Arbeitsrecht – ein Überblick zur Kündigung und Kündigungsschutzklage

  • 6 Minuten Lesezeit

Nachfolgend erhalten Sie einen Überblick über folgende Themen:

  • Beendigung von Arbeitsverhältnissen – insbes. die Kündigung
  • Kündigungsarten
  • Kündigungsschutzklage – Frist?

Wie kann ein Arbeitsverhältnis beendet werden?

  • Kündigung
  • Erklärung des Arbeitnehmers gem. § 12 Kündigungsschutzgesetz
  • Aufhebungsvertrag
  • Ablauf des befristeten Arbeitsvertrags

Allgemeines/Kündigungsschutzklage

Voraussetzung, um eine Kündigung auf ihre Wirksamkeit überprüfen zu können, ist die fristgerechte Erhebung einer Kündigungsschutzklage nach § 4 KSchG – ansonsten gilt die Kündigung nach § 7 KSchG als rechtswirksam.

Wichtig ist auch der sog. punktuelle Streitgegenstand, d. h., dass bei mehreren Kündigungen bzw. wenn zu erwarten ist, dass der Arbeitgeber bspw. eine außerordentliche und hilfsweise eine ordentliche Kündigung ausspricht, jede einzelne Kündigung mit einer Klage angegriffen werden muss.

Jede Kündigung bedarf der Schriftform nach §§ 623, 126 BGB.

Frist bzgl. der Kündigungsschutzklage

Die Frist zur Erhebung der Kündigungsschutzklage beträgt gem. § 4 Satz 1 KSchG 3 Wochen.

Damit die dreiwöchige Frist zur Erhebung der Kündigungsschutzklage nach § 4 Satz 1 KSchG beginnt, muss die Kündigung in den sog. Machtbereich des Gekündigten gelangen.

Wann ist dies der Fall?

  • einfacher Brief – wenn die Kündigung im Briefkasten ist
  • Übergabe am Arbeitsplatz – sofort mit der Entgegennahme/Annahme

Beispielfall:

Laut dem Kündigungsschreiben des Arbeitgebers vom 14.02.2020 wird das Arbeitsverhältnis zum 31.03.2020 gekündigt. Dem Arbeitnehmer wird die Kündigung am Montag den 17.02.2020 am Arbeitsplatz übergeben. Die Frist beginnt nun am 18.2.2020 um 0 Uhr und endet am Montag den 09.032020 um 24 Uhr.

Wird dem Arbeitnehmer die eben angesprochene Kündigung am 15.02.2020 per einfachen Brief in den Briefkasten gelegt, beginnt die Frist am Sonntag den 16.02.2020 um 0 Uhr und endet am Samstag den 07.03.2020. Würde eine Kündigungsschutzklage am Montag, den 09.03.2020 erhoben werden, wäre diese nicht fristgerecht erhoben worden, da die 3-Wochenfrist am Samstag, den 07.03.2020 abgelaufen wäre. 

Da der 07.03.2020 jedoch ein Samstag ist, verschiebt sich das Fristende auf den nächsten Werktag, also den Montag, hier den 09.03.2020. Die Kündigungsschutzklage wäre somit doch erfolgreich erhoben.

Wann ist eine Kündigung sozial gerechtfertigt?

Nach § 1 Kündigungsschutzgesetz ist eine Kündigung sozial gerechtfertigt, wenn sie durch Gründe in der Person, im Verhalten des Arbeitnehmers liegen oder dringende betriebliche Erfordernisse die Kündigung bedingen.

Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes – kurz KSchG

Das Kündigungsschutzgesetz ist nach §§ 1 Absatz 1, 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG anwendbar, wenn

  • das Arbeitsverhältnis länger als 6 Monate bestanden hat
  • bei Arbeitsverhältnissen die nach dem 31.12.2003 abgeschlossen wurden, wenn mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt sind

Wichtig ist Folgendes:

Es muss zwischen alten und neuen Arbeitnehmern unterschieden werden.

  • Alte Arbeitnehmer sind solche, die vor dem 31.12.2003 eingestellt wurden – diese erhalten Kündigungsschutz, wenn mehr als 5 Arbeitnehmer beschäftigt sind.
  • Neue Arbeitnehmer sind solche, die nach dem 31.12.2003 eingestellt wurden – diese erhalten Kündigungsschutz, wenn die Gesamtzahl die Grenze von 10 Arbeitnehmer übersteigt.

