Anwalt bei Tankbetrug – Tanken ohne zu bezahlen mit falschen Kennzeichen - Vorladung, Anklage, Strafen

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Medienberichten zufolge nehmen die Fälle von Tankbetrug stetig zu. Personen fahren auf eine Tankstelle, tanken und fahren wieder weg, ohne bezahlt zu haben. Anfang Dezember 2022 soll Medienberichten zufolge die Polizei jemanden erfasst haben, wie er die Tankstelle um über 500 Liter Benzin betrogen haben soll.


Welche Strafen drohen, wenn ein Strafverfahren wegen „Tankbetrugs“ gegen mich läuft?

Welche Strafe droht für Tankbetrug?

Zunächst einmal muss festgestellt werden, dass es keinen gesonderten Straftatbestand des Tankbetrugs gibt. Vielmehr steht hier zunächst der Vorwurf des Betrugs im Raum. Zusätzlich kann aber auch an einen Diebstahl (am Benzin) gedacht werden.


Sowohl Betrug, als auch Diebstahl sind grundsätzlich mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit einer Geldstrafe bedroht (§ 263 Abs.1 StGB, § 242 Abs.1 StGB).


Berichtet wurde auch darüber, dass vermehrt vor Begehung eines solchen Tankbetrugs Nummernschilder gestohlen und dann zur Begehung der Tat an das Auto angebracht werden (Stichwort Überwachungskameras an Tankstellen). Neben dem Vorwurf eines Diebstahls, steht in diesem Fall auch der einer Urkundenunterdrückung (§ 274 Abs.1 StGB) und einer Urkundenfälschung (§ 267 StGB) im Raum. Für beide Straftaten droht grundsätzlich ebenfalls eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren.

In sogenannten besonders schweren Fällen der Urkundenfälschung (z.B. weil der Täter gewerbsmäßig vorgeht) droht hingegen eine höhere Strafe (Freiheitsstrafe zwischen sechs Monaten und zehn Jahren, § 267 Abs.3 StGB).

Ist Tankbetrug tatsächlich ein Betrug?

In den Medien wird das Tanken ohne Zahlen oftmals als Tankstellenbetrug bezeichnet. Aber ist es tatsächlich ein Betrug oder nicht vielmehr ein Diebstahl des Benzins? Was ist eigentlich der Unterschied?


Wichtig ist es hierbei, Schritt für Schritt die möglichen strafrechtlich relevanten Verhaltensweisen zu betrachten.

Beachten Sie hierbei bitte, dass wir hier nicht von einem konkreten Fall ausgehen können, sondern vielmehr von dem einfachen „Normalfall“ ausgehen, dass eine Person auf eine Selbstbedienungstankstelle fährt, dort befinden sich Überwachungskameras, die Person tankt und anstatt zur Kasse zu laufen und bei dem Mitarbeiter zu zahlen fährt sie einfach (mit nun vollem Tank) davon.

Im konkreten einem Strafverfahren zugrunde liegenden Vorwurf kann das Geschehen hiervon abweichen und entsprechend eine andere rechtliche Würdigung mit sich bringen. Hier kommt es regelmäßig auf Details an, die über das „ob“ der Strafbarkeit entscheiden können.


Sollten Sie mit dem Vorwurf eines „Tankstellenbetrugs“ konfrontiert sein, sollten Sie sich daher bestenfalls an einen erfahrenen Anwalt für Strafrecht wenden, der weiß, auf welche Feinheiten bei der strafrechtlichen Würdigung eines solchen Vorwurfs zu achten ist und daher in der Lage ist, eine an Ihren Fall angepasste Verteidigungsstrategie zu erarbeiten.


Ist bereits das Auffahren auf die Tankstelle ein Betrug?

Zunächst könnte man daran denken, dass bereits das Fahren auf die Tankstelle in Kenntnis, nicht zahlen zu wollen, einen Betrug darstelle.

Ein Betrug ist das Täuschen einer anderen Person über Tatsachen, also das Einwirken auf das Vorstellungsbild einer Person, das Vorspiegeln falscher Tatsachen, dergestalt, dass diese eine Fehlvorstellung bildet (sich also irrt), gerade aufgrund dieses Irrtums über Vermögen verfügt und deshalb ein Vermögensschaden, also ein negatives Saldo, entsteht.


