Alter schützt vor Kündigung nicht BGH Urteil vom 3. Februar 2021, Az. VIII ZR 68/19

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Der Bundesgerichtshof ist ja bekannt dafür, dass er Mieter und Mieterinnen schützt. Ganz anders hat der Bundesgerichtshof nun aber in einem Fall, welcher in Berlin spielt, entschieden.

Eine Mieterin ist gemeinsam mit ihrem Ehemann vor 18 Jahren in eine Mietwohnung in Berlin gezogen. Damals war die Mieterin bereits 70 Jahre alt. Sie ist heute somit 88 Jahre.

Das Mietobjekt wurde im Jahr 2015 verkauft und Sie erhielt prompt die Kündigung wegen Eigenbedarfs, da die neue Eigentümerin ab und zu gerne mal nach Berlin fahren möchte und sodann kein Hotelzimmer oder ähnliches mieten will. Gegen diese Kündigung erhob die Mieterin Widerspruch. Sowohl das Amtsgericht, als auch das Landgericht Berlin wiesen die Klage mit der Begründung ab, dass der Widerspruch begründet ist und die von der Eigentümerin erhobene Räumungsklage unwirksam sei.

Hiergegen stellt sich nun der Bundesgerichtshof in einer bahnbrechenden Entscheidung.

Allgemeines zum Kündigungsrecht bei Mietverhältnissen:

Voraussetzung einer wirksamen Kündigung im Mietrecht ist unter anderem, dass der Vermieter einen Grund zur Kündigung hat. Diese Gründe sind gesetzlich verankert. So bildet der Eigenbedarf einen Kündigungsgrund. Dieser besteht immer dann, wenn der Vermieter die Wohnung für sich, Familienangehörige, Haushaltshilfen und, seit neuestem, Au-Pair-Personal benötigt. In dem von dem Bundesgerichtshof entschiedenen Fall wollte die Eigentümerin die Wohnung für Besuche in Berlin selbst nutzen.

Den Eigenbedarf hat der Vermieter verständig darzulegen. Der Mieter kann sodann einer Eigenbedarfskündigung widersprechen, wenn er den Eigenbedarf nicht für gegeben hält oder die Beendigung des Mietverhältnisses für den Mieter, seine Familie oder einen anderen Angehörigen des Haushalts eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen ist.

In dem Räumungsprozess, über den nunmehr der Bundesgerichtshof zu entscheiden hatte, wandte die Mieterin ein, dass sie und ihr Ehemann im Zeitpunkt der Kündigung 85 und 88 Jahre alt gewesen sein; ein Umzug ihr und ihrem Ehemann, der während des laufenden Prozesses verstarb, nicht mehr zumutbar. Daher erhob sie Widerspruch gegen die Eigenbedarfskündigung.

Während das Amts- und Landgericht Berlin der Argumentation der Mieterin folgten, hob der Bundesgerichtshof das Urteil des Landgerichts Berlin auf und verwies zur erneuten Entscheidung an das Landgericht Berlin zurück.

Begründet hat der Bundesgerichtshof seine Entscheidung damit, dass immer im Einzelfall entschieden werden muss. Zwar schütze auch Art 25 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union das Leben selbst und die Teilnahme am sozialen und kulturellen Leben älterer Menschen, allerdings stehe der Eigentumsschutz aus dem Grundgesetz dem in diesem Fall auf selber Stufe entgegen.

Das Urteil führte dazu, dass der Bundesgerichtshof die Entscheidung nunmehr an das Landgericht zurückverweist, um eine ordnungsgemäße Interessensabwägung durchzuführen.

Hierdurch prägte der BGH nunmehr die Entscheidungsmaxime:

            Alter schützt vor Kündigung nicht.

Wäre der Mieterin die Begründung der sozialen Härte gelungen, beispielsweise mit Ausführungen im Hinblick auf ihre soziale Verwurzelung in dem Bezirk und ggf. vorliegenden Erkrankungen und der Nähe zu den Ärzten, psychische Auswirkungen des Umzuges etc., so hätte die Interessensabwägung auch zu ihren Gunsten ausgehen können.

Es ist und bleibt so, dass Entscheidungen der Gerichte immer Einzelfälle sind.


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