Alkohol und E-Scooter – Gefahr für die Fahrerlaubnis?

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E-Scooter erfreuen sich nach wie vor größter Beliebtheit und sind aus dem Bild der Großstädte kaum noch wegzudenken. An fast jeder Ecke stehen sie bereit. Allerdings wissen immer noch viele Nutzer nicht, welche Konsequenzen drohen können, wenn man einen E-Scooter alkoholisiert in Betrieb nimmt.

Der E-Scooter ist ein "Elektrokleinstfahrzeug" im Sinne der Verordnung über die Teilnahme von Elektrokleinstfahrzeugen im Straßenverkehr (eKFV). Im Gegensatz zum Pedelec sieht das Straßenverkehrsgesetz für E-Scooter keine Ausnahmeregelung vor und so gelten für E-Scooter dieselben Gesetze und Vorschriften wie für Kraftfahrzeuge. Es sind daher nicht nur dieselben Promillegrenzen wie bei der Nutzung eines PKW oder eines Motorrades maßgeblich, auch die Vorschriften über die Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 69 StGB) und die Anordnung einer Sperre zur Wiedererteilung der Fahrerlaubnis (§ 69a StGB) sind grundsätzlich anwendbar.

Begeht man mit einem Kraftfahrzeug eine Trunkenheitsfahrt, gilt man in der Regel als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen und die Fahrerlaubnis ist zu entziehen. Gleichzeitig kann eine Sperre zur Neuerteilung der Fahrerlaubnis für die Dauer von sechs Monaten bis zu fünf Jahren angeordnet werden. Zu der Frage, ob auch eine Trunkenheitsfahrt mit einem E-Scooter zu einer Entziehung der Fahrerlaubnis führt, gab es in den letzten Jahren bereits verschiedenste Urteile. Nun hat das LG Leipzig in seiner Entscheidung vom 24.06.2022 noch einmal ganz anschaulich ausgeführt, weshalb durchaus zwischen einer Trunkenheitsfahrt mit einem PKW und einer Trunkenheitsfahrt mit einem E-Scooter differenziert werden sollte.

Schon nach Sinn und Zweck des § 69 StGB sei davon auszugehen, dass dieser seinen eigentlichen (ursprünglichen) Anwendungsbereich im Bereich der führerscheinpflichtigen Kraftfahrzeuge hat. Denn nur dort findet zur Erteilung einer Fahrerlaubnis überhaupt eine Eignungsprüfung statt. Der E-Scooter kann hingegen führerscheinfrei und sogar von Personen ab dem 14. Lebensjahr geführt werden. So prüft auch niemand, ob der E-Scooter-Fahrer nach seinen fahrerischen Fähigkeiten, seinen Kenntnissen über die Regelungen des Straßenverkehrs oder charakterlich geeignet ist. Außerdem könne das vom E-Scooter ausgehende Gefahrenpotential nicht mit dem Gefahrenpotential verglichen werden, das von einem führerscheinpflichtigen Fahrzeug ausgeht. Die Trunkenheitsfahrt mit einem E-Scooter gefährde primär den E-Scooter-Fahrer, weniger aber andere Verkehrsteilnehmer.

Selbst wenn man trotz der Unterschiede zwischen E-Scooter und Kraftfahrzeugen grundsätzlich einen Regelfall für die Entziehung der Fahrerlaubnis annehmen wollte, sind stets die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. In der vom Landgericht Leipzig getroffenen Entscheidung lagen die besonderen Umstände darin, dass der Angeklagte nachts um 3:45 Uhr zu extrem verkehrsarmer Zeit nur auf dem Radweg unterwegs war und die zurückgelegte Strecke mit 20 Metern sehr kurz war. Außerdem wies der Angeklagte keinerlei Ausfallerscheinungen auf und ist nicht durch sein Fahrverhalten auffällig geworden.

Das Landgericht führte aus, dass man aus dem Fehlverhalten mit einem nicht führerscheinpflichtigen Elektrokleinstfahrzeug keinerlei Rückschluss darauf ziehen könne, dass der Angeklagte die Tat auch mit einem führerscheinpflichtigen Fahrzeug begangen hätte. Denn bei dem Angeklagten handelte es sich nachweislich um einen langjährigen unauffälligen Kraftfahrzeugführer, dem niemals ein Fehlverhalten mit einem führerscheinpflichtigen Fahrzeug zur Last gelegt wurde. Auch die Folgen eines Fahrerlaubnisentzugs wären in einem solchen Fall nur schwer zu verstehen. Denn der Angeklagte dürfte wegen des Fehlverhaltens mit dem E-Scooter zwar kein Auto mehr fahren, aber weiterhin mit einem E-Scooter unterwegs sein.

So dürfte auch die Ansicht des Landgerichts, bei Trunkenheitsfahrten mit dem E-Scooter sei es naheliegender für die Grenze zur absoluten Fahruntüchtigkeit auf die Rechtsprechung zum Fahrradfahrer (1,6 Promille) abzustellen, bei vielen auf Zustimmung stoßen. Obergerichtliche Rechtsprechung gibt es hierzu aber noch nicht und so bleibt abzuwarten, wie sich die Debatte um Trunkenheitsfahrten mit E-Scootern entwickelt.

Für Beschuldigte bedeutet dies umso mehr, zeitnah einen Anwalt aufzusuchen, um den Einzelfall prüfen zu lassen und ggf. die Entziehung der Fahrerlaubnis abwenden zu können.

Quelle: LG Leipzig, Urteil vom 24. Juni 2022 – 9 Ns 504 Js 66330/21


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