Als Anwalt auf LinkedIn: „Ich empfehle immer, sich selbst als Marke zu zeigen“

  • 8 Minuten Lesezeit
Irina Shafir: Als Anwalt auf LinkedIn: „Ich empfehle immer, sich selbst als Marke zu zeigen“
Katja Grund anwalt.de-Redaktion

Seit Kurzem hat Rechtsanwältin Irina Shafir ein anwalt.de-Profil. Neben ihrer Tätigkeit als Anwältin berät sie als LinkedIn-Coach andere Rechtsanwälte. Im Interview erzählt sie, welche Potenziale Social Media bereithalten und warum es sinnvoll ist, die eigenen Rechtstipps auch in den sozialen Medien zu teilen. Außerdem gibt sie Tipps, wie die Postings besonders erfolgreich werden.

Soziale Medien werden gerade aus Anwaltssicht noch gelegentlich als ungeeignet für einen professionellen Außenauftritt eingestuft. Welche Argumente sprechen gegen diese Annahme?

Soziale Medien schaffen Vertrauen. Ein Anwalt kann sich authentisch positionieren, sich aber unabhängig hiervon sehr professionell zeigen. Wie man sich in den sozialen Medien konkret zeigen möchte und welche Ziele hiermit vor allem verfolgt werden, darf jeder für sich selbst entscheiden. In meinen Coachings mache ich zunächst eine Bestandsaufnahme, welches Ziel eigentlich verfolgt wird, und richte hierauf dann eine Strategie aus.

Manch ein Anwalt möchte seine Expertise auf einem bestimmten Gebiet herausarbeiten. Viele Kollegen sagen, dass sie eine bestimmte Zielgruppe an Mandanten erreichen möchten, die sie bislang nicht erreichen. Andere Kollegen haben die passenden Mandanten und suchen passende Mitarbeiter. All dies lässt sich durch soziale Medien sehr gut erreichen, denn hier werden durch die passende Strategie gerade diejenigen Personen angezogen, auf die man seine eigene Positionierung und Strategie ausrichtet.

Ich selbst habe für meine Kanzlei in der Vergangenheit beispielsweise Google Ads und andere Marketing-Tools ausprobiert. Diese funktionieren gut, ohne Frage. Dennoch finden mich die besten Mandanten über LinkedIn – ähnlich wie durch einen Rechtstipp auf anwalt.de –, weil ich genau diese Mandanten mit meiner LinkedIn-Seite und meinem Content gezielt anspreche. Diese Mandanten bleiben dann dauerhaft bei mir in der Beratung, weil eine gewisse Beziehung aufgebaut wurde, noch bevor es zum Mandat kam.

Ich höre oft, dass soziale Medien von Anwälten deshalb nicht genutzt werden wollen, weil es mit viel Zeiteinsatz verbunden wird. Tatsächlich kostet meiner Meinung nach ein falsches Mandat mehr Zeit und Geld als der professionelle Online-Auftritt, mit dem ich die richtigen Mandanten gewinnen kann. Deshalb biete ich für Kanzleien auch individuelle Webinare an. In diesen Webinaren erkläre ich in 60 Minuten, welche Positionierung für die Kanzlei optimal wäre, wie die LinkedIn-Seite optimiert werden kann und wie der strategische Netzwerkausbau eigentlich funktioniert. Nach einem Webinar ändern die meisten Kollegen bereits ihre Meinung und probieren die sozialen Medien für sich aus. LinkedIn ist für unsere Berufsgruppe mein absoluter Favorit.

Ist es zeitlich realistisch, dass Anwälte ihr Profil auf LinkedIn selbst pflegen können?

Absolut. Das machen tatsächlich die meisten meiner Kunden, denn man muss nur wissen, wie es geht, und vor allem, wie es zeitsparend funktioniert. Den meisten Kollegen macht LinkedIn-Marketing tatsächlich auch großen Spaß. Für einige Kollegen schreibe ich in der Shafir Legal Marketing GmbH aber auch den Content, weil sie zu wenig Zeit haben – auch das gibt es. Für andere Kollegen macht es die Assistentin oder eine virtuelle Assistenz.  

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Empfehlen Sie Anwälten, verschiedene soziale Medien zu kombinieren? 

Selbstverständlich ist die Kombination verschiedener Kanäle immer sinnvoll. Je sichtbarer jemand ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass mehr Mandatsanfragen und mehr Bewerbungen von Mitarbeitern kommen. Ich habe auch schon über Instagram Mandate und Anfragen von Journalisten erhalten und gleichzeitig über LinkedIn. Hier spielt allerdings der Aspekt eine Rolle, dass die Zeit in unserem Beruf fehlt. Wir sind ja keine Influencer, die ihr Geld damit verdienen, in den sozialen Medien durchweg präsent zu sein. Wir arbeiten eher im Hintergrund, und da macht es Sinn, sich für einen Kanal zu entscheiden und diesen dafür umso erfolgreicher zu bespielen.