Getäuscht werden kann zwar nicht nur ausdrücklich, sondern auch auf Grundlage der bestehenden Umstände, allerdings müsste dann das Fahren auf die Tankstelle bereits den Erklärungswert beinhalten, tanken und zahlen zu wollen. Dieses Verständnis wirkt etwas zu weit gefasst.

Ist das Tanken, ohne zahlen zu wollen, ein Betrug oder ein Diebstahl des Benzins?

Das nächste möglicherweise strafrechtlich relevante Verhalten ist dann der Tankvorgang als solcher.

Dies könnte aber anstatt eines (Tankstellen-)Betruges ein Diebstahl des Benzins sein.

Tanken ohne Zahlungswille als Diebstahl des Benzins?

Ein Diebstahl (§ 242 StGB) begeht, wer eine fremde bewegliche Sache mit dem Willen diese sich selbst oder einer anderen Person in rechtswidriger Weise zuzueignen wegnimmt.

Das Benzin ist eine bewegliche Sache.

Wann geht beim Tanken das Eigentum am Benzin über?

Fremd ist sie dann, wenn sie zumindest auch jemand anderem gehört (in dessen Eigentum steht).

Und hier liegt der erste juristische Knackpunkt. Zumindest möglicherweise. Der Tankvorgang ist nämlich ja gerade darauf gerichtet, dem Tankenden Eigentum an dem Benzin zu verschaffen. Deswegen kauft man ja Benzin.

Tatsächlich ist es aber so, dass bei Tankstellen regelmäßig ein Eigentumsvorbehalt vereinbart wird, der zum Gegenstand hat, dass das Eigentum erst mit Begleichung des Kaufpreises auf den Tankenden übergehen soll. Selbst wenn dies nicht der Fall ist, so scheitert ein rechtsgeschäftlicher Übergang des Eigentums (also ein dahingehender Vertragsschluss) in der Regel am fehlenden Willen des Tankstelleninhabers, dem Tankenden bereits zu diesem Zeitpunkt das Eigentum an dem Benzin zu übertragen. Der Tankstelleninhaber will schließlich noch den Kaufpreis erhalten. Um dies abzusichern, möchte er das Eigentum erst übertragen, wenn auch die Kaufpreiszahlung sicher stattfindet. An der Tanksäule ist dies noch nicht der Fall.

Zwar gibt es auch die Möglichkeit kraft Gesetzes Eigentum zu erwerben, zum Beispiel kraft Vermischung, allerdings erwirbt der Tankende nur dann Eigentum, wenn seine Sache (der Tank bzw. dessen Inhalt in diesem Fall) als Hauptsache angesehen werden kann (im Verhältnis zu dem eingefüllten Benzin). Da in der Regel getankt wird, wenn man es nötig hat und nicht dann, wenn der Tank im Grunde schon voll ist, ist dies in der Regel nicht der Fall, sodass auch ein gesetzlicher Eigentumserwerb in diesem Sinne regelmäßig ausscheidet.


Das Eigentum geht also in den meisten Fällen noch nicht mit dem Tanken an sich über, sondern (vereinfacht ausgedrückt) erst an der Kasse beim Zahlen.


Das Benzin ist fremd.


Wird das Benzin gegen den Willen des Tankstelleninhabers getankt?

Weggenommen wird die Sache, wenn gegen den Willen des ursprünglichen Gewahrsamsinhabers (hier der Tankstelleninhaber) der Gewahrsam auf jemand anderen übergeht (hier auf den Tankenden). Mit dem Tanken geht die tatsächliche Sachherrschaft und damit der Gewahrsam auf den Tankenden über.

Das Problem ist aber, dass genau das der Sinn und Zweck des Tankvorgangs ist und alle beteiligten Parteien dies möchten. Der Tankstelleninhaber will ja gerade, dass der Gewahrsam an dem Benzin auf seinen Kunden übergeht. Natürlich will er dies nur, weil und wenn er dafür den Kaufpreis erhält, allerdings handelt es sich bei dem Wechsel der tatsächlichen (!) Sachherrschaft von einer Person auf eine andere Person gerade hierum: Um etwas Tatsächliches (und eben nicht um etwas Rechtliches). Nur rechtliche Erklärungen (Willenserklärungen in diesem Fall um genau zu sein) können bedingt werden (z.B. durch die vollständige Kaufpreiszahlung), tatsächliche Vorgänge hingegen nicht. Voraussetzung für das Einverständnis des Inhabers im Hinblick auf den Übergang des Benzins ist allein die ordnungsgemäße Bedienung der Tanksäule. Das liegt hier vor.

