Rechtsprechung immer dann angenommen, wenn die Minderung des Reisepreises 50 % übersteigt. Im Einzelfall haben Gerichte auch die erhebliche Beeinträchtigung bei einer Minderung von mindestens  35 % angenommen. Im Falle der Routenänderung während der ansonsten beanstandungsfrei durchgeführten Karibikkreuzfahrt dürften die Voraussetzungen für den Anspruch auf Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit  nicht gegeben sein. Bei einer Minderung von 25 % des vereinbarten Reisepreises wird man schwer die erhebliche Beeinträchtigung der Reise begründen können. Dies gilt umso mehr, wenn die Unterbringung in der Kabine und die Verpflegung auf dem Schiff frei von Beanstandungen sind. 

Unser Ansinnen ist es stets, Reisende objektiv über die Rechte zu informieren. Wir halten es für unseriös, Ansprüche in den Raum zu stellen, die bei objektiver Würdigung der Rechtslage nicht durchsetzbar sind und nur der Erhöhung des Streitwerts dienen. Unsere Mandanten haben eine ehrliche und offene Meinung zu erwarten und diese Erwartung erfüllen wir uneingeschränkt.

Wir wollen mit unserer Haltung auch verhindern, dass Gerichte die von uns vertretenen Kläger für maßlos bei der Bezifferung der Ansprüche halten. Realistisch bei der Bezifferung der Forderung zu bleiben, führt auch dazu, dass der Reisende mit seinem Ansinnen vor Gericht wirklich ernst genommen wird.


Für die Beratung zu den Ansprüchen nach mangelhafter Kreuzfahrt steht Ihnen advocatur Wiesbaden – die Spezialkanzlei für Reise- , Luftverkehrsrecht und Seetouristik– gerne zur Verfügung. Mit unserer über 30-jährigen Erfahrung Erfahrung aus mehr als 20.000 Reiseprozessen vor vielen Amts- und Landgerichten der Bundesrepublik Deutschland können wir ein Optimum an anwaltlichem „Know-how“ bieten.

Eine Vielzahl von Mandanten stammt nicht aus unserer Region, dem Rhein-Main-Gebiet. Wir vertreten selbstverständlich auch Reisende, die weiter weg wohnen. Durch die modernen Kommunikationsmittel ist die optimale Vertretung auch bei größeren Entfernungen zwischen Mandant und Anwaltskanzlei jederzeit gewährleistet.

Foto(s): Holger Hopperdietzel

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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