Aktuelles Urteil des BGH zur Neuheitsschonfrist bei Geschmacksmustern

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Ein Geschmacksmuster hat die erforderliche Neuheit und Eigenart, auch wenn der Inhaber eine sachlich identische Gestaltung zuvor schon innerhalb der Neuheitsschonfrist selbst angemeldet hat.

Das Geschmacksmuster schützt die ästhetische Gestaltung eines Gegenstands. Geschützt sind also das Design, die Form, aber auch die Farbe und sogar die Oberfläche des Gegenstands. Das Geschmacksmuster muss neu sein und Eigenart haben. Die Neuheit fehlt einem Geschmacksmuster gemäß § 2 Abs. 2 GeschmMG, wenn vor dem Anmeldetag schon ein identisches Muster offenbart worden ist. Eigenart hat ein Muster, wenn sich der Gesamteindruck, den es beim informierten Benutzer hervorruft, von dem Gesamteindruck unterscheidet, den ein anderes Muster bei diesem Benutzer hervorruft, das vorher offenbart worden ist, § 2 Abs. 3 GeschmMG.

Grundsätzlich ist also jede Vorveröffentlichung des Designs schädlich für den rechtlichen Bestand des später angemeldeten Geschmacksmusters. Eine Ausnahme macht das Gesetz aber für den Designer bzw. Entwerfer selbst: Gemäß § 6 GeschmMG bleibt eine Offenbarung bei der Beurteilung der Neuheit und Eigenart unberücksichtigt, wenn das Design während der zwölf Monate vor dem Anmeldetag durch den Entwerfer selbst veröffentlicht wurde. Dem späteren Anmelder kommt also eine zwölfmonatige Neuheitsschonfrist zugute.

Im vom BGH entschiedenen Fall hatte ein Geschmacksmusterinhaber Ansprüche aus einem Geschmacksmuster für Schuhsohlen gegen einen Verletzer geltend gemacht. Dieser wandte nun ein, dass das Geschmacksmuster nicht neu sei und keine Eigenart besitze, weil der Geschmacksmusterinhaber selbst sieben Monate zuvor ein Geschmacksmuster für Schuhe angemeldet habe, welches das identische Design der Sohlen enthalte. Erörtert wurde neben der Frage, ob zwischen dem geschützten Schuh und der geschützten Schuhsohle eine begrenzte Sachidentität besteht, auch die Frage, ob in diesem Fall auch die Neuheitsschonfrist des § 6 GeschmMG dem Geschmacksmusterinhaber zu Gute kommt. Der BGH entschied, dass die Frage, ob begrenzte Sachidentität zwischen der Schuhsohle und dem Schuh besteht, nicht entschieden werden muss. Wenn dies nicht der Fall ist, muss das voreingetragene Geschmacksmuster außer Betracht bleiben. Liegt Sachidentität vor, gilt für den Geschmacksmusterinhaber auf jeden Fall die Neuheitsschonfrist des § 6 GeschmMG, auch wenn die Vorveröffentlichung in einer Geschmacksmusteranmeldung selbst liegt. Im Ergebnis wurde das Geschmacksmuster also als rechtsbeständig angesehen. Die Verurteilung des Verletzers zur Unterlassung blieb daher bestehen.

Fazit: Das Geschmacksmuster ist wichtig für den Schutz jedweden Designs, selbst wenn es sich um technische Produkte handelt, deren Technik durch ein Patent geschützt ist. Ein Geschmacksmuster hat die erforderliche Neuheit und Eigenart, auch wenn der Anmelder selbst das Design vorher schon veröffentlicht hat. Es gilt die zwölfmonatige Neuheitsschonfrist. Dies gilt auch, wenn die Vorveröffentlichung in einer eigenen Geschmacksmusteranmeldung bestand. Erfolgte die Vorveröffentlichung allerdings mehr als 12 Monate vor Anmeldung, ist das Geschmacksmuster in jedem Fall nicht mehr neu und hat nicht die erforderliche Eigenart.

(BGH, Beschluss vom 23. Februar 2012, Aktenzeichen I ZR 68/11)

Rechtsanwalt Axel Dreyer, LL.M. Gewerblicher Rechtsschutz

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