Bitte beachten:

Selbst wenn z. B. 5 Arbeitnehmer vor dem 31.12.2003 beschäftigt sind und ein neuer Arbeitnehmer, Kollege z. B. ab dem 9. März 2020 beginnt zu arbeiten, erhält der neue Arbeitnehmer/Kollege nicht den alten Kündigungsschutz, sondern erst wenn mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt sind, eben weil der neue Arbeitnehmer nach dem 31.12.2003 eingestellt wurde.

Wie wird die Anzahl der Arbeitnehmer berechnet?

  • Bei der Berechnung der Arbeitnehmer wird auf den Betrieb abgestellt.
  • Gesetzlich ist der Begriff Betrieb nicht definiert.
  • Relevant ist dies, wenn der Arbeitgeber mehrere Betriebszweigstellen unterhält.
  • Entscheidend ist, wo die organisatorische Einheit des Arbeitgebers ist, d. h., wo werden die Entscheidungen hinsichtlich der Organisation, Einstellungen und Entlassungen etc. getroffen.
  • Erfolgt dies an einem (Haupt-) Sitz, fallen alle Zweigstellen, auch wenn diese räumlich weit entfernt sind, unter den Begriff des Betriebs und es werden alle Mitarbeiter gezählt.

Welche Mitarbeiter werden mitgezählt?

  • Voll- und Teilzeitbeschäftigte (Teilzeitbeschäftigte zählen prozentual mit)
  • Leiharbeiter – wenn ihr Einsatz aufgrund von Personalbedarf beruht

Allgemeine Grundsätze zur Beurteilung der sozialen Rechtfertigung einer Kündigung

  • Es gibt keine absoluten Kündigungsgründe, dass ein bestimmtes Verhalten eine Kündigung automatisch ermöglicht.
  • Der Kündigungsgrund ist vom Arbeitgeber zu beweisen.
  • Bei jeder Kündigung gilt der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, d. h., gibt es ein milderes Mittel damit die Kündigung hätte verhindert werden können, wie z. B. ein anderer Arbeitsplatz, auch zu schlechterer Bezahlung.
  • Es muss klar sein, ob es sich um eine personen-, verhaltens- oder betriebsbedingte Kündigung handelt.

Welche Kündigungsarten gibt es?

Dargestellt werden hier die ordentliche und die außerordentliche (fristlose) Kündigung.

Weitere Kündigungsarten sind:

  • Änderungskündigung
  • Verdachtskündigung
  • Druckkündigung

Ordentliche Kündigung

Personenbedingte Kündigung

Erforderlich ist eine sog. negative Prognose bzgl. der Erkrankungen eines Arbeitnehmers, d. h., in welchem Umfang mit Wiedererkrankungen zu rechnen ist.

Dies trifft insbesondere Kurz- und Langzeiterkrankungen – die Beweislast trägt der Arbeitgeber.

Prüfungspunkte:

Erhebliche Auswirkungen betrieblicher oder wirtschaftlicher Art

Betriebliche oder wirtschaftliche Auswirkungen haben häufige Erkrankungen dann, wenn z. B. die Produktion rückläufig ist, der Arbeitgeber extra neue Arbeitskräfte einstellen muss etc.

Wirtschaftliche Auswirkungen liegen dann vor, wenn der Arbeitgeber finanzielle Verluste oder Aufwendungen durch die Erkrankungen des Arbeitnehmers zu bewältigen hat.

Aber – auf eine wirtschaftliche Belastung durch die Lohnfortzahlung kann sich der Arbeitgeber generell nicht berufen, da er gem. § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz für 6 Wochen Lohnfortzahlung leisten muss.

Verhältnismäßigkeit

Zu prüfen ist, ob es ein milderes Mittel als die Kündigung gibt, wie z. B. den Arbeitnehmer auf einen anderen Arbeitsplatz zu versetzen.

Interessenabwägung/Einzelfallbetrachtung

Als Letztes muss geprüft werden, welche Interessen überwiegen, die des Arbeitgebers oder des Arbeitnehmers, anhand von:

  • weiteren Überbrückungsmaßnahmen
  • genauer Umfang der Lohnfortzahlungszeiten
  • Dauer des ungestörten Arbeitsverhältnisses
  • Ursache der Krankheit – evtl. Betriebsunfall
  • Betriebszugehörigkeit, Alter, Unterhaltsverpflichtungen des Arbeitnehmers etc.