Die Folge: Der Gewahrsam geht nicht gegen den Willen des Tankstelleninhabers über, der Gewahrsam wird nicht gebrochen, das Benzin wird nicht weggenommen, eine Strafbarkeit wegen Diebstahls scheidet in dieser Konstellation aus.

Tanken ohne den Willen zu zahlen als Tankbetrug?

Also doch ein Tankstellenbetrug. Oder?

Heutzutage sind in aller Regel Tankstellen mit Überwachungskameras ausgestattet. Dieser Faktor ist wichtig, denn er kann in diesen Fällen über das „Ob“ der Strafbarkeit wegen Betruges entscheiden.

Die Überwachungskameras sorgen nämlich dafür, dass das Geschehen an der Tanksäule wahrgenommen werden kann. Nur dann kann eine Person getäuscht werden (wir erinnern uns: Voraussetzung hierfür ist das Einwirken auf das Vorstellungsbild einer Person).


Eine Strafbarkeit wegen vollendeten Betrugs setzt aber voraus, dass das Geschehen auch tatsächlich wahrgenommen wird. Allein der Umstand der Installation von Überwachungskameras sorgt hierfür aber noch nicht. Aber auch wenn keiner der Angestellten gerade diesen Tankvorgang beobachtet, kommt eine Bestrafung in Betracht. Dann steht eine Strafbarkeit wegen versuchten Betruges im Raum. Dies setzt allerdings voraus, dass der Tankende (der Täter) weiß, dass Überwachungskameras installiert sind bzw. scheidet eine Versuchsstrafbarkeit aus, wenn der Täter davon ausgeht, ungesehen zu bleiben (vgl. OLG Köln, Beschluss v. 22.01.2002 – Ss 551/01 – 2/02 in openJur 2011, 22424).

Täuschung und Irrtum beim Tankvorgang

Durch das Tanken spiegelt der oder die Tankende vor, zahlungswillig zu sein. Das ergibt sich aus den Umständen und dem, was ein objektiver Beobachter dieser Situation als Erklärungswert beimisst. Es wird also über Tatsachen getäuscht. Die täuschungsgegenständliche Tatsache ist hierbei die Zahlungswilligkeit.


Der Umstand, dass der Mitarbeiter den Tankvorgang gewährt (bzw. der Tankende hiervon ausgeht), zeigt den Irrtum über die Zahlungswilligkeit (ansonsten würde der Mitarbeiter das Tanken verhindern).

Vermögensverfügung und Vermögensschaden beim Tankbetrug

Die Vermögensverfügung besteht dann in dem Gewähren lassen des Tankens (vgl. OLG Köln, Beschluss v. 22.01.2002 – Ss 551/01 – 2/02 in openJur 2011, 22424). Eine Vermögensverfügung kann auch in einem Dulden liegen, welches sich unmittelbar vermögensmindernd auswirkt. Das Benzin hat einen Vermögenswert, der nun in Gestalt des unmittelbaren Besitzes auf den Tankenden übergeht.

Der Vermögensschaden entsteht spätestens dann, wenn der Tankende von der Tankstelle fährt. Denn dann hat er oder sie endgültig nicht gezahlt. Der Tankstelleninhaber verliert zwar nicht seinen Anspruch auf Kaufpreiszahlung, der Anspruch wird aber, insbesondere wenn falsche Kennzeichen am Auto angebracht wurden, kaum noch bzw. nicht mehr durchsetzbar sein und ist damit faktisch wertlos.

Höhere Strafe bei gewerbsmäßigem Vorgehen

Gewerbsmäßiger Betrug kann mit höherer Strafe bedroht sein. Dann droht gem. § 263 Abs.1, Abs.3 Nr.1 Alt.1 StGB eine Freiheitsstrafe zwischen sechs Monaten und zehn Jahren. Man spricht hier von einem sogenannten besonders schweren Fall eines Betrugs. Gewerbsmäßiger Betrug ist in der Regel ein besonders schwerer Fall des Betrugs.


