Arbeitsrecht: Welche Rechte haben Praktikanten?

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Welche Rechte haben Praktikanten?

Nicht selten kommt einem Kaffeekochen, Kopieren, Aktenstapel sortieren oder sogar Putzen in den Sinn, wenn es um das Thema Praktikum geht. Doch ist das tatsächlich erlaubt? Und ist es rechtens, dass viele Praktika kaum oder gar nicht vergütet werden?

Ein Praktikum ist eine befristete Tätigkeit, die der Ausbildung dient, es handelt sich aber um keine systematische Berufsausbildung. Ein Praktikum soll dazu dienen, sich praktische Fähigkeiten und Kenntnisse anzueignen und eine erste berufliche Orientierung zu erlangen oder Berufserfahrung zu sammeln. Klar ist, zu Beginn eines Praktikums erledigt man zunächst kleinere Aufgaben und kocht bestimmt auch mal einen Kaffee, doch mit der Zeit sollte dem Praktikanten mehr Verantwortung übertragen werden. Bleibt es beim Kaffeekochen und Kopieren, sollten Praktikanten die Reißleine ziehen, weshalb es sehr nützlich sein kann, seine Rechte als Praktikant zu kennen und gegebenenfalls einzufordern.

Pflichtpraktika vs. freiwillige Praktika

Im Großen und Ganzen muss zwischen Pflichtpraktika und freiwilligen Praktika unterschieden werden. Pflichtpraktika werden im Rahmen eines Studiums, einer schulischen Ausbildung oder einer Berufsausbildung absolviert. Freiwillige Praktika werden aus freien Stücken absolviert, ohne dass eine Institution diese vorschreibt.

Dass es sich beim Praktikum um kein herkömmliches Arbeitsverhältnis handelt, zeigt sich daran, dass Praktikanten nicht als Arbeitnehmer, sondern als Lehrlinge gelten. Sie fallen unter das Berufsbildungsgesetz (BBiG). Allerdings auch nur dann, wenn die praktische Tätigkeit nicht im Rahmen eines Studiums zu absolvieren ist. Bei Pflichtpraktika unterliegen Praktikanten keinem arbeitsrechtlichen Schutz. Sie gelten rechtlich weiterhin als Student, Schüler oder Berufsschüler, denn das Praktikum ist lediglich ein Teil der Ausbildung.

Muss ein Praktikum vergütet werden?

Ein Praktikant im Sinne des BBiG erhält nur eine Aufwandsentschädigung und keine volle Vergütung für die von ihm geleistete Arbeit. Das Mindestlohngesetz (MiLoG) schreibt vor, welche Arten von Praktikumsverhältnissen vom Mindestlohn ausgeschlossen sind:

  • Pflichtpraktika im Rahmen eines Studiums, einer schulischen Ausbildung oder einer Berufsausbildung
  • bis zu drei Monate andauernde Orientierungspraktika für die Berufs- oder Studienwahl
  • freiwillige ausbildungsbegleitende Praktika mit einer Dauer von höchstens drei Monaten in einem Unternehmen für das der Praktikant zuvor noch nicht gearbeitet hat
  • Qualifizierungspraktika zur Teilnahme an einer Einstiegsqualifizierung oder einer Berufsausbildungsvorbereitung

Die meisten Formen von Praktika sind also mindestlohnfrei. Auch unter 18-Jährige, die noch keine Berufsausbildung absolviert haben, sind vom Mindestlohn ausgenommen. Dauert ein Praktikum jedoch länger als drei Monate, muss der Arbeitgeber ab dem ersten Tag Mindestlohn zahlen (auch rückwirkend).

Bei Pflichtpraktika, die gemäß Studienordnung absolviert werden müssen, liegt kein Vergütungsanspruch vor. Ein Student, der Bafög bezieht, erhält dieses auch während des Praktikums. Die Rechte und Pflichten von Praktikanten, die ihr Praktikum freiwillig, zum Beispiel nach Abschluss eines Studiums, absolvieren, sind vergleichbar mit denen von Auszubildenden. Hier steht den Praktikanten in der Regel der Mindestlohn als Vergütung zu.

