Arbeitnehmer oder Selbstständiger?

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Die Unterscheidung zwischen Arbeitnehmern und Selbstständigen kann im Einzelfall schwer vorzunehmen sein. Allerdings ist sie von rechtlicher Bedeutung, gerade im Hinblick auf sozialversicherungsrechtliche Pflichten. Im Folgenden ein Überblick:

Allgemeines 

Grundsätzlich sind Arbeitnehmer sozialversicherungspflichtig, Selbstständige nicht. Daraus ergibt sich eine besondere Abgrenzungsrelevanz.

Zum einen trägt der Arbeitgeber nämlich innerhalb eines Beschäftigungsverhältnisses eine Steuerschuld. Das heißt, dass dieser in die Renten- und Krankenversicherung des Arbeitnehmers einzahlt. Im Regelfall werden dafür 20-21 Prozent des Bruttolohns für Sozialversicherungsbeiträge abgezogen. Sozialversicherungsbeiträge umfassen dabei insgesamt die Beiträge zur Arbeitslosen-, Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung. Arbeitnehmer und Arbeitgeber teilen sich diesen Sozialversicherungsanteil jeweils zur Hälfte.

Selbstständig Beschäftigte haben die Sozialversicherungsbeiträge selbst zu leisten.

Zum anderen ist das Arbeitsrecht im Bezug auf den Arbeitnehmerschutz für Selbstständige nicht anwendbar. So kann sich ein Selbstständiger nicht auf Lohnfortzahlungen bei Krankheit oder Urlaub, auf eine Mindestanzahl an Urlaubstagen, auf Kündigungsschutz, die Einhaltung des Arbeitsschutzes oder auf das Recht auf Arbeitslosengeld berufen.

Einige Abgrenzungskriterien zwischen Arbeitnehmer und Selbstständigen lassen sich aus den Hinweisen der H 19.0 Lohnsteuer-Richtlinie ableiten. Zu berücksichtigen sind auch die Richtlinie 15.1 EStR und die Richtlinie 18.1 EStR. 

Kriterien für die Arbeitnehmertätigkeit

Primär zeichnet sich ein Arbeitnehmer durch das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses mit einem Arbeitgeber aus. Dadurch ergibt sich eine persönliche Abhängigkeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

Der Arbeitnehmer ist weisungsgebunden bezüglich der Zeit, der Dauer, dem Ort und der Art der Ausführung der Arbeit und in den Betrieb des Arbeitgebers eingegliedert. Dazu zählt auch die Nutzung der EDV-Hard- und Software des Arbeitgebers, das Erreichen vorgegebener Vorgaben oder das Abarbeiten bestimmter Tourenpläne bzw. Adresslisten.

In der Regel wird ein solches Beschäftigungsverhältnis auf unbefristete Zeit vereinbart und der Arbeitnehmer darf ein regelmäßiges, meist monatliches, Einkommen erwarten.

Kriterien für die Selbstständigkeit

Ein Selbstständiger hingegen, trägt sein eigenes Unternehmerrisiko. Er verfügt über eine eigene Betriebsstätte unter Nutzung eigenen Equipments und gestaltet seine Tätigkeit und seine Arbeitszeiten selbst. So kann als selbstständig Beschäftigter auch frei entschieden werden, ob und welche Aufträge zu welchen Konditionen übernommen werden. Damit besteht keine persönliche Abhängigkeit von jemandem und die eigenen Leistungen werden oftmals öffentlich beworben.

Ebenso beschäftigen Selbstständige oftmals eigene Arbeitnehmer gegenüber denen sie Weisungsbefugnis bezüglich der Zeit, der Dauer, des Ortes und der Art der Arbeitsleistung hat.

Die Bezahlung erfolgt in der Regel einmalig oder auf Rechnung durch den oder die Auftraggeber. Meist handelt es sich hierbei auch um eine befristete Einstellung, da die Einstellung regelmäßig nur für eine bestimmte Zeit oder einen bestimmten Auftrag besteht.