Medienberichten zufolge kam es im Zusammenhang mit Tankstellenbetrug bereits zu Fällen, bei denen Personen anboten, anderen Personen auf diese Weise Benzin zu verschaffen. In diesen Fällen steht wohl regelmäßig der Vorwurf der Gewerbsmäßigkeit im Raum.

Gibt es strafrechtlich einen Unterschied zwischen dem Einfüllen des Benzins in den Tank des Autos und dem Befüllen von Kanistern?

Im Ergebnis wohl nicht.

In Deutschland darf zwar nur in begrenztem Maße Benzin in Kanistern transportiert werden, aber das Einhalten dieser Grenzwerte fällt wohl ausschließlich in den Risikobereich des Tankenden. Dies jedenfalls im Hinblick auf die Frage, ob das Einverständnis des Tankstelleninhabers gerichtet auf den Gewahrsamswechsel auf die zulässigen Benzinmenge begrenzt sei. Im Ergebnis ist dies wohl abzulehnen. Maßgeblich ist die äußerlich ordnungsgemäße Bedienung der Tanksäule. Diese liegt auch dann vor, wenn eine sehr hohe Menge Benzin abgefüllt wird. Eine Strafbarkeit wegen Diebstahls scheidet also auch dann regelmäßig weiterhin aus. Im Hinblick auf eine Betrugsstrafbarkeit scheint ebenfalls keine Differenzierung geboten.

Ist das Anbringen eines geklauten Nummernschilds strafbar?

Ja. Auch das Anbringen des Nummernschilds eines anderen Autos kann strafbar sein. Hier sind wir insbesondere im Bereich der Urkundendelikte. Das Nummernschild in Verbindung mit dem Auto, an dem es angebracht ist, ist nämlich eine Urkunde. Durch diese Verbindung wird der Gedanke erklärt, dass dieses Kfz die auf dem Nummernschild zum Ausdruck gebrachte Zulassung hat. Diese Verbindung zwischen Auto und Nummernschild lässt die ausstellende Behörde als Aussteller dieser Aussage erkennen und ist – wie zum Beispiel die Bildaufnahmen durch Blitzer zeigen – auch zum Beweis im Rechtsverkehr geeignet und bestimmt.


Wird also ein Nummernschild von einem fremden Auto unbefugt abgeschraubt, so wird zunächst eine Urkunde zerstört, denn die Aussage, dass dieses Kfz nach Maßgabe dieses Nummernschildes zugelassen wurde, wird gänzlich aufgehoben. Selbiges gilt dann auch für das Abschrauben des eigenen Nummernschilds am eigenen Auto. Hierfür droht eine Bestrafung wegen Urkundenunterdrückung nach § 274 Abs.1 Nr.1 StGB.


Wird dann das fremde Nummernschild am eigenen Auto angebracht, so ist dies die Schaffung einer Urkunde, bei der es scheint, als stamme sie von der aus dem Nummernschild hervorgehenden zuständigen Zulassungsbehörde, obwohl sie tatsächlich von demjenigen hergestellt wurde, der das neue Nummernschild angebracht hat. Damit handelt es sich um eine unechte Urkunde.

Das Herstellen einer unechten Urkunde zur Täuschung im Rechtsverkehr ist gem. § 267 Abs.1 als Urkundenfälschung strafbar.



Sollten Sie eine Vorladung, einen Strafbefehl oder eine Anklage von der Staatsanwaltschaft mit dem Vorwurf eines Tankstellenbetrugs und oder der Urkundenfälschung erhalten haben, gilt es insbesondere zunächst die Nerven zu bewahren. Machen Sie lieber zunächst von Ihrem Schweigerecht als Beschuldigter Gebrauch. Sie müssen als Beschuldigter einer Straftat zum Tatvorwurf nichts sagen. Melden Sie sich dann am Besten so schnell wie möglich bei einem Anwalt für Strafrecht. Dieser bespricht mit Ihnen das weitere Vorgehen, wird Akteneinsicht beantragen und nach Analyse der Ermittlungsakten eine individuell für Ihren Fall passende Verteidigungsstrategie erarbeiten.

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