Air Berlin – Wilder Streik oder massenhafter Vertragsbruch ?

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Die Airline Air Berlin, die sich gerade im Bieterverfahren befindet, ist durch die kurzfristige Krankmeldung von 200 Piloten weiter in Bedrängnis geraten. Durch die krankheitsbedingten Flugausfälle gingen der insolventen Airline mehrere Millionen Einnahmen verloren.

Wie die Süddeutsche Zeitung am 13.09.2017 berichtete, haben sich die Piloten in einem Messenger Dienst verabredet, sodass tatsächlich nicht von Krankmeldungen, sondern von einer konzertierten Aktion gegen das Management ausgegangen werden muss.

Vertragsbruch

Wenn das zutrifft, dann liegt ein zweihundertfacher Bruch der Arbeitsverträge und – wenn für die Zeit der Krankschreibung im Rahmen des Entgeltfortzahlungsgesetzes Löhne weiter bezogen wurde – Betrug vor.

In der Regel belegen die Piloten ihre Krankheit, richtigerweise krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit, mit einer Bescheinigung vom Arzt (AU). Liegt eine solche Bescheinigung vor, gehen die Arbeitsgerichte im Allgemeinen von der tatsächlichen Vermutung aus, dass der Arbeitnehmer aufgrund einer Erkrankung nicht arbeiten konnte. Im Ausnahmefall besteht aber trotz einer ärztlichen Krankschreibung Grund für die Annahme, dass objektiv keine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit vorliegt – oder dass eine solche sogar bewusst vorgetäuscht wird.

Trägt der Arbeitgeber einen solchen Verdacht vor, muss er seine Zweifel an der Richtigkeit der ärztlichen Bescheinigung durch objektive Tatsachen belegen. Aus diesen müssen sich „ernsthafte Zweifel“ an der Richtigkeit der Bescheinigung ergeben. Kann der Arbeitgeber solche Tatsachen nachweisen, ist der Beweiswert der ärztlichen Bescheinigung erschüttert, d. h. der Arbeitnehmer wäre – wenn der Arbeitgeber die Vorlage der AU verlangt hätte – unentschuldigt der Arbeit ferngeblieben.

Kein wilder Streik

Ein wilder Streik liegt, wie zahlreiche Medien berichten, hier nicht vor. Ein Streik, der ohne vorherigen Aufruf durch die Gewerkschaft erfolgt, ist nach geltender deutscher Rechtsauffassung rechtswidrig, da er von keiner tariffähigen Partei geführt wird.

Das Ergebnis ist aber in beiden Fällen ähnlich: Es handelt sich um einem Fall der bloßen Arbeitsverweigerung, gegen die der Arbeitgeber individualrechtlich vorgehen kann.

Philip Keller
Rechtsanwalt
Köln


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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