Formale Kriterien, wie z.B. die Anmeldung eines Gewerbe oder der Eintrag im Handelsregister, bleiben in der Regel unberücksichtigt, da diese oftmals nur eine eigene Vertragseinschätzung gegenüber Dritten dokumentieren.

Statusfeststellungsverfahren

Bei Unsicherheiten bezüglich der Einordnung der eigenen Berufstätigkeit kann man ein freiwilliges Statusfeststellungsverfahren nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV beantragen. Dies bietet vor allem Rechtssicherheit vor einer Prüfung durch Versicherungsträger oder durch Sozialgerichte.

Grundsätzlich können Auftragnehmer und Auftraggeber einen Antrag auf Statusfeststellung bei der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Bund stellen. Ebenso ist aber auch die Krankenkasse oder ein Rentenversicherungsträger während einer Betriebsprüfung dazu berechtigt. Sobald eine dieser beiden Institutionen bereits einen Antrag auf Statusfeststellung gestellt hat oder bereits ein Statusfeststellungsverfahren durchführte, ist kein Anfrageverfahren bei der deutschen Rentenversicherung mehr möglich.

Dem Beschäftigten bleibt nach zunächst abgeschlossenem Statusfeststellungsverfahren die Möglichkeit gegen die Statusentscheidungen Rechtsmittel einzulegen. Ein Widerspruch oder eine Klage gegen Entscheidungen, dass eine abhängige Beschäftigung vorliegt, haben eine aufschiebende Wirkung. Das bedeutet, der Beschäftigte hat dann zunächst keine Gesamtsozialversicherungsbeiträge zu zahlen sowie keine Meldungen zu erstatten. Allerdings erbringen die Sozialversicherungsträger im Gegenzug vorerst auch keine Leistungen.

Beginn der Versicherungspflicht 

Grundsätzlich beginnt die Versicherungspflicht mit Eintritt des Beschäftigungsverhältnisses.

Sobald jedoch ein Statusfeststellungsantrag innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt wurde, beginnt die Sozialversicherungspflicht auf Zustimmung des Beschäftigten erst später. Zu bedenken ist allerdings, dass der Beschäftigte für den Zeitraum zwischen Beschäftigungsaufnahme und Bekanntgabe der Entscheidung der DRV gegen das finanzielle Risiko von Krankheit oder bezüglich der Altersvorsorge abgesichert sein muss.

Die Sozialversicherungsbeiträge sind dann erst fällig, wenn die Entscheidung des Statusfeststellungsverfahrens unanfechtbar ist. Gegebenenfalls sind bei versicherungspflichtiger Tätigkeit Sozialversicherungsbeiträge nachzuzahlen.

Scheinselbstständigkeit

Sogenannte Scheinselbstständigkeit liegt dann vor, wenn eine Person nach außen hin als Selbstständiger auftritt, allerdings nach § 7 Abs. 1 SGB IV Aufgaben wie ein Beschäftigter ausführt.

Eine solche Scheinselbstständigkeit wird oftmals innerhalb eines Statusfeststellungsverfahrens, ausgehend von dem Zoll, dem, Finanzamt oder den Sozialversicherungsinstitutionen festgestellt.

Sobald ein selbstständiger Auftragnehmer nicht überzeugend nachweisen kann, dass dieser für mehr als einen Auftraggeber tätig ist und eigenes unternehmerisches Risiko trägt, kann neben der Nachzahlungspflicht von Sozialversicherungsbeiträgen auch strafrechtliche Konsequenzen auf diesen zukommen. Die strafrechtlichen Konsequenzen können nach § 266a StGB bis auf eine Geld- oder Freiheitsstrafe wegen Sozialversicherungsbetruges hinaus laufen.

Foto(s): ©Adobe Stock/contrastwerkstatt

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