Anspruch auf Inflationsausgleich bei der Betriebsrente trotz 1 %-Regelung?

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I. Ausgangssituation

Jahrelang hat sich für Betriebsrentner die Frage des Inflationsausgleichs ihrer Betriebsrente nicht wirklich gestellt, da es keine nennenswerte Inflation gab. Aus diesem Grund wurde diesem Thema zumeist auch keine große Aufmerksamkeit gewidmet.

II. Aktuelle Lage

Dies hat sich seit dem letzten Jahr aber grundlegend geändert. Nach den Veröffentlichungen des Statistischen Bundesamtes betrug im Jahr 2021 die Inflationsrate 3,1 %, was im Vergleich zum Jahr 2020 mit einer Inflationsrate von 0,5 % ein erheblicher Anstieg war. Dies setzte sich in 2022 in verstärktem Maße fort; die Inflationsrate im August 2022 betrug im Vergleich zum Vorjahresmonat bereits 7,9 %. Und auch für das Jahr 2023 wird weiter von einem erheblichen Anstieg ausgegangen, geschätzt derzeit in Höhe von 3 %.Eine derartige Entwicklung gab es letztmals vor Jahrzehnten.
Somit stellt sich allen und auch den Betriebsrentnern die Frage, wie trotz Kaufkraftverlust weiterhin der Lebensstandard aufrechterhalten bleiben kann.

III. Situation der Betriebsrentner

Grundsätzlich ist die Höhe der Betriebsrente gem. § 16 Abs. 1 und Abs. 2 Betriebsrentengesetz (BetrAVG) alle drei Jahre zu prüfen und dann an die Teuerung anzupassen. Von dieser Pflicht ist ein Unternehmen aber zum Beispiel dann befreit, wenn es die Rentenerhöhung nachweislich wirtschaftlich nicht leisten kann, ohne das Unternehmen zu gefährden oder auch dann, wenn in der Rentenzusage vereinbart ist, dass die Betriebsrente jedes Jahr pauschal um 1 % angehoben wird.

1. Noch in den letzten Jahren haben sich Betriebsrentner oft darüber gefreut, wenn in ihrer Zusage die Regelung der Anpassung um jährlich 1 % enthalten war. Der Betriebsrentner wusste genau, was er zu erwarten hatte ohne langwieriges Prozedere und in manchen Jahren wurde die Teuerung mit einer Rentenerhöhung um 1 % sogar mehr als ausgeglichen.

2. Diese Betrachtungsweise dürfte sich aktuell vollständig gewandelt haben, da die Rentenerhöhung um jährlich 1 % eben nicht mehr geeignet ist, die Teuerung auszugleichen. Was kann aber der Betriebsrentner tun, wenn er auf der einen Seite eine Zusage erhalten hat, in der die 1 %-Regelung enthalten ist und auf der anderen Seite real die Situation besteht, dass mit dieser Regelung kein angemessener Teuerungsausgleich mehr erreicht werden kann?

3. Gesetzeslage und Rechtsprechung

a. Die aktuelle Gesetzeslage ist eindeutig. Der Gesetzgeber hat sich auch unter der Kenntnis, dass es in Deutschland bereits Jahre mit einer hohen Inflationsrate gab dafür entschieden, die 1 %-Klausel ohne Beurteilungsspielraum ins Gesetz einzufügen.

b. Auch bislang zu dieser Thematik ergangene Rechtsprechung sieht keinen Bedarf an einer Änderung dieser Regelung. Inwieweit dies aber Bestand haben wird, wenn die Inflation weiterhin in dem Maß der letzten beiden Jahre steigt, wird abzuwarten blieben. Hier kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Rechtsprechung der tatsächlichen Situation folgt und es gegebenenfalls zu einer Anpassung/Änderung des Gesetzes kommt. Ob und wie dies geschehen wird, kann aber (noch) nicht abgesehen werden.

IV. Fazit

Betriebsrentner, die eine Zusage mit einer 1 %-Regelung erhalten haben, können sich überlegen, ob sie dies gerichtlich prüfen lassen wollen mit dem Argument, dass durch diese Regelung ein Teuerungsausgleich nicht mehr erreicht werden kann. Auch bei bestehender Rechtsprechung ist es grundsätzlich nicht ausgeschlossen, dass Gerichte bei geänderten Umständen von bisher bestehender Rechtsprechung abweichen. Das Kostenrisiko für ein derartiges arbeitsrechtliches Verfahren kann dann zum Beispiel durch eine vorhandene Rechtsschutzversicherung abgedeckt werden.

Gerne steh ich Ihnen für weitere Fragen zu dieser Thematik zur Verfügung.

Foto(s): AUTHENT

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