Welche rechtlichen Grundlagen sollten Anwälte beachten, wenn sie soziale Medien nutzen?

Wir bieten natürlich keine Rechtsberatung im Einzelfall in den sozialen Medien an und haben uns an die BRAO zu halten. Die Verschwiegenheitspflicht ist selbstverständlich auch in den sozialen Medien stark zu beachten. Überdies dürfen wir Anwälte größtenteils unseren beruflichen und privaten Alltag so zeigen, wie es zu unserer Zielsetzung und zu unserer Strategie passt.

Wie kam es dazu, dass Sie neben Ihrer anwaltlichen Tätigkeit Anwaltskollegen bei ihrer LinkedIn-Präsenz beraten?

Ich habe meine Kanzlei während der Corona-Pandemie gegründet, als ich praktisch noch in Elternzeit war. Meinen vormaligen Job in einer Berliner Wirtschaftskanzlei habe ich spontan gekündigt, weil ich von zu Hause oder aus dem Urlaub arbeiten wollte, ganz zeitunabhängig. Da keinerlei Offline-Veranstaltungen während der Pandemie möglich waren, habe ich über Instagram angefangen, meine ersten Mandanten zu gewinnen. Leider hat mich die finanzielle Seite nicht überzeugt. Ich habe über Instagram nicht viel Umsatz gemacht und wollte LinkedIn ausprobieren. Ich habe ein LinkedIn-Coaching gemacht und nicht planlos gepostet. Hier hatte ich tatsächlich eine Strategie aufgesetzt und bin dieser Strategie gefolgt. Seitdem arbeite ich fast nur mit Menschen aus meinem LinkedIn-Netzwerk zusammen und das macht großen Spaß. Die Menschen haben direkt ein gewisses Vertrauen und wissen, für welches Rechtsgebiet ich stehe.

Leider nutzen die wenigsten Kollegen LinkedIn professionell und ich möchte es mit der Shafir Legal Marketing GmbH ändern. Mein Wunsch ist, dass wir Anwälte auf LinkedIn sehr präsent werden und dort viel Bewegung reinbringen. Wir können Menschen mit unserer Expertise sehr unterstützen, und gleichzeitig ist es für uns eine Möglichkeit, vermehrt online und zeitunabhängig zu arbeiten. Als Anwältin weiß ich genau, welche Herausforderungen und Wünsche meine Kollegen haben, denn es sind meist dieselben Dinge. Ich kenne die Branche und den Bedarf. Deshalb berate ich überwiegend Anwaltskollegen. Das Schöne ist, dass wir Mandatsanfragen und Tipps untereinander austauschen und dass die Anwälte natürlich auch von meinem großen LinkedIn-Netzwerk profitieren.

Weshalb setzen Sie so gezielt auf LinkedIn für Anwälte?

LinkedIn hat sehr viele Nutzer, aktuell rund 19 Millionen allein im DACH-Raum. Die Plattform ist rein auf geschäftliche Aspekte ausgerichtet im Unterschied zu Instagram, Facebook, TikTok etc. Jede Plattform hat ihre Daseinsberechtigung und ich bin auch gern auf anderen Plattformen. Die besondere Seriosität bietet aber LinkedIn. Dort erreicht man persönlich Geschäftsführer und Führungskräfte aller Branchen, die man auf anderen Kanälen niemals antreffen würde. Ich habe persönlich mit Menschen auf LinkedIn kommuniziert und Sprachnachrichten ausgetauscht, die ich sonst nie hätte kennenlernen dürfen.

Was sind Ihrer Meinung nach absolute Dos und Don’ts bei einem LinkedIn-Profil als Anwalt?

Dos:

  • Authentisch sein.
  • Die eigene Expertise zeigen.
  • Netzwerken und anderen etwas Gutes tun.
  • Präsent sein.
  • Mehrwert bieten.

Don’ts:

  • Beruflichen Kodex verletzen.
  • Lästern oder schlecht über andere sprechen.
  • Zu viel Privates preisgeben.

Ist es sinnvoll, sowohl ein Anwalts- als auch ein Kanzleiprofil bei LinkedIn zu erstellen? 

Das private Anwaltsprofil ist sinnvoll, wenn man selbst als Kanzleiinhaber beziehungsweise Partner eine Marke sein möchte, oder für Employer Branding durch die eigenen Mitarbeiter. Das private Profil wird sehr viel öfter erreicht als ein Kanzleiprofil oder ein Firmenprofil. Hier stellt sich die Frage, wer in den Vordergrund gerückt werden soll, welche Ziele hiermit verbunden sind und welcher zeitliche Aspekt zur Verfügung steht. Nur dann lässt sich wirklich überlegen, ob eine Kanzleiseite zusätzlich zum privaten Profil sinnvoll ist. In kleineren Kanzleien ist es meist nicht der Fall und ab 20 Mitarbeitern schon eher. Allerdings ist auch hier die Zielsetzung entscheidend.

