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Angeklagt vor Gericht – Was kann ich tun? Hier ein paar Tipps:

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Angeklagt vor Gericht - kann mir das auch passieren?

Als Angeklagter oder Angeklagte in einer Strafsache vor Gericht zu landen kann jedem einmal passieren. Und es geht schneller als man denkt: Ein unbedachtes Wort in einem Nachbarschaftsstreit, eine Unachtsamkeit im Straßenverkehr oder ein anderer schwacher Moment, oft noch im angetrunkenen Zustand, und schon kann man in die Mühlen der Justiz geraten.

Ein Beispiel: Die kleine, unbemerkte Berührung eines anderen Autos beim Ausparken wird zu einem Vorwurf der absichtlichen Fahrerflucht und man landet schließlich auf der Anklagebank.

Wie Sie sehen betrifft das Strafrecht längst nicht nur Berufskriminelle, auch der „nette Mann von Nebenan“ kann mit etwas Pech schnell vor dem Strafrichter landen.


Einen Anwalt als Verteidiger nehmen – ja oder nein?

Grundsätzlich sollten Sie nur in anwaltlicher Begleitung vor dem Strafgericht erscheinen. Bei schwereren Vorwürfen bekommen Sie ohnehin einen Pflichtverteidiger gestellt. Aber auch bei leichteren Vorwürfen können Sie schnell Strafen bekommen, die jahrelang im Führungszeugnis auftauchen und/oder bei denen Sie Ihren Führerschein verlieren.

Die oft verhängten Geldstrafen können zudem leicht zwei, vier oder sechs Monatsgehälter hoch sein. Zahlen Sie eine Geldstrafe nicht, können Sie auch hier rasch im Gefängnis landen! Daher meine Frage: Wollen Sie wirklich riskieren, ohne Anwalt vor Gericht zu erscheinen?


Ab wann einen Anwalt einschalten?

Genau genommen sollten Sie sich so früh wie möglich einen Anwalt nehmen. Also nicht erst, wenn schon der „gelbe Brief“ mit der Ladung zum Gerichtstermin im Briefkasten liegt. Nehmen Sie früher Kontakt auf: Schon dann, wenn Sie das erste Mal als möglicher Beschuldigter mit der Polizei zu tun haben. Der Anwalt wird so früh wie möglich für Sie Akteneinsicht nehmen und die Vorwürfe mit Ihnen besprechen. Bis Sie mit Ihrem Verteidiger die Akte eingesehen haben, sollten Sie in aller Regel zu den Vorwürfen schweigen. Danach kann gemeinsam eine Verteidigungsstrategie entwickelt werden.


Ja, ich möchte einen Anwalt als Verteidiger beauftragen. Kann ich mir das überhaupt leisten?

Sie können jederzeit einen Verteidiger Ihrer Wahl beauftragen. Verteidigerhonorare gehören zu den am besten gehüteten Geheimnissen der Branche. Sie sind normalerweise auch von Fall zu Fall und Anwalt zu Anwalt unterschiedlich.

Während der eine Verteidiger für eine Einarbeitung und Besprechung kurz vor dem Gerichtstermin und den ersten Tag der Hauptverhandlung einen Betrag von 1.000 € nimmt, könnte der gleiche Fall bei einem anderen Verteidiger z.B. 4.000 € kosten. Sprechen Sie mit Ihrem Verteidiger frühzeitig über die Kosten und sorgen Sie für Transparenz.

Je nach Fall und Budget muss es nicht immer ein „Starverteidiger“ sein, mit Stundensätzen jenseits der 500,00 € pro Anwaltsstunde. 

In vielen Fällen ausreichend ist ein Verteidiger, der engagiert ist, sein Handwerkszeug beherrscht, einen kühlen Kopf bewahrt und dem Sie persönlich vertrauen können. Dies ist oft 10 - mal, manchmal 100 - mal besser, als ohne Anwalt bei Gericht zu erscheinen.


DOs und DON’Ts für Ihren Termin vor dem Strafgericht

Abschließend möchte ich Ihnen noch ein paar weitere, allgemeine Tipps mit auf den Weg geben. (Diese Tipps ersetzen wie immer keine Beratung im Einzelfall):

DOs

  • Bereiten Sie sich gründlich auf die Verhandlung vor und setzen Sie sich mit den Vorwürfen auseinander. Nehmen Sie die Sache ernst. Falls Sie ein Geständnis ablegen, setzen Sie sich damit auseinander, was Sie falsch gemacht haben und warum es in Zukunft nicht mehr vorkommen wird.
  • Nehmen Sie sich einen Verteidiger. Besprechen Sie, ob Sie zu den Vorwürfen schweigen oder eine Aussage machen möchten. Zu schweigen ist Ihr gutes Recht und darf Ihnen nicht negativ angekreidet werden.
  • Gibt es Beweise, die Sie entlasten? Zum Beispiel Zeugen oder Dokumente? Bringen Sie diese zur Verhandlung mit. Sprechen Sie am besten so früh wie möglich mit Ihrem Verteidiger. Vielleicht lässt sich eine Anklage vor Gericht ganz verhindern.    


DON’Ts

  • Provokante, unangemessene Kleidung zu tragen, z.B. roter Kapuzenpulli mit der Aufschrift „Catch me if you can!“ (alles schon erlebt).
  • Verspätet oder zu spät kommen. Die Gerichte haben oft einen eng getakteten Zeitplan für die Verhandlungen. Unpünktlichkeit wird so gut wie immer als unhöflich angesehen. Zudem kann ein Zuspätkommen auch nicht wieder gut zu machende negative rechtliche Konsequenzen für Sie haben.
  • Offen zur Schau gestellte, staatsfeindliche Geisteshaltung („Sch*** Staat!“, „Die können mir eh nix!“, „Die da vorne kann mich mal!“). Auch wenn es sich bei den Berufsrichterinnen und Berufsrichtern, um Profis handelt, sitzen Ihnen immer Menschen gegenüber. Bedenken Sie auch: Das moderne Strafverfahren ist eine der größten Errungenschaften der menschlichen Zivilisation. Noch vor wenigen Jahrhunderten wurden Beschuldigte gefoltert, Männer duellierten sich bei „Aussage gegen Aussage“ bis zum Tod („Gottesurteil“) und Frauen, denen man nicht glaubte, wurden oft bei lebendigem Leib verbrannt.

Falls Sie weitergehende Fragen zum Strafverfahren haben oder selber Beschuldigte oder Beschuldigter sind, berate und verteidige ich Sie gerne. Schreiben oder rufen Sie mich einfach an!

Foto(s): https://www.shutterstock.com/de/image-photo/back-attastor-talking-magistrate-court-law-1049504825

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