Verhaltensbedingte Kündigung

Erforderlich ist ein Verstoß gegen vertragliche Pflichten, d. h., hat der Arbeitnehmer gegen Haupt- oder Nebenpflichten aus dem Arbeitsvertrag verstoßen.

Wiederum muss auch die verhaltensbedingte Kündigung verhältnismäßig sein.

Wichtig ist hierbei, dass vor der Kündigung eine Abmahnung erfolgen musste.

Eine Abmahnung muss eine Hinweis- und eine Warnfunktion haben, d. h., der Arbeitgeber muss dem Arbeitnehmer darauf hinweisen, warum er abgemahnt wurde und dass beim nächsten – gleichen – Verstoß eine Kündigung droht.

Unter Umständen ist eine Abmahnung entbehrlich, z. B. wenn das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer extrem zerrüttet ist. Dies muss aber geprüft werden.

Abschließend erfolgt wieder eine Einzelfallbetrachtung, wie bereits dargestellt.

Beispiele für verhaltensbedingte Kündigungssachverhalte:

  • Straftaten gegen den Arbeitgeber, wie Diebstahl 
  • Missbrauch der Lohnfortzahlung
  • Mitnahme von Arbeitsgeräten
  • Internetsurfen während der Arbeitszeit
  • Beleidigung des Arbeitgebers oder seiner Repräsentanten
  • unentschuldigtes Fehlen/Fernbleiben vom Arbeitsplatz

Betriebsbedingte Kündigung

Prüfungspunkte:

  • Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit
  • Die Beschäftigungsmöglichkeit muss aus dringenden betrieblichen Gründen erforderlich sein.
  • Dies ist z. B. bei Auftragsmangel, Betriebsstilllegung oder Verlagerung des Betriebs ins Ausland der Fall.
  • War die Kündigung verhältnismäßig?
  • Gab es ein anderes milderes Mittel der Beschäftigung, z. B. eine andere Beschäftigungsmöglichkeit im Betrieb – dann hätte eine Änderungskündigung erfolgen müssen
  • keine sonstigen Maßnahmen zur Vermeidung der Kündigung möglich, wie z. B. eine Weiterbildung
  • Hat der Arbeitgeber die Sozialauswahl richtig getroffen?

Der Arbeitgeber muss nach § 1 Absatz 3 KSchG eine Sozialauswahl hinsichtlich der zu kündigenden Mitarbeiter treffen, d. h., der Arbeitgeber muss abwägen, wem eine Kündigung weniger schadet.

Entscheidend sind u. a. z. B.:

  • die Dauer der Betriebszugehörigkeit
  • Unterhaltsverpflichtungen
  • Schwerbehinderung etc.

Außerordentliche Kündigung

Auch für die außerordentliche Kündigung gilt, dass diese rechtswirksam wird, wenn nicht innerhalb von 3-Wochen nach Zugang der Kündigung Kündigungsschutzklage erhoben wird, § 13 Abs. 1 Satz 2, § 4, § 7 KSchG.

Die Kündigung muss schriftlich erfolgen, §§ 623, 126 BGB.

Die Kündigung ist unwirksam, wenn sie nicht innerhalb von 2 Wochen nach Kenntnis des Kündigungssachverhalts erfolgt ist, so § 626 Absatz 2 BGB. Das bedeutet, dass die Kündigung innerhalb der 2 Wochen zugehen muss.

Wichtig: Die Frist beginnt erst, bei vollständiger Kenntnis der Kündigungstatsachen.

Zudem muss nach § 626 Absatz 1 BGB ein wichtiger Grund für die Kündigung vorliegen.

Dies ist anhand von personen-, verhaltens- oder betriebsbedingten Gründen festzustellen, d. h., hat der Arbeitnehmer vertragliche Haupt- oder Nebenpflichten erheblich verletzt.

Vorzunehmen sind eine Einzelfallbetrachtung, sowie eine Interessenabwägung.

Folgende Umstände sind entscheidend:

  • Schwere des Verschuldens
  • Größe des Schadens
  • Störung des Betriebsablaufes
  • Schäden für andere Arbeitnehmer
  • Beeinträchtigung des Ansehens des Arbeitgebers in der Öffentlichkeit
  • bisheriges Verhalten des Arbeitnehmers
  • Dauer des Arbeitsverhältnisses
  • Dauer des ungestörten Arbeitsverhältnisses

Die Beweislast trägt der Arbeitgeber.

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