Welche Arbeitszeiten und welcher Urlaubsanspruch gelten für Praktikanten?

Ungeachtet der Art des Praktikums muss der Arbeitgeber das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) und das Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG) im Auge behalten, wenn er Praktikanten beschäftigt. In den meisten Fällen entsprechen die Arbeitszeiten der Praktikanten denen angestellter Arbeitnehmer. Wenn Praktikanten jedoch jünger als 15 Jahre alt sind, dürfen sie maximal sieben Stunden täglich und 35 Stunden pro Woche arbeiten. Dasselbe gilt für 15- bis 18-Jährige während der Schulzeit. In den Schulferien sind höchstens acht Stunden täglich und 40 Stunden wöchentlich erlaubt.

Bei freiwilligen Praktika besteht gemäß BBiG ein Anspruch auf Überstundenausgleich sowie für Tätigkeiten an Feier- oder Sonntagen. Für Pflichtpraktika gilt dies nicht. Praktikanten, die ein Pflichtpraktikum absolvieren, haben auch keinen Anspruch auf Urlaub. Beim freiwilligen Praktikum sieht das anders aus: Praktikanten haben, wie andere Angestellte im Unternehmen auch, bei einer Fünf-Tage-Woche Anspruch auf 1,66 Tage und bei einer Sechs-Tage-Woche auf zwei Tage Urlaub im Monat.

Ist ein Praktikum sozialversicherungspflichtig?

Wird man für eine Tätigkeit entlohnt, muss man normalerweise einen Teil davon an die Sozialversicherungen abführen – auch bei Praktika. Doch auch hier kommt es wieder auf die Art des Praktikums an. Für Studierende gilt: Beim Pflichtpraktikum im Rahmen einer Hochschulausbildung müssen keine zusätzlichen Sozialversicherungsbeiträge geleistet werden.

Bei Praktika, die nicht von der Studienordnung vorgegeben sind, kommt es darauf an, wie hoch die Vergütung ausfällt sowie auch auf die Dauer des Praktikums. Bei einem geringfügig bezahlten Praktikum mit maximal drei Monaten Dauer besteht Versicherungspflicht. Insofern die Vergütung 450 Euro monatlich nicht übersteigt, trägt der Arbeitgeber die Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung. Bekommt der Praktikant mehr Geld und ist er länger als drei Monate tätig, werden Sozialversicherungsbeiträge fällig.

Wie wichtig ist ein Praktikumsvertrag?

Ein schriftlicher Praktikumsvertrag ist bei einem Praktikum keine gesetzliche Pflicht, aber er ist sinnvoll, um die Rahmenbedingungen des Praktikums und die Anforderungen an den Praktikanten festzuhalten.

Praktikanten sollten grundsätzlich auf einen Praktikumsvertrag bestehen, der Arbeitszeiten, Urlaubsanspruch, Aufgabenbereiche sowie die Kündigungsfrist regelt. Insbesondere bei Pflichtpraktika, bei denen Praktikanten arbeitsrechtlich kaum geschützt sind und leichter ausgenutzt werden können, kann ein Praktikumsvertrag Sicherheit bringen.

Kann man das Praktikum vorzeitig abbrechen?

Eine Tätigkeit als Praktikant ist von Beginn an zeitlich begrenzt und endet in der Regel mit Ablauf dieser Frist. Dennoch ist es möglich, vorher zu kündigen. Bei einem dreimonatigen Praktikum dauert die Probezeit üblicherweise zwei Wochen. Das Praktikum kann innerhalb der Probezeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist beendet werden, wenn die Tätigkeit nicht den Vorstellungen entspricht und man tatsächlich nur mit Kaffeekochen und Kopieren beschäftigt ist. Wer sein Praktikum außerhalb der Probezeit vorzeitig beenden möchte, kann mit einer Kündigungsfrist von vier Wochen ordentlich kündigen, mit einem wichtigen Kündigungsgrund fristlos kündigen oder einen Aufhebungsvertrag schließen.

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Foto(s): Pexels/Andrea Piacquadio

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