Anspruch gegen Krankenkassen

  • 3 Minuten Lesezeit


Nichts ist mühsam, was man willig tut.“ (Thomas Jefferson)

Als Jefferson dies feststellte kannte er sicherlich nicht das System der gesetzlichen Krankenversicherung in Deutschland.

Bei Schwierigkeiten mit der Krankenkasse kann man sich erfolgreich zur Wehr setzen. In dieser Anleitung wird Schritt für Schritt erklärt, wie Versicherte ihre Ansprüche geltend machen können.


1. Sorgfältige Vorbereitung und Begründung des Antrags

Viele Ablehnungen können vermieden werden, wenn man seine Ärzte dazu anhält, aussagekräftige Verordnungen und Atteste auszustellen. Die medizinischen Befunde und die persönliche Lebenssituation müssen für die Krankenversicherung nachvollziehbar sein. Warum benötigen Sie aufgrund Ihrer medizinischen Situation ein spezielles Hörgerät und kein Standardmodell? Führt die fehlende Rehabilitationsmaßnahme nach der Operation zu einer erneuten Krankenhauseinweisung oder Pflegebedürftigkeit?

Beachten Sie: Neben Ärzten können auch Kliniken, Sanitätshäuser, Pflegedienste oder Hörgeräteakustiker Tipps geben, wie man gegenüber der Krankenkasse argumentieren kann.


2. Verpasst die Krankenkasse eine Frist, gilt der Antrag vorläufig als genehmigt

Die Krankenkasse hat drei Wochen Zeit, um auf Ihren Antrag zu reagieren. Wenn eine gutachterliche Stellungnahme, insbesondere vom Medizinischen Dienst, eingeholt wird, hat die Krankenkasse fünf Wochen Zeit, um zu antworten. Früher galt: Wenn die Kasse diese Frist ohne Antwort verstreichen ließ, wurde die Leistung als genehmigt betrachtet. Sogar das Bundessozialgericht legte diese sogenannte Genehmigungsfiktion bislang zugunsten der Versicherten aus. Es betrachtete das Schweigen der Kasse als einen Bescheid zu Gunsten der Versicherten, von dem die Kasse nicht mehr abweichen konnte. Außerdem konnten Versicherte sich beispielsweise operieren lassen oder einen speziellen Rollstuhl bestellen, ohne die Kosten vorab zu tragen. Mit einem Urteil vom Mai 2020 (Az. B 1 KR 9/18 R) vollzogen die obersten Sozialrichter eine Kehrtwende. Die Genehmigung gilt jetzt nur noch vorläufig, die Kasse kann also nach Ablauf der Antwortfrist noch eine Ablehnung nachreichen. Wenn der Versicherte in der Zwischenzeit die Leistung selbst in Anspruch genommen hat, erhält er eine Kostenerstattung.


3. Rechtzeitig Widerspruch einlegen

Wenn Sie eine schriftliche Ablehnung rechtzeitig erhalten, haben Sie ab diesem Zeitpunkt einen Monat Zeit, um Widerspruch einzulegen. Der Widerspruch muss bei der Krankenkasse eingehen. Um die Frist einzuhalten, genügt ein handschriftlicher Brief, den Sie am besten per Einschreiben an die Krankenkasse senden. Telefonische oder per E-Mail übermittelte Widersprüche können ungültig sein. Geben Sie an, gegen welchen Bescheid Sie Widerspruch einlegen (Datum, Aktenzeichen) und beantragen Sie die Aufhebung der Ablehnung und die Übernahme der Kosten. Begründen Sie Ihren Widerspruch.


4. Klären Sie wichtige Angelegenheiten nur schriftlich

Falls Sie Anrufe von Ihrer Krankenkasse erhalten und diese fehlende Unterlagen anfordert, bieten Sie an, diese nachzureichen, um Ihr Anliegen zu begründen. Lassen Sie sich jedoch nicht dazu überreden, Ihren Widerspruch zurückzuziehen, auch nicht, wenn Ihnen eine "kulante Lösung" in Aussicht gestellt wird. Im Zweifelsfall können Sie sich nicht auf mündliche Zusagen berufen.


Oft führt ein Widerspruch zum Erfolg. Wenn die Krankenkasse jedoch trotz des Widerspruchs bei ihrer ablehnenden Haltung bleibt, entscheidet ein Widerspruchsausschuss der entsprechenden Krankenkasse, der sich aus ehrenamtlichen Versicherten- und Arbeitgebervertretern zusammensetzt. Wenn auch der Widerspruchsausschuss die Ablehnung bestätigt, erlässt er einen Widerspruchsbescheid.


5. Klage beim Sozialgericht - besser mit anwaltlicher Unterstützung

Wenn Ihr Widerspruch im Widerspruchsbescheid endgültig von der Krankenkasse abgelehnt wird, haben Sie erneut einen Monat Zeit, um dagegen beim Sozialgericht Klage einzureichen. Ein Anwalt ist nicht zwingend erforderlich, Sie können sich selbst vertreten. Da das Sozialrecht jedoch sehr komplex ist, ist es ratsam, rechtlichen Beistand in Anspruch zu nehmen. Die Anwaltsgebühren sind gesetzlich begrenzt und es fallen keine Gerichtsgebühren an. Sozialgerichtsverfahren können mehrere Jahre dauern. In dringenden Fällen kann das Gericht eine Eilentscheidung treffen, insbesondere wenn erhebliche gesundheitliche Nachteile drohen. Andernfalls müssen Sie Hilfsmittel oder andere Leistungen vorerst selbst bezahlen. Sammeln Sie alle Belege, einschließlich der Rechnungen des Anwalts. Wenn Sie vor Gericht gewinnen, muss die Krankenversicherung diese Kosten erstatten. Im Gegenzug müssen Sie im Falle einer Niederlage nicht die Gerichtsgebühren und die Kosten der gegnerischen Partei tragen.



Falls Sie Fragen zu diesem oder andere Themen haben rufen Sie uns gerne an.

Sie erhalten schon am Telefon eine erste Einschätzung Ihres Anliegens.

Telefon 069 / 69 71 61 79

Foto(s): Foto von Owen Beard auf Unsplash

Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwältin Sevim Yilmaz

Beiträge zum Thema