Arbeitsschutzkontrollgesetz - Verbot von Werkverträgen und Leiharbeit in der Fleischindustrie

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Aufgrund der Vielzahl von Covid-19 Infektionen in Fleischwirtschaftsbetrieben im Frühjahr 2020 sind die Arbeitsbedingungen in den Fleischwirtschaftsbetrieben in den Fokus der Öffentlichkeit geraten. Die Bundesregierung sah sich zum Handeln gezwungen. Am 20.05.2020 hat die Bundesregierung Eckpunkte für ein „Arbeitsschutzprogramm für die Fleischwirtschaft“ erstellt. Am 07.08.2020 wurde von der Bundesregierung ein Entwurf eines Arbeitsschutzkontrollgesetzes beschlossen.

 

Dieses Gesetzesvorhaben in der Fassung vom 10.12.2020 hat am 16.12.2020 den Bundestag passiert.

 

Neuregelungen durch das Gesetz:

 

Das Gesetz sieht eine Vielzahl von kleineren Änderungen und Anpassungen vor. So wird etwa eine an die jeweils zuständigen Arbeitsschutzbehörden gerichtete Mindestbesichtigungsquote statuiert. Es ist daher in Zukunft vermehrt mit Kontrollen bzw. Besichtigungen durch den Zoll und den zuständigen Arbeitsschutzbehörden zu rechnen. Zudem muss die Aufzeichnung der Arbeitszeit künftig manipulationssicher elektronisch erfolgen. Weiter wird die Bundesregierung ermächtigt, durch Verordnung die Pflicht zur Bereitstellung angemessener Unterkünfte für Beschäftigte zu regeln. Die Bußgelder bei Verstößen werden angehoben.

 

Gravierendste Änderung dürfte der neue § 6a des Gesetzes zur Sicherung von Arbeitnehmerrechten in der Fleischwirtschaft (GSA) sein. Der neue Paragraph sieht vor, dass ab dem 01.01.2021 keine Selbstständigen mehr im Bereich der Schlachtung einschließlich der Zerlegung von Schlachtkörpern sowie im Bereich der Fleischverarbeitung eingesetzt werden dürfen. Die bisher übliche Praxis, die Tätigkeiten im Bereich der Schlachtung und Fleischzerlegung ganz oder teilweise mittels Werkvertragsbeschäftigten durchzuführen, ist damit nicht mehr möglich.

 

Auch der Einsatz von Leiharbeit wird eingeschränkt. Ab dem 01.04.2021 wird der Einsatz von Leiharbeitnehmern grundsätzlich verboten. Von diesem Verbot besteht eine auf drei Jahre befristete Ausnahmemöglichkeit. In einem Tarifvertrag kann von Tarifvertragsparteien der Einsatzbranche festgelegt werden, dass tarifgebundene Inhaber Leiharbeitnehmer im Bereich der Fleischverarbeitung einsetzen dürfen. Für Leiharbeitnehmer muss vom ersten Tag der gleiche Lohn wie für die Stammbelegschaft gelten, die maximale Verleihdauer darf vier Monate und der Anteil der Leiharbeitskräfte darf nicht mehr als acht Prozent vom Jahresvolumen der Beschäftigten betragen. Dadurch sollen Auftragsspitzen abgefedert werden können. Im Übrigen ist der Einsatz von Leiharbeitnehmern verboten.

 

Der Einsatz von Fremdpersonal im Bereich der Schlachtung und Zerlegung wird vollständig verboten. Verstöße sind bußgeldbewehrt. Die Kontrolle der neuen Regelungen obliegt den Zollbehörden.

 

Die Regelungen zum Fremdpersonal sollen nur für die Fleischwirtschaft und nicht für das Fleischerhandwerk gelten. Zum Fleischerhandwerk im Sinne des neuen Gesetzes gehören Unternehmen der Fleischwirtschaft, die in der Regel nicht mehr als 49 Personen tätig werden lassen.

 

Einschätzung der Neuregelungen

 

Es bestehen erhebliche Bedenken gegenüber diesem Gesetzentwurf sowohl verfassungsrechtlicher als auch tatsächlicher Natur.

 

Denn das nun beschlossene Gesetz sieht keine Übergangsregelungen für die den Einsatz von Werkunternehmern vor. Dies stößt auf verfassungsrechtliche Bedenken, da zum einen in die Berufsfreiheit und die unternehmerische Handlungsfreiheit der Fleischwirtschaftsbetriebe eingegriffen wird und zum anderen den auf Schlachtung und Zerlegung spezialisierten Werkunternehmen faktisch ein Berufsverbot erteilt wird. Dies erscheint insbesondere widersprüchlich, da den Ländern und den zuständigen Aufsichtsbehörden selbst ein Übergangszeitraum bis ins Jahr 2026 gewährt wird, um die statuierte Mindestbesichtigungsquote zu erreichen.

 

Zudem geht die Begründung des Gesetzesentwurfs teilweise fehl. Der Gesetzesentwurf soll der Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Fleischindustrie, sowie der Verbesserung des Gesundheitsschutzes der Bevölkerung dienen. Wie die vertragliche Konstellation der Beschäftigten in der Fleischindustrie, wenn der Arbeitsplatz der Gleiche bleibt, dem Gesundheitsschutz der Bevölkerung dienen soll, bleibt fraglich. Erfolgversprechender wären hier Vorgaben zu Luftfiltern o. ä., da sich gezeigt hat, dass die kühle und feuchte Luft, also die Klimabedingungen in den Produktionsräumen die Verbreitung von Covid-19 gefördert haben. Dieser Umstand wird sich durch ein Verbot von Fremdpersonal nicht verändern.

 

Die Einschränkung der Arbeitnehmerüberlassung verwundert ebenfalls, da Leiharbeitnehmer bereits ein hohes Schutzniveau genießen und zahlreiche Kontroll- und Sanktionsmöglichkeiten bestehen.

 

Nach unserer Einschätzung ist mit Klagen gegen das neue Gesetz bzw. langwierigen Rechtsstreitigkeiten zu rechnen. Gleichwohl wurde das Gesetz am 16.12.2020 im Bundestag beschlossen. Der Bunderat hat dem Gesetz am 18.12.2020 zugestimmt, sodass es planmäßig mit Wirkung zum 01.01.2021 bzw. 01.04.2021 in Kraft treten wird. Betroffene Unternehmen sollten daher die neuen Vorschriften in ihrem Geschäftsbetrieb berücksichtigen.

 

Für weitere Erläuterungen zu dem neuen Gesetz oder ein Vorgehen gegen bestimmte Maßnahmen der Behörden stehen wir Ihnen mit unserer Expertise im Arbeits- und Verwaltungsrecht gerne zur Verfügung.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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