Wie sollte ein Anwalt beim Aufbau seiner LinkedIn-Präsenz vorgehen, wenn er zuvor noch nicht mit LinkedIn gearbeitet hat? 

Zunächst würde ich ein LinkedIn-Coaching machen. So war mein Start und dafür bin ich sehr dankbar. Die meisten Anwälte „dümpeln“ stundenlang auf LinkedIn herum, wissen nicht um die Möglichkeiten des effektiven Marketings auf dieser Plattform und verlassen die Plattform ohne Mehrwert. Sie sind meist passive Zuschauer und verlieren hiermit Zeit sowie potenziellen Umsatz. Daher empfehle ich, die Kanzleiziele zu definieren, sich eine Strategie bauen zu lassen und dann strategisch vorzugehen. Ich biete ein 1:1 Coaching an sowie vorab eine unverbindliche Beratung.

Sie haben vor wenigen Wochen Ihren ersten Rechtstipp auf anwalt.de veröffentlicht: Worauf haben Sie bei Ihrem Beitrag besonders geachtet?

LinkedIn Post zum Rechtstipp von Irina Shafir

Den Rechtstipp habe ich für meine Anwaltskanzlei geschrieben und hier achte ich auf SEO-Gesichtspunkte. Auch bei meinen Kunden achte ich vermehrt darauf, dass der Content die SEO-Regeln aufgreift. Denn wie anwalt.de ist auch LinkedIn bei Google sehr beliebt.

Rechtstipps auf anwalt.de veröffentlichen und anschließend auf LinkedIn teilen: Welche Vorteile bietet das?

Es erhöht den Traffic und geht vermehrt in die Reichweite. So werden meine LinkedIn-Kontakte auf meinen Artikel aufmerksam. Ich habe pro Post durchschnittlich etwa 40.000 Views, und wenn nur ein Zehntel davon auf meinen Beitrag klickt, habe ich immer noch großen Mehrwert sowie tolle Mandate zu meinem Fachgebiet.

Gibt es den idealen Wochentag oder die perfekte Uhrzeit, um Inhalte – wie einen Rechtstipp – auf LinkedIn zu posten?

Ja, die gibt es und diese variieren je nach Zielgruppe. Für mich funktioniert der Sonntag wunderbar, weil die Unternehmer und Anwaltskollegen da relativ entspannt sind und Zeit haben. Zur Frühstückszeit und ab 20 Uhr ist es auch vorteilhafter zu posten. Montags um 12 Uhr sind Unternehmer und Anwaltskollegen eher im Alltagsstress als auf LinkedIn unterwegs. Je größer die Reichweite auf dem eigenen Profil aber ist, desto mehr Menschen werden aufmerksam auf den Content. Ab einer gewissen Netzwerkgröße sind Wochentag und Zeit nebensächlich.

Wie sollte man den Begleittext zum geposteten Rechtstipp gestalten? 

Ich empfehle immer, sich selbst als Marke zu zeigen. Soziale Medien geben die Möglichkeit, authentisch zu zeigen, wer man ist und wofür man steht. Daher ist ein Selfie begleitend zum Text immer gut, egal ob man privaten oder geschäftlichen Content postet. Auf LinkedIn gibt es die Möglichkeit, Videos zu platzieren, Umfragen zu machen und Events zu veranstalten. Auch die Nutzung von Markenfarben halte ich für den Wiedererkennungswert für relevant.

Welche Strategie sollten Anwälte bei der Nutzung von Hashtags auf LinkedIn verfolgen?

Es gibt den Creator-Modus, in dem man fünf Hashtags aussuchen kann, für die man gesehen werden möchte. Es macht Sinn, diese im Content aufzugreifen. Im Gegensatz zu Instagram sind aber Hashtags auf LinkedIn eher Nebensache. Viel wichtiger ist der Inhalt des Contents. Dieser soll zu spannenden Diskussionen ermuntern, bei denen spannende Persönlichkeiten sich austauschen. So gelangt man an eine sehr große Reichweite, ganz kostenfrei und mit wenig Zeiteinsatz.

Rechtsanwältin Irina Shafir berät bundesweit Selbstständige, Unternehmer, Start-ups und Mittelstandsunternehmen in allen Fragen zum Thema Forderungsmanagement und Inkasso. Gleichzeitig coacht und unterstützt sie Anwaltskollegen beim Aufbau ihrer LinkedIn-Präsenz und ist selbst sehr aktiv mit ihrem LinkedIn-Profil

(KGR; ZGRA) 

Erfahren Sie in weiterführenden Ratgebern mehr über Social Media für Anwälte und wie Sie online neue Mandanten gewinnen.

Foto(s): ©privat Irina Shafir, ©Adobe Stock/Ivana, ©LinkedIn/Irina Shafir, ©Shutterstock/fizkes

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