Arbeitslosengeld für Selbständige nach Corona?

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In der jetzigen Krise sind wirtschaftliche Hilfen in aller Munde. Täglich werden Hilfspakete seitens der Politik geschnürt; das Wort "Kurzarbeitergeld" erlangte traurige Berühmtheit. Die wirtschaftliche Hilfsbereitschaft ist groß. Aber was ist mit der Zeit danach? Irgendwann ist die Krise vorbei, aber dass viele Selbständige wirtschaftlich nicht überleben werden, ist schon jetzt klar.

Die deutsche Sozialversicherung schützt nur Versicherte. Versicherung wird von vielen als (lästige) Pflicht angesehen. Es gibt auf der anderen Seite auch eine Berechtigung, der Sozialversicherung beizutreten. Wer in einem Arbeitsverhältnis steht, der muss sich darum (in der Regel) keine Gedanken machen.

Aber nicht alle Selbständigen können der Sozialversicherung beitreten. Solange sie zahlungskräftig sind, sind sie gern gesehene Kunden der Versicherungswirtschaft. Welcher Selbständige zahlt schon in die gesetzliche Krankenversicherung, wenn er (angeblich) bessere Leistungen in der privaten Krankenversicherung erhält? Die – vor allem im Alter – ansteigenden Beiträge waren bislang nur ein Problem derjenigen Selbständigen, deren Geschäft nicht mehr "lief", die es aus welchen Gründen auch immer aufgeben mussten.

In der Rentenversicherung wiederum gibt es einige Selbständige, die Pflichtmitglieder sind oder Mitglied in einer berufsständischen Versorgung, wiederum andere zahlen freiwillig ein. Das Gros der Selbständige muss jedoch privat vorsorgen.

Gänzlich anders sieht es in der Arbeitslosenversicherung aus: Zwar gibt es hier die Möglichkeit, sich freiwillig zu versichern. § 28a SGB III ist jedoch erst 2003 eingeführt worden und hat zudem Voraussetzungen, die nicht alle Selbständigen erfüll(t)en. Somit bleibt den meisten Selbständigen die Grundsicherung für Arbeitsuchende, besser bekannt als Hartz IV.

Die bekannteste Voraussetzung – Einkommen unterhalb des gesetzlich festgelegten Bedarfs – dürften unmittelbar nach der Krise viele erfüllen. Aber es gibt m. E. zwei Punkte, über die sich der Gesetzgeber Gedanken machen muss:

Bislang kann nur Arbeitslosengeld II beziehen, wer höchsten 15 Stunden in der Woche einer selbständigen Tätigkeit nachgeht. Kein Selbständiger, der sein Gewerbe wieder "in Schwung" bringen will, wird nur 15 Std./Woche tätig sein können. Selbst ein Restaurant, dass nur abends geöffnet hat, könnte nur drei Abende in der Woche geöffnet haben. So kommt kein Selbständiger auf die Beine. Zudem müsste er eine Tätigkeit, die das Jobcenter ihm vermittelt, aufnehmen. Jemand, der sich weigert, eine solche Tätigkeit aufzunehmen, wird mit Sanktionen belegt. Aber die meisten, die ihre Geschäfte wieder aufbauen wollen, wollen keine abhängige Tätigkeit aufnehmen.

Der zweite Punkt ist das Vermögen. Dieses Problem stellt sich jetzt schon. Denn während das Einkommen durch Schließung von Restaurants, Fitnessstudios, Boutiquen etc. gleich null ist, sind bei einigen durchaus Beträge auf dem Sparbuch o. ä. vorhanden. Landläufig kein "Vermögen", – denkt man nur solange, bis man die SGB II-Sätze gelesen hat. € 150,- pro Lebensjahr plus € 750,- für einmalige Anschaffung. Z. B. dürfte ein 40-jähriger Inhaber eines Fitnessstudios € 6.750,- auf dem Sparbuch haben. Natürlich gibt es jetzt noch unzählige weitere Regelungen, die hier einschlägig sind, – Vermögen für die Altersvorsorge z. B., das kann aber nicht darüber hinweghelfen, dass in vielen Fällen ein "Zuviel" auf dem Sparbuch ist.

Schon jetzt gibt es Instrumente, mit denen die strikten Regelungen des SGB II gemildert werden:

  • Die Regelung, dass Vermögen nicht zu berücksichtigen ist, dessen Verwertung für den Betroffen eine besondere Härte bedeutet. Diese Härte stellt z. B. eine voraussichtlich kurze Bezugsdauer dar. Nur, was ist eine "kurze" Bezugsdauer? Zudem müssen zu der kurzen Bezugsdauer noch andere außergewöhnliche Umstände hinzutreten. Das ist Corona zweifelsohne.
  • Das Einstiegsgeld: ein "Gründungszuschuss". Allerdings wird hier nichts neu gegründet, sondern wiederbelebt.
  • Die Förderung bei Wegfall der Hilfebedürftigkeit: die Weiterförderung.
  • Zahlung von Krankenkassenbeiträgen, wenn Hilfebedürftigkeit nur deswegen eintritt
  • Kinderzuschlag

Aber: Das SGB II in seiner jetzigen Fassung ist nicht gemacht für die Auswirkungen der Pandemie. Anschübe für die Wirtschaft sind ja lobenswert, aber hier besteht ebenso großer Handlungsbedarf!


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