Arbeitsunfall beim Versuch, Mädchen zu beeindrucken

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Ein Sturz ist oft mit einem Arbeitsunfall verbunden.

Vor rund einem Monat starteten viele Lehrlinge ihre Ausbildungen. Zum Arbeitsalltag eines Azubis gehören auch Schulungen. Ein Jugendlicher hatte auf einem mehrtägigen Seminar vor, bei den benachbarten Mädchen durch das Fenster ins Zimmer zu klettern. Der Versuch scheiterte. Denn der Auszubildende stürzte acht Meter in die Tiefe und verletzte sich schwer. Ist das ein Arbeitsunfall?


Nächtliches Klettern auf dem Dach mit fatalen Folgen

Der 17-jährige lernbehinderte Kläger begann im September 2014 eine Ausbildung zum Fachpraktiker für Hauswirtschaft. Die Bundesagentur für Arbeit förderte die Lehre. Wenige Wochen später, im November, fand ein dreitägiges Seminar statt, auf dem er der einzige männliche Teilnehmer war.

Den Abend verbrachte der Kläger im Mädchenzimmer nebenan mit drei anderen Teilnehmerinnen. Gegen 23:00 Uhr forderte der Betreuer die Jugendlichen zur Nachtruhe auf. Der Kläger ging zwar in sein Zimmer, kündigte jedoch den Mädchen gegenüber an, später über das Dach zu klettern und zurückzukommen. Die Teilnehmerinnen hielten die Aussage jedoch für einen Scherz.

Nach der Kontrolle des Betreuers kletterte der leicht alkoholisierte Kläger aus seinem Zimmerfenster über das Dach. So versuchte er wieder in das Zimmer der Mädchen zu gelangen. Er stürzte jedoch rund acht Meter in die Tiefe und verletzte sich schwer mit multiplen Frakturen und beidseitiger Lungenquetschung.


Kampf um Anerkennung als Arbeitsunfall

Nach dem Sturz gewährte die gesetzliche Unfall-Versicherung dem Kläger Vorschüsse auf die Leistungen - unter Vorbehalt. Für den rechtmäßigen Bezug der Leistungen war eine weitere Aufklärung des Sachverhalts mit rechtlicher Bewertung notwendig.

Es erfolgte dann jedoch eine Ablehnung auf Anerkennung eines Arbeitsunfalls. Demnach strich die Versicherung die Leistungen und forderte die bereits gezahlten Vorschüsse zurück. Warum? Angeblich bestünde kein Zusammenhang zwischen versicherter Tätigkeit und Unfall. Demnach wäre der Sturz privat erfolgt.

Die Ausführungen der Versicherung lehnte das Sozialgericht Reutlingen ab und gab dem Kläger recht (Urteil vom 5.12.2019 – S 6 U 1829/18). So urteilte auch die Berufungsinstanz des Landes-Sozialgerichts Baden-Württemberg (Urteil vom 14.12.2021 – L 9 U 180/20).

Die Vorinstanz sowie die höhere Instanz berücksichtigten hierbei, dass der Sturz die Folge einer altersbedingten Unreife war. Personen im Alter des Klägers handeln in der Regel jugendtypisch im Rahmen der Gruppendynamik. Schließlich fühlte sich der Kläger im Zugzwang, da er seine Rückkehr ins Mädchenzimmer vorab ankündigte.


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Stichworte: Arbeitsrecht, Arbeitsunfall, Unfall-Versicherung

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